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Die türkische Pächterin

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Als sie wieder zu Hause waren hatte Ruth elende Kopfschmerzen und Giovanna klagte über Übelkeit.

Nur Rabea fühlte sich wohl, so dass Ruths Verdacht, die Beschwerden könnten mit der Sitzung in Zusammenhang gebracht werden, nicht wahrscheinlich war.

Weil sich Ruths Kopfweh noch zwei Tage hartnäckig hielt, gab sie, bei der Gelegenheit, das Rauchen auf.

Ruth war erleichtert, als am Monatsende wenigstens für ihre Tochter gleich zwei positive Ergebnisse eintrafen; die saftige Gehaltszahlung und der Start der Weiterbildung. Letzteres sollte in Frankreich stattfinden. Nachdem Rabea nach Toulon gestartet war, um für eine Woche von dort aus zu fliegen, hoffte Ruth, dass auch ihr Leben wieder in Bewegung käme. Als erstes musste sie sich um ihre Miet-Einnahme kümmern.

Gegen ihre Gewohnheit rief sie abends in der Bar, anstatt auf Handy, an. Im „Nachtgeschäft“ störte man tagsüber nur. Von Corinna, der Thekenfrau des „Phantasia“ erfuhr sie, dass Sandra vor einigen Tagen in die Türkei gereist war. Die Chefin bliebe zwei Wochen, musste die fassungslose Ruth zur Kenntnis nehmen. Sie war stocksauer.

´Unverschämtheit, hat die letzte Miete noch nicht ganz bezahlt und da fährt diese Pflaume gelassen in Urlaub? Und was ist mit meiner Kohle?` dachte sie wütend.

„Hat dir die Sandra denn nicht bescheid gesagt?“ fragte Corinna sichtlich erstaunt dass Ruth auf ihrer Leitung anrief.

Klang da ein scheinheiliger Unterton mit, oder täuschte sie sich? Wusste Corinna, dass sie die Miete noch nicht hatte?

Ruth gab sich Mühe ruhig zu bleiben: „Nee, ich weiß von nichts. Die ist ja vielleicht lustig. Was ist denn mit dem Sperrmüll-Termin? Stellst du die Sachen an die Straße, wenn die Karte kommt?“ fiel ihr nichts besseres ein, ihren Anruf zu begründen.

„Wie bitte? Nein, ich doch nicht! Was hab ich denn mit dem Müll zu tun?“ wies Corinna das Ansinnen empört von sich.

„Außerdem, wieso räumt die Sandra schon den ganzen Keller-Krempel nach draußen und macht einen Termin, wenn sie gar nicht hier ist?“ wunderte sich Corinna.

„Nein, die Karte habe ich weggeschickt, aber natürlich in Sandras Auftrag.“ Klärte Ruth ruhig die Sachlage während es in ihr zu brodeln begann.

Noch eine Weile überlegten die Beiden hin und her, wie die Sache zu managen sei, ohne es wirklich zu wollen. Wie die Katzen um den heißen Brei schlichen, so redeten sie lediglich um Ruths tatsächliches Anliegen herum. Gaben sich beide Mühe, der Anderen nichts Wichtiges zu erzählen. Schließlich kamen sie überein, dass mangels Briefkasten-Schlüssel niemand die Termin-Nachricht in Empfang nehmen konnte, also der gesamte Müll auf dem Hof stehen bleiben musste. Am Ende erfuhr Ruth, dass Sandra am nächsten Samstag zurückerwartet werde.

´Dann ist die Knete schon neun Tage zu spät und mein Konto wieder mal überzogen. Was fällt dieser Kuh denn ein? Na warte, dir werde ich den Kopf waschen dass dir kein Hut mehr passt.` schäumte Ruth innerlich über, während sie sich freundlich von der Barfrau verabschiedete.

Sie war so missgestimmt, dass sie anschließend eine SMS an Ramsi sandte: Alles Käse, nix mit Haus-Verkauf, die 40 Tage sind vorbei

Der Protest kam umgehend:

Sei fair! Der Scheich hat viel dafür getan. Sie wird kaufen! Warte ab!

Hatte Ramsi Angst nichts abzukriegen? Damit würde er recht haben!

Ärgerlich wählte sie seine Handynummer, doch sie hörte nur die Bandansage, dass der Teilnehmer vorübergehend nicht erreichbar sei.

Aber seine nächste SMS erklärte die Sachlage:

Ruf mich bitte in einer Stunde an, ich bin auf dem Rückweg von Assuan.

Er war also auf der Straße durch die Wüste. In dieser bergigen Gegend war es möglich dass der Empfang zeitweilig gestört war.

Über dem Fernsehprogramm hatte sie Ramsis Bitte längst vergessen, als er anrief und nur kurz um Rückruf bat.

`Wie immer! Dieser Arsch hat wieder mal keinen Kredit auf seiner Karte. Aber bei mir sind teure Auslandsgespräche selbstverständlich. Bin ich Krösus?´ dachte Ruth rebellisch. Dennoch siegte ihre Neugierde, wollte sie wissen, was die Ausgrabung ergeben hatte. Also rief sie zurück.

„Darling, ich bin völlig fertig!“ stöhnte er durch die Leitung. „ Vier Tage haben wir gegraben.......“

„Ja und? Mach es nicht so spannend,“ unterbrach sie ihn ungeduldig, „habt ihr was gefunden? Oder nicht?“

„Es war eine Katastrophe! Mehr als drei Meter tief haben wir gegraben, abwechselnd. Wir hatten schon was Hartes gefühlt, aber dann kam plötzlich ganz viel Wasser.....“

„Ja klar, Grundwasser. Damit musstet ihr doch rechnen!“ sagte sie abfällig. „Und weiter? Was habt ihr gefunden?“ ertrug sie die Spannung kaum.

„Nun warte doch mal, ich bin ja noch ganz fertig.“ Jammerte Ramsi.

„Wie warte mal? Sag endlich was passiert ist. Das Gespräch ist mir zu teuer. Kostet ja nicht dein Geld!“ ärgerte sie sich.

Nachdem er berichtet hatte, dass noch eine Hauswand eingestürzt war und die Männer die Suche dann aufgegeben hatten weil nichts gefunden wurde, beendete sie das Telefonat.

Das also waren die Vorhersagen des Scheichs wert? Nichts? Einerseits war sie schadenfroh, weil Ramsis Fanatismus einen Dämpfer bekommen hatte, andrerseits betraf es ihr eigenes Anliegen ja auch. Musste sie nun nicht auch ihre Hoffnung begraben?

`Quatsch! Das Haus ist real, das verkauf ich auch ohne Magie. Aber der Ramsi lässt sich zu Träumereien verleiten. Das ist irreal! Selber schuld, wenn er auf die Schnauze fällt!´

Am nächsten Tag erhielt sie noch einen Brief von der `H und W´. Es war eine verspätete Zuschrift auf ihr Inserat. Jetzt? Nach fast vier Wochen? Auf der Rückseite des Umschlages war ein kleiner grüner Aufkleber mit dem Absender:

SPAIN- COSTA DORADA Immobilien

Heiner Dieter Lammers, Postfach 220 454, 10959 BERLIN - Kreuzberg

Ein spanisches Immobilien-Unternehmen schrieb auf ihre Anzeige? Neugierig zog sie ein DinA5 Blatt heraus und schüttelte verwundert den Kopf, als sie das kuriose Papier betrachtete.

In heillosem Durcheinander fand sie gleich mehrere Adressen und Berufe des Schreibers. Der aufgedruckte Briefkopf mit verschiedenen Emblemen, sagte aus, dass der Herr Lammers einen Gastronomie-Betrieb hatte, der sich in einem kleinen Kaff, Namens Zelbig in Brandenburg befand. Der Name „Landhaus Kunstart“ hörte sich ziemlich hochtrabend an, was der weiteren Berufsbezeichnung deutlich widersprach.

Denn unter dem recht nett gestylten Gaststätten-Logo klebte ein kleiner Zettel in Visitenkarten-Format, auf dem der Schattenschnitt eines rennenden Männleins mit Hut zu sehen war und daneben stand:

HEINER - DIETER

Der Mann für alle Fälle! „Ein Anruf genügt!“ Tel................

Postsendungen bitte an Postfach 21 21 D- Zelbig .

Was sollte das denn?

Als nächstes war wieder ein bedruckter Papierstreifen aufgeklebt, darauf las Ruth ihren eigenen Anzeigentext: Erfahrene Powerfrau......

Daneben stand von Hand geschrieben:

„Bezüglich Ihres Inserates bitte ich freundlichst um Kontaktaufnahme. Danke, H.D.L.“

Zu allem Überfluss war HEINER – DIETER rechts oben auf einem Foto-Druck in Passbild-Größe zu sehen.

„Welch ein hübsches Teil! Igitt, Igitt!“ entfuhr es ihr ironisch, während Ruth angewidert den dicklichen, weißhaarigen Opi mit Brille und Schnauzer betrachtete, der mit zusammengekniffenem Mund und ernster Miene durch eine starke Brille starrte und dessen Doppelkinn über seinen Hemdkragen quoll.

´Das wäre ja mein Albtraum, neben so einem grauen Esel morgens aufzuwachen.` Sie schüttelte sich vor Entsetzen und war in diesem Moment überglücklich ihren Ramsi in Petto zu haben.

Was zum Teufel sollte sie mit einem solchen Idioten?

Sie zog keinen Augenblick in Betracht, auf dieses Angebot zu antworten, denn für sie war das ein Spinner. Ein schwachsinniger Ossi der glaubte, dass die Flexibilität des westlichen Kapitalismus sich darüber definierte, dass man verschiedene Berufe haben musste. Sicher war dieser Verrückte geistig so verworren, dass er nicht einmal ahnte, welcher Lächerlichkeit er sich mit diesen Angaben aussetzte.

Durch diese Zuschrift kam Ruth ihr Vorhaben wieder erneut in den Sinn. Klar, diese Art von Anzeige hatte nichts gebracht, aber das hieß noch lange nicht, dass inserieren sinnlos war. Sie hatte einfach noch nicht den richtigen Dreh gefunden. Oder vielleicht war es auch die falsche Zeitung? Ja, das war der Grund! In der ´H und W` sowie in der ´Rotlicht-Börse` suchte sie für ihren Bedarf in den falschen Medien. Für den Anzeigenteil dieses Blättchens interessierten sich nur Huren und Freier, aber keine soliden Leute. Und eigentlich wäre ihr ein solider ´Partner` ja viel lieber. Zu beruflichen Zwecken natürlich. Oder vielleicht auch als Lebenspartner? Ja, warum nicht? Aber ohne Sex!

Ohne Sex? Also suchte sie einen impotenten Mann? Genau! Entweder impotent oder schwul! Das wäre das Richtige, ein Neutrum!

Verdammt, sie wollte sich weder länger langweilen noch davon träumen eine sinnvolle Aufgabe zu haben und nicht jeden Cent umdrehen zu müssen. Sie musste was finden. Aber wie?

Also, wenn die Medien falsch waren, musste sie halt die Richtigen finden. Normale Tageszeitungen. Natürlich große, mit einem dementsprechenden Einzugsbereich. Davon gab es ja genug, die Westdeutsche, die Süddeutsche, die Norddeutsche und so weiter, die hatten am Wochenende sicher auch einen Teil mit Bekanntschafts-Anzeigen. Gedacht – Getan!

Nachdem sie sich die Wochenend-Ausgaben von zwei großen Zeitungen gekauft hatte, fischte Ruth die gesuchten Seiten heraus. Sie studierte aufmerksam die umfangreichen Rubriken, fand aber für ihre Zwecke keine passende Offerte. Auch wenn die Ausdrucksweise wesentlich diskreter und feiner war, die meisten Männer suchten selbst mit 81 Jahren noch sexuelle Gemeinschaften.

´Pfui, Teufel, wer will denn noch nen Tattergreis poppen?` dachte sie angeekelt und die Vorstellung war ihr so drastisch vor Augen, dass ihr ein kalter Schauer den Rücken runterlief.

Die Rubriken- Unterteilung war zwar schon wesentlich detaillierter und übersichtlicher, aber ihr blieb wieder nur die Rubrik: Vermischtes. Denn in, Sie sucht ihn, Senioren, Gruppen/Vereine, Spiel und Sport, oder Gleich sucht Gleich wäre ihre Anzeige völlig falsch gewesen. Leider fand sie in der vermischten Abteilung nur Angebote von den Horizontalen oder Begleitagenturen, also auch nicht eindeutig ihre Sparte. So kam es also mal wieder auf die Verpackung an.

Tausche Liebhaber gegen Luxus.

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