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8.

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In der Mannschaftsmesse der „Isabella“, die früher Teil des achteren Laderaums gewesen war und bis ins Quarterdeck reichte, stand der seltsame Ofen, den Ferris Tucker seinerzeit aus Mangel an Baumaterial aus Silberbarren errichtet hatte. Bei der Durchquerung der Nordwestpassage hatten sie diesen Ofen bitter nötig gehabt, aber inzwischen wurde er nicht mehr gebraucht. Auch in einer stürmischen Nacht wie dieser war es in diesen Breiten immer noch so warm, daß man bedenkenlos mit freiem Oberkörper herumlaufen konnte.

Daran hielten sich auch die Insulaner. Unbekümmert gruppierten sie sich um den Silberbarrenofen mit der Tür aus Kupferblech. Ehe Big Old Shane jedoch zwei Öllampen entfachte, schickte Siri-Tong die Zwillinge los, damit sie saubere Leinentücher aus einer der Achterdeckskammern holten. Damit sollten sich die Männer und Frauen erstens abtrocknen und zweitens ihre Blößen verhüllen.

Philip junior und Hasard junior brachten die Tücher – ganze Packen davon. Nachdem die Insulaner sich mit freundlichem Lächeln darin vermummt hatten, sorgte Shane für Licht.

In dem schwankenden Schiffsraum zuckte der Lampenschein hin und her und zeichnete vage Muster auf die Gestalten. Hasard richtete sein Wort an Andai und stellte ihm gezielte Fragen über das, was seit ihrem Aufbruch wider Willen von Hawaii geschehen war.

Wie bei Alewa, die ihnen in der Bucht vor Hawaii den Hergang der Ereignisse geschildert hatte, erforschte der Seewolf auch bei Andai das Geschehen, indem er ihn geschickt ausfragte. Für einen vollständigen, zusammenhängenden Bericht reichte Andais Spanisch nämlich nicht aus.

Als Andai die Flucht von der Piraten-Galeone und das Kentern des Bootes in allen Einzelheiten wiedergegeben hatte, sagte der Seewolf: „Und beim Kentern der Jolle erhieltest du das Dollbord ins Kreuz, Andai. So muß es gewesen sein. Himmel, deine Göttin Pele muß dir wirklich beigestanden haben, daß du es überlebt hast.“

„Ich dachte – tot zu sein“, sagte Andai in etwas schwerfälligem und fehlerhaftem Spanisch.

„Nicht tot, sondern bewußtlos“, berichtigte der Kutscher.

„Auf jeden Fall hast du ein höllisches Glück gehabt“, stellte der Profos noch einmal nachdrücklich fest. „Aber jetzt habe ich eine Frage, wenn sie mir gestattet ist. Sir?“

„Nur heraus damit, Ed.“

Carberrys Spanisch war auch nicht das beste, aber er gab sich redliche Mühe, sich der passenden Vokabeln zu bedienen, damit die Polynesier ihn auch verstanden.

„Warum seid ihr von der ‚Saint Vincent‘ getürmt? Ihr hättet nur noch den Anker zu lichten brauchen, dann hättet ihr euch heimlich aus der Bucht verholen können – und dieser Masot, dieser Bastard, hätte das Nachsehen dabei gehabt.“

„Zumal sich an Bord der ‚Saint Vincent‘ wohl auch der Schatz befindet, den sie euch abgenommen haben“, sagte Ferris Tucker auf die Worte Carberrys hin.

„Ja, die Achterstücke, die wir damals erbeutet haben, als wir vor Hawaii die Manila-Galeone aufgebracht haben!“ rief Dan O’Flynn.

Andai stand auf und begann zu gestikulieren. Moho sagte ihm etwas in ihrer Muttersprache, und Andai beruhigte sich daraufhin, fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und erklärte: „Zu schwierig für uns. Können kein großes Schiff lenken. Brauchen dazu Hilfe von Thomas Federmann.“

„Ihr hattet Angst, zu stranden oder auf die Riffe zu laufen?“ erkundigte sich Old O’Flynn. „Hölle, nach dem, was wir eben über die Insel und das Atoll erfahren haben, kann ich das wirklich gut verstehen.“

„Erst einmal fort“, sagte Andai.

„So dachten wir“, fügte Moho hinzu.

„Aber großes Fehler von uns“, gestand Numil niedergeschlagen. „Zegú und Thomas allein bei Masot. Vielleicht jetzt schon tot.“

„Nein!“ schrie Mara.

Hauula kroch zu ihr hinüber und sprach leise auf sie ein. Das sehr schreckhafte, verängstigte Mädchen ließ sich besänftigen.

Damals, als Ciro de Galantes den schwarzen Segler entführt hatte, war sie mit Hauula, Alewa und Waialae an Bord gewesen. Damals hatte sie noch mehr Mut aufgebracht, aber bei der Landung von Masot und dessen Kerle auf Hawaii mußte sie einen nachhaltigen Schock erlitten haben, von dem sie sich erst nach und nach erholen würde.

„Ich glaube nicht, daß sich die Franzosen an Thomas und Zegú vergriffen haben“, sagte der Seewolf nachdenklich. „Noch hoffen sie, den Schatz zu finden. Sie können die beiden nicht einfach umbringen, vor allem Thomas ist ihnen zu wichtig.“

„Wir müssen die beiden befreien“, sagte die Rote Korsarin. „Noch in dieser Nacht.“

Die Tür öffnete sich, und Blacky trat herein. „Sir“, meldete er. „Der Sturm hat etwas nachgelassen. Wir schätzen, daß er nicht mehr von langer Dauer ist.“

„Ein merkwürdiger Sturm“, sagte Old O’Flynn. „Aber uns kann das nur recht sein. Uns ist diese Entwicklung gerade recht, was, Hasard?“

„Ja“, erwiderte der Seewolf. „Ich will die Gefangenen der Piraten zu uns an Bord holen, und ich will Masot auch die ‚Piece of eight‘ und den Smaragdschmuck aus Neu-Granada abnehmen. Ich weiß schon, wie wir vorgehen. Obwohl wir nicht wissen, wie die Struktur des Atolls aussieht, und dadurch ziemlich im Nachteil sind, werden wir eine Landung auf der Hauptinsel unternehmen. Blakky, ist das Beiboot der ‚Saint Vincent‘ geborgen und an Bord gehievt worden?“

„Ja, Sir. Die Jolle liegt an Deck und wird eben festgezurrt.“

„Vielleicht können wir sie noch gut gebrauchen“, sagte Hasard.

Carberry grinste wissend. „Soll ich mal raten, wozu?“

Der Seewolf schüttelte den Kopf. „Das wäre verfrüht, Ed. Du weißt ja, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben – und die Nacht ist noch lang, das steht mal fest.“

Hauula hatte sich erhoben und trat auf den Seewolf zu. „Lobo del Mar“, sagte sie leise mit ihrer weichen, etwas heiseren Stimme. „Sag du uns jetzt – von Hawaii. Was ist dort? Die Piraten – ihr habt sie doch gesehen. Unsere Brüder und Schwestern, wie ist es ihnen ergangen?“

„Einen Augenblick noch“, stoppte der Seewolf ihren weiteren Redefluß. „Ben, Ed, Blacky, wir setzen wieder Vollzeug und segeln mit südlichem Kurs auf die Insel zu.“

„Aye, Sir“, sagten die Männer gleichzeitig.

„Wir versuchen, sie im Südwesten zu runden und dann einen Landtrupp abzusetzen. Dieser Trupp wird wieder von mir geführt – wie auf Hawaii. Der Rest der Crew wird sich unter deinem Kommando mit der ‚Isabella‘ an die Lagune heranpirschen, Ben.“

„Verstanden, Sir.“

„Das ist vorläufig alles“, sagte Hasard.

Ben Brighton, Blacky, Carberry und noch ein paar andere verließen die Mannschaftsmesse, um an Oberdeck die erforderlichen Segelmanöver zu veranlassen und bei ihrer Durchführung mitzuhelfen.

Hasard wandte sich unterdessen wieder an die zehn Mädchen und die zehn jungen Männer von Hawaii und erzählte ihnen, was sich dort, auf ihrer Heimatinsel, vor Tagen zugetragen hatte. Er begann mit der Schilderung dessen, was die Tsunami, die Riesenwelle, angerichtet hatte, und sie lauschten ihm mit geöffneten Mündern und verhaltenem Atem.

Dann aber berichtete der Seewolf, wie sie Alewa gefunden und aus der Gewalt der französischen Piraten befreit hatten – wie sie die Gefangenen aus dem Hauptdorf der Insel herausgeholt und gleichzeitig die „Saint Croix“, das zweite Schiff der Karibik-Freibeuter, angegriffen hatten. Louis, der Anführer der Meute, hatte eine schmähliche Niederlage erlitten.

„Euer Stamm ist wieder frei“, schloß Hasard. „Das Volk von Hawaii ist dabei, die erlittenen Schäden auszubessern. Alewa, Waialae, Koa, Lanoko und all die anderen warten jetzt nur noch auf eins – auf eure Heimkehr.“

Er schwieg.

Eine Zeitlang herrschte Stille in der Mannschaftsmesse, dann aber sprangen die Insulaner auf, umtanzten auf fast groteske Weise den Silberbarrenofen und lachten unter Tränen. Neuer Jubel war ausgebrochen, die Erleichterung und Freude dieser einfachen, liebenswerten und friedlichen Menschen schien keine Grenzen mehr zu kennen.

Hasard und seine Kameraden standen dabei und fühlten so etwas wie Verlegenheit in sich aufsteigen, als die Insulaner sie wieder mit Dankesworten überhäuften.

„Fehlt bloß noch, daß sie uns Blumenkränze umhängen“, brummelte Smoky, der Decksälteste.

„Das hätten sie längst getan, wenn sie welche zur Hand hätten“, sagte Old O’Flynn mit einem wohlwollenden Blick auf all die hübschen Mädchen.

Mit dem toten Henri und den anderen drei Leichen, die sie an Bord der „Saint Vincent“ gefunden hatten, hatte Grand Duc nicht viel Aufhebens gemacht. Er hatte sie kurzerhand übers Schanzkleid in die Lagune befördern lassen. Als die Jolle geborgen und wieder aufgerichtet war, lagen diese vier Toten längst auf dem Grund der Bucht.

Picou und die beiden anderen Piraten, die mit Grand Duc die Galeone geentert hatten, waren in die Jolle, die jetzt längsseits der Bordwand lag, hinuntergestiegen und östen das letzte Wasser aus, das noch unter den Duchten schwappte.

Ein Mann der vierköpfigen Deckswache trat auf der Kuhl auf den Riesen Grand Duc zu und sagte: „Grand Duc, hör zu. Ich habe dir etwas vorzuschlagen. Ich …“

Grand Ducs Augen verengten sich zu Schlitzen. Die häßlichen Narben und anderen Kampfspuren in seinem Gesicht waren auch in der Finsternis deutlich genug zu erkennen, und nichts in seinem Aussehen wirkte vertrauenerwekkend und aufrichtig. „Red nicht um den heißen Brei herum“, sagte er. „Komm zur Sache. Ich weiß, was du willst. Wollen wir wetten, daß ich es genau weiß?“

„Die Geiseln – sie haben sich von hinten an uns herangepirscht.“

„Und sie haben euch niedergeschlagen.“

„Wir waren durch euch abgelenkt, Grand Duc …“

„Fehlt bloß noch, daß ihr mir und den drei anderen die Schuld daran zuschiebt, daß sie euch fertiggemacht haben. Wir wollten die Weiber holen und uns einen Spaß mit ihnen erlauben. Und was erleben wir? Ihr Satansbraten laßt euch wie die Narren zusammenprügeln. Und jetzt habt ihr Angst vor Masot. Die Hosen voll habt ihr, und die Knie schlottern euch nur so, weil er sich an euch rächen wird.“

„Grand Duc, laß uns verschwinden“, flehte der Pirat.

„Wie? Mit der Jolle vielleicht? Du bist wohl nicht mehr ganz richtig im Kopf, was?“

„Hör zu.“ Der Mann senkte seine Stimme und schlug einen verschwörerischen Tonfall an. „Ich meine das anders. Wir sind zu siebt. Und der Schatz befindet sich an Bord der ‚Saint Vincent‘. Wir sieben brauchen jetzt nur ankerauf zu gehen und mit der Galeone aus der Lagune abzuhauen. Masot und die anderen können uns nicht folgen. Sie stehen völlig machtlos da, haben kein Boot, gar nichts – sie werden womöglich den Rest ihrer Tage auf dieser elenden Insel verbringen, wenn wir jetzt abhauen. Und wir vier hier entgehen unserer Bestrafung.“

Der Riese mit dem gelben Kopftuch stand eine Weile da und überlegte. Was der Kumpan gesagt hatte, hörte sich verlockend an.

„Grand Duc“, flüsterte der andere. „Wir brauchen den Schatz nur durch sieben zu teilen und booten alle anderen aus. Ist das nicht großartig?“

Grand Duc gab einen verhaltenen, brummenden Laut von sich. Er zwang sich dazu real zu denken. Draußen auf See wütete noch der Sturm. Dem konnten sie zwar trotzen, denn er hatte keine Orkanstärke. Aber die Gefahr, auf ein Riff zu laufen, war groß. Außerdem reichten sieben Mann nicht aus, um ein Schiff von der Größe der „Saint Vincent“ quer durch die Südsee zu steuern. Allein in dieser Hinsicht war der Vorschlag des anderen ein Hirngespinst.

Und noch etwas ließ Grand Duc zögern. Masot hatte ihn an diesem Nachmittag beiseite genommen und ihm seinen geheimen Plan offenbart: Nach Hawaii wollte Masot niemals zurückkehren. Sollte Louis, dieser Narr, doch sehen, wie er zurechtkam, sollte die Mannschaft der „Saint Croix“ bis in die Ewigkeit auf sie warten, sie sahen die „Saint Vincent“ nicht wieder – und den Schatz, den sie ihrem Anführer leichtsinnigerweise überlassen hatten, schon gar nicht.

Masot wollte zunächst in die Karibik zurückkehren und dort – nachdem er die Geiseln von Hawaii selbstverständlich unterwegs umgebracht hatte – in einem überraschenden Handstreich auch seine Schiffsbesatzung beseitigen. Nur Grand Duc, sein engster Vertrauter, sollte am Leben bleiben. So konnten sie den Schatz untereinander teilen und auf einer einsamen Insel vergraben, sich dann eine neue Bande suchen und zu neuen Taten aufbrechen. Es würde ein außerordentlich beruhigendes Gefühl für sie sein, ihr Schäfchen im trokkenen zu haben. Noch drei, vier blutige Streifzüge zur See, und sie hatten bis an ihr Lebensende ausgesorgt.

Grand Duc zog sehr schnell seine Pistole aus dem Waffengurt und richtete sie auf sein Gegenüber. Er war jetzt froh darüber, in der Zwischenzeit die Waffenkammer der „Saint Vincent“ aufgesucht und sich dort mit einer neuen Pistole und trockenem Pulver versehen zu haben. Alle anderen Waffen außer seinem Entermesser hatte er ja bei seinem unfreiwilligen Bad in der Lagune verloren.

„Fein hast du dir das ausgedacht, aber daraus wird nichts“, sagte er drohend. Er blickte auch zu den drei anderen, die nach wie vor ziemlich verstört am Schanzkleid standen und zu ihnen herüberschauten. Sicher, sie konnten ihn zu viert überwältigen, aber einen würde er durch den Pistolenschuß töten, und einen zweiten würde er durch einen Streich mit dem Entermesser wohl ebenfalls auf die Höllenfahrt schikken, ehe die beiden anderen ihm zu Leibe rückten. Unter diesem Aspekt fehlte den vier Kerlen der Mumm zu einem raschen Ausfall.

Grand Duc winkte ihnen mit der Pistole zu. „Los, ihr entert jetzt in die Jolle ab. Begeht bloß keine Dummheiten. Der erste, der irgendwelche Tricks versucht, kriegt eine Kugel. Picou!“ Er schritt an dem Kerl, der ihn zur Flucht hatte überreden wollen, vorbei, behielt ihn aber im Augen. „Picou!“ rief er noch einmal.

„Ja, wir sind mit dem Ausösen fertig!“ meldete Picou aus der Jolle.

„Dann steig jetzt wieder herauf und bring die beiden anderen mit“, ordnete Grand Duc an. „Ihr übernehmt die Ankerwache. Ich steige mit diesen vier Hurensöhnen hier in die Jolle und lasse mich zu Masot hinüberpullen.“

Picou enterte als erster an der Jakobsleiter auf, sein Kopf erschien hinter dem Schanzkleid. „Paß auf“, raunte er dem Riesen zu. „Die werden alles versuchen, um der Bestrafung durch Masot zu entgehen.“

„Gib mir deine Pistole“, sagte Grand Duc. „Besorg dir eine neue aus der Waffenkammer.“ Er nahm die Miqueletschloß-Pistole aus Picous Hand entgegen, steckte sie sich in den Gurt und nickte dem Kumpanen zu.

Mit zwei Pistolen, einem Entermesser und einem Messer konnte er sich besser gegen die vier Kerle behaupten. Er trug sein kleines Arsenal mit sich auf die Heckducht der Jolle hinunter, sobald Picou und die zwei anderen Piraten wieder an Deck waren, setzte sich hin und wartete darauf, daß die vier zu ihm abenterten.

Seewölfe Paket 10

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