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Falsche Schlangen

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Beide Frauen schimpften über ihre „unfähige“ Chefin, die an der ganzen Misere schuld sei. Sie habe keine Ahnung von diesem Geschäft, säße entweder in „Putzklamotten“ breitbeinig vor den Gästen und bezeichne sich selbst als „Edelhure“, oder sie liege mit ihrem „Super-Ficker“ nebenan im Bett, kümmre sich weder um das Personal noch die Gäste. Außerdem sei Sandras „Stecher“ nur an deren Kohle interessiert, mache schon großkotzig auf Chef, dabei habe er nicht mal Geld für Zigaretten, die schnorre er immer bei allen Anwesenden. Ihr restliches Geld sei sicher bereits weg, sie habe bestimmt schon alles bei ihrem „Bespringer“ abgedrückt, die Pleite stünde schon vor der Tür. Es sei eine Frage der Zeit, bis Sandra das Handtuch werfen, und Ruth den Schlüssel zurückgeben werde.

Währenddessen sah Ruth sich in ihrem ehemaligen Wirkungsbereich um. Mit so viel Liebe und Mühe hatte sie vor fast acht Jahren das Design der Bar gestaltet. Die komplette Einrichtung, samt Dekoration hatte sie in rot-schwarz abgestimmt. Mit Dessous bekleidete Schaufensterpuppen als Highlight zwischen den Sitzgruppen platziert. Durch Spiegelwände im Hintergrund, hatte sie die beiden kleinen Bühnen mit der Messingstange in der Mitte, wesentlich größer erscheinen lassen. Ihr ganzes Vermögen hatte Ruth damals in den Umbau des Hauses und die Einrichtung des Barbetriebes gesteckt. Als sie den Betrieb an Sandras Vorgängerin verpachtet hatte war „ Ruths Puppenstube“ auch tatsächlich eine solche gewesen. Und was war nach vier Jahren davon übrig geblieben? Eine vergammelte Kaschemme! Wo man auch hinsah, der Lack war ab, im wahrsten Sinne des Wortes! Ob es die schwarz lackierte Holzvertäfelung an den Decken und Wandhälften war, die verdreckten roten Teppichböden, die abgeschlissenen, verschmutzen Sitzgarnituren, die verkratzen Türen, der zerfetzte Stoff der Vorhänge, oder die kaputten Dessous der Puppen, alles war dringend renovierungsbedürftig! Selbst die rote Farbe der Deckenspots blätterte ab. Es tat Ruth in der Seele weh, ihre „Puppenstube“ so sehen zu müssen. Noch vor ein paar Monaten hatte sie die Hoffnung gehabt, die neue Pächterin werde die Versäumnisse ihrer Vorgängerin ausgleichen, denn das war im Mietvertrag so vereinbart. Aber innerhalb von sechs Monaten Mietzeit hatte die Türkin noch nicht mit den Renovierungsarbeiten begonnen. Stattdessen begann für Ruth erneut die große Zitterarie vor jedem Monatsersten mit der bangen Frage: zahlt sie, oder zahlt sie nicht?

„Die Sandra glaubt doch, was in der Kasse ist, kann sie ausgeben. Wenn die Geld eingenommen hat, kommt die am nächsten Tag vollbeladen mit Aldi-Tüten aus der Stadt. Aber die kauft nur unnötige Sachen, anstatt neue Handtücher, die wir dringend brauchen. Das gleiche macht sie hier im Haus. Statt den Keller auszuräumen sollte sie lieber mal die Zimmer renovieren, das ist nötig. Aber das Schlimmste ist, dass sie versucht, den Mädchen die Freier wegzuschnappen.“ Ereiferte sich Corinna besserwisserisch. Der verkniffene Gesichtsausdruck der Thekenfrau ließ ihre schmalen Lippen noch dünner erscheinen und ihr ganzer Lebensfrust spiegelte sich in ihrer grauen Raucherhaut wider.

„Was? Die arbeitet selbst mit? Das versteh ich nicht. Ich denke, ihre Bar in Gummersbach läuft seit acht Jahren gleichbleibend gut? Die Sandra ist doch schon so lange im Geschäft, wieso macht die denn hier solche Fehler?“ Warf Ruth erstaunt ein.

Wieder musste sie sich eines besseren belehren lassen, denn die Beiden wussten zu berichten, dass Gummersbach nur ein „Türken-Puff“ sei. Unterste Schublade! Nur Abschaum! Bei den stinkenden Gästen, käme es auf das schlampige Äußere der Wirtin auch nicht mehr an. Das sei Sandras Welt.

„Schwarzköppe unter sich. Das klappt. Aber hier, unsere sensiblen Gäste und ´ne Türkin als Chefin? Nee, du, das geht nicht! Die mögen keine Ausländer.“ zischte Corinna verächtlich. „Stimmt´s, Ava?“

Die Tschechin nickte zustimmend.

Ruth konnte nur staunen, mit welcher Gehässigkeit auch die Ausländerin über ihre türkische Chefin herzog. Null Solidarität. Wieso fühlte die sich als etwas Besseres? Weil sie besser deutsch sprach? Oder weil sie schon seit Jahren „das beste Pferd im Stall“ war? Sie war für ihren „geilen Fick“ berühmt, was immer das auch hieß.

Ruth fand, dass es keinen nennenswerten Unterschied zwischen der tschechischen Barfrau und der türkischen Chefin gab. Beide waren schon über fünfzig Jahre alt, kleine, dicke und unförmige Weiber, sahen aus wie Schlampen. Schön war anders, das war unbestritten, aber das schien in dem Gewerbe nicht das Wesentliche zu sein. So weit kannte Ruth das Milieu schließlich seit langem. Die Huren, die wie Schlampen aussahen verdienten immer am meisten. Vermutlich weil das Animalische die Kerle anzog.

„Du hättest besser an uns vermietet, Ruth. Wir könnten die Bar besser führen als die türkische Schlampe, was Ava? Denn hier ist Kohle rauszuholen, das kannst du mir glauben. Aber wir werden es nicht miterleben, wenn die Sandra auf der Fresse liegt und dir den Schlüssel in die Hand drückt. Ja, Ruth, tut uns leid, aber so ist die Sachlage. Mach dich schon mal darauf gefasst.“ Giftete die Thekenfrau.

„Darüber braucht ihr euch mal keine Sorgen zu machen, so einfach geht das nicht!“ sagte Ruth gelassen. „Wir haben einen 5-Jahres-Vertrag, die kann nicht einfach die Schlüssel abgeben. Dann hat die Sandra aber viele unnötige Kosten am Hals, für die Renovierung und die Mieten bis ich einen Ersatz-Pächter gefunden habe. Das wird die sich bestimmt gründlich überlegen.“

Die Beiden staunten und rechneten was in diesem Fall für eine gewaltige Summe zusammen käme und die Schadenfreude klang aus jedem ihrer Worte.

Ruth ließ sie reden, bestätigte nichts und bestritt nichts, hielt sich neutral. Sie zog ihre eigenen Schlüsse aus der Hetzerei und wollte sich gerade verabschieden, als Sandra anrief.

Sandra fasste sich kurz, entschuldigte sich für Ruths unnötigen Weg und bat Ruth am Mittwochnachmittag die Miete abzuholen.

Auf dem Heimweg dachte Ruth noch darüber nach, dass sie einiges erfahren hatte, was sie für ihre Zwecke gebrauchen konnte. Zum Beispiel, dass bei dem verbliebenen Kundenstamm und der damit verbundenen Umsatz-Möglichkeit immer noch ein respektabler „Geschäftswert“ vorhanden war, um die horrende Kaufsumme zu rechtfertigen.

Aber auch mit welchem Neid und Missgunst man auch in diesem Milieu ständig zu kämpfen hatte.

´Rauswerfen, die beiden Wanzen, komplett neue Frauen rein. Das ist deine einzige Chance meine liebe Sandra!´ wäre Ruths Rat, würde Sandra sie fragen.

Tausche Liebhaber gegen Luxus.

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