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Strategische Fragen

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• Strebe ich mit meinem Studium ein spezielles berufliches Ziel an (z. B. Tätigkeit in einem bestimmten Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit)?

• Will ich mich im Gegensatz dazu bewusst offenhalten, um unbekannte Territorien der Sozialen Arbeit kennen zu lernen (sehr zu empfehlen!)? Welche Auswirkungen hat dies auf meine Studien-(Zeit-)Planung?

• Reicht mir ein durchschnittlicher Abschluss oder möchte ich mir durch gute Leistungen die Option für ein Stipendium bzw. ein Anschlussstudium (Masterstudium, Promotionsstudium) offenhalten?

• Setze ich innerhalb des Pflichtlernprogramms eigene inhaltliche Akzente, z. B. Kennenlernen spezifischer psychotherapeutischer Methoden, Umgang mit schwer verhaltensgestörten Menschen, vertiefte Kenntnisse im Jugendhilferecht?

• Will ich bei meinen Prüfungsergebnissen Schwerpunkte setzen?

• Will ich freiwillig gegen Honorar oder ehrenamtlich bei Trägern der Sozialen Arbeit praktische Erfahrungen sammeln und mir Optionen für den beruflichen Einstieg aufbauen? In welchem Umfang kommt eine freiwillige Mitarbeit in Betracht? Zu welchem Zeitpunkt des Studiums?

• Möchte ich die Zeit des Studiums nutzen, meine Sprach- oder EDV-Kenntnisse zu erweitern? Auf welchem Level?

• In welchem Feld möchte ich meine Praxisphase durchführen? Was spricht für dieses Praxisfeld? Was ist wann zu tun?

• Möchte ich meine Praxisphase oder ein Studiensemester im Ausland verbringen? Welche Vorbereitungsschritte sind dafür erforderlich? Wann müssen diese begonnen werden?

• Wie wichtig ist es mir, das Studium auf jeden Fall in der → Regelstudienzeit abzuschließen? Bin ich bereit, dafür ggf. auch schlechtere Noten in Kauf zu nehmen bzw. auf eigene Vertiefungen des Studiums zu verzichten?

• Bin ich gewillt, in der Hochschulselbstverwaltung mitzuwirken (z. B. → Fachbereichsrat, → Fachschaftsrat/→ AStA, → Prüfungsausschuss)?

• Will ich mich in hochschulpolitischen Gruppen Studierender engagieren?

Einige Ziele sind vermutlich Dauerläufer, die für das gesamte Studium gelten sollen (gute Noten?), andere können dagegen unmittelbar einem → Semester oder einem Studienjahr zugeordnet werden (z. B. Auslandsaufenthalt im 4. Semester).

Ihre Ziele sollten sich aber nicht nur auf das Studium und studienbezogene Aktivitäten richten, sondern auch auf Ihre Lebenswelt außerhalb des Studiums. Beide Zielbereiche stehen in Wechselwirkung miteinander und müssen daher in Einklang gebracht werden. Ziele, die Ihre allgemeine Lebensführung betreffen, können z. B. sein:

• den notwendigen Lebensunterhalt erarbeiten

• zusätzliche Finanzmittel erwirtschaften, um nicht jeden Cent umdrehen zu müssen, um keinen Studienkredit aufnehmen zu müssen etc.

• Zeit für das eigene Kind haben

• intensive Kontakte zu anderen Menschen pflegen, auch außerhalb des Studiums

• sich um Angehörige kümmern (z. B. die chronisch kranke Mutter)

• kulturelle Bedürfnisse befriedigen (Musik, Theater, Kunst)

• Reisen

• regelmäßig Sport treiben

• sich Zeit zur Entspannung nehmen

Nicht alle Ziele lassen sich gleichzeitig verfolgen. Zum einen würden Sie sich damit völlig übernehmen, zum anderen können Ziele in Konkurrenz zueinanderstehen. Das Ziel »Das Studium in kürzest möglicher Zeit beenden« konkurriert z. B. mit allen Zielen, die bei intensiver Verfolgung zu einer Verlängerung der Studienzeit führen können, und sei es nur um ein → Semester. Weil Ihr Zeitbudget zu einem größeren Teil bereits durch das Pflichtstudienprogramm in Anspruch genommen wird, gibt es außerdem nur noch ein begrenztes Zeitvolumen zu verteilen. Deshalb müssen sie zwangsläufig eine Auswahl aus Ihren Zielen treffen oder i. S. einer »Ich-will-alles-Strategie« akzeptieren, dass Ihr Studium erst ein oder zwei Semester später abgeschlossen wird.

Eine einfache ABC-Analyse ( Tab. 1) hilft Ihnen dabei, Ihre Ziele grob nach ihrer Wichtigkeit zu ordnen.

Tab. 1: ABC-Analyse


PrioritätVerbindlichkeitsgradDefinition

Damit sie Ihnen nicht abhandenkommen, sollten Sie Ihre Ziele immer schriftlich fixieren und griffbereit zum Nachlesen und zur nachgehenden Überprüfung halten ( Tab. 2).

Tab. 2: Verschriftlichung semesterübergreifender strategischer Ziele (Bachelorstudium)


ZielePriorität

Mit solchen Zielformulierungen definieren Sie Ihre Ansprüche und Erwartungen an Ihr Studium und Ihre Studienzeit. Entsagen Sie aber der Versuchung, Ziele zu formulieren, die von vorneherein keine Chance auf Realisierung haben. Es geht um aussichtsreiche Zielprojektionen. Wieweit das Studium z. B. Raum lässt, um eigene fachliche und außerfachliche Interessen zu verfolgen, wird sich erst nach dessen Beginn klären lassen und sich innerhalb des Studiums ändern können. Dennoch: Bevor der Alltag Sie in Besitz nimmt und Ihnen scheinbar eigene Gestaltungsoptionen stiehlt, sollten Sie sich grundsätzlich klar darüber werden, was Sie selbst in Ihrem Studium und Ihrer Studienzeit erreichen möchten. Was von den womöglich »großen Zielen« im jeweiligen → Semester tatsächlich umsetzbar erscheint, werden Sie vor dem Hintergrund Ihrer strategischen Ziele rechtzeitig klären. Beachten Sie bei Ihren Zielprojektionen aber auch:

• Zielorientierte Planung ergibt nur dann Sinn, wenn sie zu einem Ergebnis führt, dass nicht auch ohne eigenes Zutun entstanden wäre. Achten Sie also darauf, dass Zielprojektionen Sie fordern. Gerade wenn Ihnen ein »Auslandssemester« eher unheimlich erscheint, sollten Sie es einplanen. Lernen bedeutet immer, sich auf eine terra incognita zu begeben, Neues zu entdecken und sich in der Bewältigung unbekannter Anforderungen persönlich zu entwickeln.

• Persönliche Ziele und »Master-Pläne« dürfen nicht zur Zwangsjacke werden. Ziele sollten nur so lange gelten, bis Sie diese aus wohlüberlegten Gründen widerrufen oder neu ins Verhältnis zueinander setzen. Es geht um die richtige Balance zwischen längerfristiger Selbstausrichtung und situativer Offenheit. Wer an seinem Studien-(Zeit-)Konzept nicht starr festhält, bleibt in der Lage, neue Erkenntnisse, neue Informationen und neue Erfahrungen für sich nutzen. Weil man sich auch selbst weiterentwickelt, erkennt man Gestaltungsmöglichkeiten, die einem anfangs kaum in den Sinn gekommen wären. Strategische Ziele zu setzen, ist daher kein einmaliger Vorgang, sondern ein sich kontinuierlich wiederholender Prozess, der sich neuen Chancen, Risiken und Realitäten immer wieder aufs Neue anpassen muss. Strategische Planungen sind damit vorläufiger Art und in größeren Zeitabständen zu überprüfen.

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