Читать книгу Seewölfe Paket 10 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 42

5.

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Als die „Kap Hoorn“ diesmal die richtige Insel anlief, hatte der Wind etwas aufgebrist, und die kurze Dämmerung setzte ein.

Schon in ein paar Minuten würde die Dämmerung der Nacht weichen, daher wollte Sinona den nahen Strand so schnell wie möglich erreichen, um nicht unversehens auf eine der zahlreichen Korallenbänke aufzulaufen.

Durch das Spektiv erkannte er zwar die Hütten der Insulaner, aber er sah keinen einzigen von ihnen.

„Ihre Schuld, Fusté“, sagte er grob und ließ den Senor ganz bewußt weg. „Alles Ihre Schuld! Die Eingeborenen sind natürlich vor lauter Angst verschwunden, weil sie genügend Zeit hatten und von den anderen gewarnt wurden.“

„Si, Senor Capitano. Andererseits, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten, werden wir von ihnen nicht belästigt und brauchen keinen Angriff zu befürchten.“

Sinona begann laut zu lachen.

„Einen Angriff befürchten?“ fragte er. „Wie wollen diese Burschen uns denn angreifen? Und vor allem – womit? Können Sie mir das vielleicht sagen?“

„Mit Lanzen oder Speeren vielleicht“, erwiderte Fusté.

„Oder mit Kokosnüssen“, höhnte Sinona. „Sie erlauben doch wohl, daß ich über Ihre Bemerkung zu lachen geruhe.“

Fusté schwieg und preßte die Lippen zusammen. Er wußte, daß er auf diesem Schiff nicht mehr lange fahren würde, jedenfalls nicht mehr unter dem Capitano Sinona.

„Wir gehen in jener Lagune dort vorn vor Anker“, sagte Sinona. „Lassen Sie die Segel wegnehmen und das Schiff gut verankern, es brist immer noch auf. Vielleicht wird ein Sturm daraus, aber in der Lagune sind wir sicher.“

Fusté bestätigte und gab den Befehl weiter.

Inzwischen war es ziemlich schnell dunkel geworden. Man sah die Lagune nur noch undeutlich.

Die Segel wurden aufgegeit und befestigt, und nach einem laut gebrüllten Kommando auf dem Vordeck klatschte der Anker ins Wasser und faßte Grund.

Trosse wurde nachgefiert, bis die „Kap Hoorn“ herumschwoite und die Wellen gegen ihren Bug klatschten.

Der Capitano ließ es sich nicht nehmen, die Ankertrosse persönlich zu überprüfen.

„Vier Wachen!“ ordnete er an. „Ablösung alle zwei Stunden. Und daß ihr Himmelhunde die Augen offen haltet!“

Dann wandte er sich an den Stückmeister. „Laden Sie die achtere Drehbasse, und feuern Sie einen Schuß auf den Strand ab! Das ist nur zur Vorbeugung gedacht, damit die Insulaner wissen, daß wir auf der Hut sind und sie nicht auf dumme Gedanken verfallen.“

Der Stückmeister salutierte, nahm noch einen Mann mit und verschwand nach achtern.

„Ohne weiteren Befehl feuern!“ rief der Capitano ihm nach.

„Si, Senor Capitano!“

Die achtere Backborddrehbasse wurde geladen, der Stückmeister ließ sich die Lunte geben, und weil er ein hinterhältiger Kerl war, der die Feuererlaubnis großzügig auslegte, zielte er auf eine der nur ganz schwach erkennbaren Hütten der Insulaner.

Dann gab er die Lunte an seinen Begleiter weiter.

„Los, feuern Sie! Sie sind doch der Künstler, der bei Gefechten immer so prächtig vorbeifeuert.“

Der Mann, ein grobschlächtiger Spanier, nahm unbeholfen die Lunte in die Hand und drückte sie auf das Zündkraut.

Der Stückmeister grinste, als sich die Drehbasse unter fürchterlichem Getöse entlud, die Kettenkugel hinausschleuderte und in eine der Hütten sauste.

Die Hütte flog auseinander. Es regnete Palmblätter und Holzteile.

„Idiot“, sagte der Stückmeister. „Müssen Sie denn ausgerechnet die Hütte treffen?“

Der Grobschlächtige entgegnete nichts. Er starrte den Stückmeister an und grinste entschuldigend.

Als die Pulverwolke vom auflandigen Wind verweht wurde, erschien Sinona.

„Recht so“, sagte er knapp. „Ich habe allerdings nichts davon gesagt, daß Sie die Hütten unter Feuer nehmen sollten.“

„Er war es, Senor Capitano“, sagte der Stückmeister und zeigte auf den Grobschlächtigen, der verlegen von einem Bein auf das andere trat und angestrengt zum Strand blickte. „Ich dachte, er würde hier keinen Schaden anrichten.“

„Das kann man auch kaum Schaden nennen. So eine Hütte bauen die Insulaner in ein paar Stunden auf.“

Sinona ging in seine Kammer, einen Luxussalon aus Mahagoniholz.

Etwas später trat der Erste ein und meldete, daß an Bord alles in Ordnung sei. Die Wachen wären aufgezogen.

„Lassen Sie mich vor Sonnenaufgang wecken, Fusté. Sobald es hell wird, geht das erste Kommando an Land.“

„Wie Sie befehlen, Senor Capitano! Ich werde bis dahin alle Vorbereitungen treffen.“

„Das will ich hoffen. Sie können gehen, Fusté!“

Der Erste verschwand zähneknirschend und kontrollierte noch einmal die Wachen, die auf und ab gingen.

„Achtet auf Auslegerboote“, schärfte er den Männern ein. „Auch wenn ich nicht daran glaube, daß sie erscheinen, können wir es nicht ganz ausschließen.“

Dann verschwand auch er, nachdem er einen letzten Blick auf den Strand geworfen hatte.

Auf der Insel war es still und ruhig, bis auf den Wind, der durch die Palmenwedel fuhr und sie rauschen ließ.

Kein Mensch ließ sich blicken, die Eingeborenen hatten sich in ihrer Angst anscheinend weit ins Landesinnere zurückgezogen.

Die „Kap Hoorn“ hob und senkte sich und zerrte an ihrer Ankertrosse. Die Posten blieben wachsam, nur sahen sie nicht mehr viel, als eine Wolkenwand den Mond verdunkelte.

Durch die Geflüchteten von der Insel Mooréa hatte sich die Ankunft der Spanier herumgesprochen.

Schon einmal, vor mehr als einem Jahr, waren hier behelmte Männer gelandet. Sie hatten nicht um Früchte oder Wasser gebeten, sie hatten sich einfach genommen, was sie brauchten, und sie hatten auch sieben Aualuma, Jungfrauen der Insel, einfach mitgenommen, so sehr sich die Mädchen auch gesträubt hatten.

Jetzt waren diese Fremden wieder da, hatten die Hütten auf Mooréa zerstört und das Vieh und die Früchte gestohlen.

Sie befanden sich nun auf dem Weg zur „großen Insel“, und sie würden auch hierhin Angst und Elend tragen, die Früchte der Insel plündern, das Vieh wegtreiben und über die Aualuma herfallen, genauso, wie sie es auf der anderen Insel getan hatten.

Der Papalagi hatte sein Dorf noch lange vor Ankunft der Fremden räumen lassen und war mit seinem Stamm in die Berge gezogen, wohin die Fremden nicht so schnell folgen konnten.

Dieses Versteck in den Bergen direkt am Vaihiriasee kannte kein Fremder. Der See lag versteckt in einem Gebirgsmassiv mit messerscharfen Graten, schluchtartigen, dicht überwachsenen Tälern und war nur sehr schwer zugänglich. Man erreichte ihn nur von der Küste her über einen versteckten Pfad, der dem Lauf des Vaihiriaflusses folgte.

Dieser See mit einer Tiefe von nur zehn Yards, war den Insulanern heilig. Von ihm ging die Sage, daß ihn ein riesiger Erdrutsch schuf, der das Hochtal des Vaihiriaflusses abgeriegelt hatte.

In weiser Voraussicht hatte der Papalagi hier ein paar Hütten bauen lassen.

Aber es war eben nur ein vorübergehender Zufluchtsort und keine Wohnstätte.

Zwei junge Männer erklommen den höchsten Berg, von dem aus man den Strand beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Zwei andere Männer gingen mit, und sobald einer hinunterkletterte, um zu berichten, löste ihn der andere ab und nahm seinen Platz ein. So erfuhr der Papalagi immer sehr schnell die Neuigkeiten.

Der erste Mann kehrte eine halbe Stunde später zurück und trat in den Kreis seiner Stammesbrüder und -schwestern, die sich im Halbkreis um den Papalagi versammelt hatten.

Der Alte hockte auf dem Boden, hatte die Beine gekreuzt und den Blick auf de Erde gesenkt. Sein Gesicht war verwittert und sein Haar ergraut, aber seine Augen waren noch lebhaft, und sein Verstand funktionierte einwandfrei.

„Das fremde Schiff läuft in die Okawaibucht ein, Papalagi“, berichtete er. „Es segelt in die Lagune, aber es wird die Einfahrt nicht finden. Ich glaube, es wird vor der Korallenbank liegenbleiben.“

Der Papalage nickte und starrte weiterhin zu Boden.

„Gefährlich für die Fremden, wenn der Wind aus Nord weht“, sagte der Papalagi. „Wir haben ihnen nichts getan, wir wollen nichts von ihnen, wir wollen friedlich leben. Jene Männer aber nehmen uns die Frauen und zerstören das, was wir uns aufgebaut haben. Sie stehlen unsere Brotfrucht und überlassen uns dem Hunger. Wir haben keinen Haß gekannt, denn wir sind Brüder, aber die Fremden haben den Haß in unsere Herzen gelegt, und dieser Haß wird auf sie zurückfallen. Ja, er wird auf sie zurückfallen“, wiederholte er ernst.

„Die Worte des Papalagi sind weise!“ rief eine zahnlose Alte. „Laßt uns für den Papalagi den Segen der Götter erflehen.“

Sie alle knieten nieder, flehten in einem monotonen Singsang die Inselgötter an und erbaten ihren Segen für den Papalagi.

Danach erschien der zweite junge Mann und berichtete.

Einen weiteren hatte der Papalagi zu dem anderen Dorf geschickt, um die Insulaner zu warnen.

„Ich sah viele Männer mit Helmen auf dem Schiff“, erzählte der junge Mann ruhig. „Sie alle tragen Waffen. Sie haben ihre Segel weggenommen und liegen direkt vor der Korallenbank. Vielleicht wissen sie nicht um die Gefährlichkeit.“

„Oder die beginnende Dunkelheit hat sie ihren Blicken verborgen“, sagte der Papalagi.

„Was befiehlst du, Papalagi?“ fragte die zahnlose Alte, die um den Segen der Götter gefleht hatte.

Das Gesicht des Stammesältesten verzog sich zu Runzeln und Falten. Er wollte etwas sagen, hob den Blick und schaute zum dunkel werdenden Himmel. Da lief ein Grollen durch den Berg, das immer lauter wurde. Der Wind trug den Knall weiter, bis er nach einer Weile schließlich verwehte.

Die Insulaner sahen sich besorgt und erschrocken an.

So klangen die Kanonen der Fremden und Piraten, jene Blitz und Rauch spuckenden Waffen, die mit ihrer schrecklichen Kraft alles zermalmten und so unbarmherzig töteten.

Auch der Papalagi zuckte zusammen, als er dieses furchtbare Geräusch vernahm, das er schon oft gehört hatte.

Er wartete darauf, daß es sich wiederholen würde, doch dem ersten Knall folgte kein zweiter.

Gleich erschien atemlos der junge Mann, der vom Berg aus den Strand beobachtet hatte.

„Sie haben eine unserer Hütten zerstört, Papalagi“, berichtete er. „Es gab einen gewaltigen Blitz, und noch während ich ihn sah, flog Luawas Hütte auseinander.“

Der Papalagi nickte bitter.

„Sie treiben es bei uns wie auf Mooréa“, sagte er leise und senkte wieder den Kopf. „Bei Tagesanbruch werden sie die Insel überfallen und uns töten, wenn wir uns zur Wehr setzen. Wehren wir uns nicht, dann nehmen sie alles, was wir haben, ohne Rücksicht. Piratengesindel ist es, Lumpenpack.“

„Aber was sollen wir tun, Papalagi?“ fragte eine Aualuma. Sie trug lange schwarze Haare, die ihr bis auf die Schultern fielen.

„Sei still und frage nicht“, zischte die zahnlose Alte. „Der weise Papalagi denkt nach und wartet auf die Eingebung der Götter. Sein Ratschlag wird weise sein wie immer.“

Schweigen breitete sich aus. Der Papalagi rührte sich nicht mehr. Wie erstarrt stand er da, den Blick zum dunklen Himmel erhoben, und so starrte er in die herannahende Wolkenfront, die sich von See her rasch näherte.

„Der Gott des heißen Feuers wird heute nacht aus den Wolken sprechen und zürnen“, sagte der Papalagi mit erhobener Stimme. „Aber er wird die Diebe und Plünderer nicht selbst bestrafen für ihren Frevel.“

Der Papalagi schwieg wieder und überließ es den anderen, mitzudenken. Er deutete immer nur an oder gab nur ganz selten Befehle, er gab Ratschläge, aber er gab sie so, daß die anderen von selbst dahinterkamen, was er meinte. So war es auch diesmal, aber anscheinend begriffen sie es noch nicht so richtig.

„Der Gott des heißen Feuers hat nicht die Kraft, das Schiff der Plünderer auf die Korallen zu werfen. Er kann das Seil nicht treffen, welches das Schiff am Grunde festhält.“

„Die Worte des Papalagi sind sehr weise“, sagte die zahnlose Alte wieder. „Begreift ihr denn nicht, was er meint? Wir müssen uns selbst helfen, haben die Götter gesagt. Wenn das Schiff auf die Korallen geworfen wird, zerbricht es und geht zugrunde. Aber das Seil, das es am Grunde hält, muß zerstört werden. Alles andere wird der Gott des Sturmes besorgen.“

Jetzt wußten sie alle, was gemeint war, und sie begannen damit, dem Papalagi ihre Vorschläge zu unterbreiten. Ganz besonders taten sich dabei die jüngeren Männer hervor.

„Wenn sie ihr Schiff nicht mehr haben“, sagte einer, „dann können sie auch nichts mitnehmen.“

„Das ist richtig“, erwiderte der Papalagi, „aber wir haben sie dann auf der Insel und werden sie nicht mehr los. Einige werden in der See ertrinken, einige wird der Gott der Haie holen. Aber es ist die bessere Lösung. Sie haben ihre Kanonen nicht mehr, und wenn wir die Stämme der Insel zusammenrufen, sind wir stärker als sie.“

Zwei Männer schlugen vor, hinauszuschwimmen, um das Seil des Schiffes zu zerschneiden. Sie waren die besten und geschicktesten Taucher, ausdauernde Schwimmer, und sie kannten vor der Insel jede Koralle.

Der Papalagi willigte ein und freute sich, daß sein Vorschlag, sich der Fremden zu entledigen, auf fruchtbaren Boden gefallen war.

„Sie werden Wachen haben“, warnte er, „und sie werden scharf aufpassen. Ihr müßt immer wieder tauchen, niemand der Plünderer darf euch sehen, sonst werden sie euch töten. So geht dann hin und vollbringt die Tat, ihr Söhne. Die Götter der Insel werden über euch wachen und mit euch sein.“

Der Papalagi strich jedem über das Haar und entließ sie unter dem zustimmenden Gemurmel der anderen.

Die jungen Männer zogen los, prüften ihre scharfen Muschelmesser und liefen den Pfad am Vaihiriafluß zurück, bis sie den Strand erreichten.

Die Wolkenwand hatte sich immer dichter an die Insel herangeschoben. Jetzt stand sie fast darüber und brachte heulenden Sturm mit sich.

Der Mond war nicht mehr zu sehen, er würde erst wieder erscheinen, wenn die Wolke sich ausgetobt hatte.

Sie wußten genau, wo das Schiff lag. Sie sahen das winzige Flackern einer Lampe an Bord und ab und zu eine Gestalt, die sich an dem Feuerschein vorbeibewegte.

„Wir tauchen am Korallenriff entlang“, sagte der jüngere von ihnen. „Dann schwimmen wir von der Seite, wo kein Licht ist, das Schiff an.“

„Und durchtrennen unter Wasser das Seil. Dabei werden wir uns ablösen, denn das Seil ist bestimmt sehr stark.“

Geduckt schlichen sie in die Brandung. Das Wasser war warm, als es über ihren Körpern zusammenschlug. Sie tauchten schon, als sie sich noch in der Brandung befanden. Nur ab und zu hoben sie den Kopf ein wenig aus dem Wasser, um Luft zu holen.

Es dauerte nicht lange, bis sie das Schiff erreichten, das wild in der See auf und nieder tanzte, mal den Bug zum Himmel reckte, dann wieder das Heck in die Luft hob.

Der Länge nach tauchten sie unter dem Schiff durch, bis sie die Trosse fanden.

Seewölfe Paket 10

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