Читать книгу Tausche Liebhaber gegen Luxus. - Ruth Broucq - Страница 5
Geisterwahn
ОглавлениеAls Ruth im Ankunftsterminal von Hurghada, am Fliesband, auf ihren Koffer wartete, sah sie ihn schon durch die riesigen Fenster. Wie immer stand er weit abseits von den Wartenden hinter der Absperrung und hob sich krass von den anderen Einheimischen ab. In seiner gepflegten europäischen Kleidung mit der unnachahmlichen eleganten Haltung sah Ramsi neben den Männern in der landesüblichen Galabea eher wie spanischer Grande aus. Das Weiß seines Polohemdes unterstrich seine dunkle Hautfarbe. Die Frische seiner Gesichtshaut und die eingeölten schwarzen Locken glänzten in der Sonne. Ramsi erschien ihr schlanker geworden als er vor Freude strahlend, lachend auf sie zukam. Er sah umwerfend jung, männlich und sexy aus.
Voller Stolz, von so einem schönen Mann erwartet zu werden, ließ sie sich zur Begrüßung auf beide Wangen küssen und umarmte ihn. Sie sonnte sich unter den neugierigen Blicken der Mitreisenden und dem offensichtlichen Neid der Frauen, die einen fetten grauhaarigen deutschen Opi an ihrer Seite hatten.
Lange hielt Ruths Freude nicht, denn Ramsi klagte bereits im Taxi über „die schlechten Geschäfte“ und bat sie um eine Beteiligung an der Wohnungsmiete. Genervt ließ sie das Taxi an der Bank anhalten und zog die erforderlichen sechshundert Pfund aus dem Automat. Ruth hatte keine Lust zu streiten, wollte sich den Urlaub nicht verderben lassen, deshalb hakte sie die achtzig Euro unter „außergewöhnliche Sozialausgaben“ gedanklich ab und gab ihm schweigend ihren Beitrag zur Miete.
Dafür wurde sie dann durch den Anblick der ordentlichen Wohnung entschädigt. Ramsi hatte tatsächlich putzen lassen. Selbst das Bad war sauber und das Bett frisch bezogen. Er hatte sogar eingekauft, diverse Getränke, Milch und Wasser waren im Kühlschrank. Zum ersten Mal fiel Ramsi nicht gleich über Ruth her, sondern gönnte ihr eine Erholungszeit und übte sich in vornehmer Zurückhaltung. Als er ihr dann noch einen frischen Kaffee servierte, war Ruth vor Staunen sprachlos.
Seinen Sinneswandel erklärte er umgehend. Sie erfuhr dass Ramsi einen neuen Guru hatte, der ihm als weiser Berater täglich zur Seite stand.
`Oh Gott, nicht schon wieder, so ein Schwachsinn!` dachte sie.
Viele Monate zuvor hatte Ramsi auch sie mit seinem „Geisterwahn“ verunsichert. Bei ihr war es im Laufe der vergangen Zeit wieder in Vergessenheit geraten. Sie hatte geglaubt, auch er sei zur Normalität zurückgekehrt. Doch bevor Ruth sich negativ zu seiner übertriebenen okkultistischen Einstellung äußern konnte, berichtete Ramsi, voller Begeisterung, wie positiv sich der Einfluss seines neuen Freundes auf ihre Beziehungsprobleme ausgewirkt hatte. Ramsi hatte ihm sein Herz ausgeschüttet und war von seiner Angst, sie zu verlieren, befreit worden. Denn der Guru hatte aus Ruths Foto ersehen, dass sie eine gute Frau sei mit einem großen Herzen, voller echter Liebe für Ramsi. Aber momentan habe sie eine Nervenkrise, die andere Leute verursacht hatten. Außerdem hatte der Guru versprochen, dass er Ramsi dabei helfen werde, die Beziehung wieder in Ordnung zu bringen, damit sie wieder glücklich werden.
Ramsis hoffnungsvollem Blick mochte Ruth nicht mit Skepsis entgegnen, deshalb nickte sie nur und verschob innerlich ihre realistischen Gegenargumente auf später. Schon ihr die große Liebe zu unterstellen, die sie weder für Ramsi noch für irgendeinen Mann jemals wirklich empfunden hatte, war glatter Unsinn. Aber das es jemand schaffte, Ramsi zu häuslicher Ordnung zu bewegen, nötigte ihr eine gewisse Anerkennung ab.
Für Ruth war schon bei Ramsis erster Berührung mit einem „Geister-Guru“ nichts Greifbares heraus gekommen, deshalb hatte sie diese Geschichte schon lange als Unfug ins Unterbewusste abgeschoben. Bereits sein erster „Guru-Freund“ in Kairo hatte nichts gebracht, nur gekostet, was Ramsi leider anders sah. Er blieb bei seiner festen Überzeugung, dass der „Mann aus Kairo“ ihn damals von einem bösen Fluch befreit habe. Angeblich hatte Ramsis Geschäfts-Nachbarin ihn mit einer schwarzen Magie belegt, so dass er geschäftlich nur Pech hatte und sehr unglücklich war. Durch die Bekanntschaft mit dem Kairo-Mann habe sich alles wieder zum Guten gewendet. Der Ghinn des Kairo-Guru´s habe die Magie gebrochen und die Pechsträhne verscheucht.
Zur gleichen Zeit war auch Ruth nach Deutschland zurück gegangen. Es war zwar richtig, dass ihre Beziehung damals mit ständigen Spannungen zu kämpfen hatte; aber das hatte sicher daran gelegen, dass sie beide vorher lange Zeit keine so enge Beziehung gehabt hatten. Und an beiderseitigem Überdruss hatte es sicher auch gelegen. War Ramsi also damals gleich von zwei Übeln befreit worden?
Nun war auch noch der Onkel des Kairo-Mannes in Hurghada aufgetaucht und Ramsi war noch stärker als zuvor dem Okkultismus geneigt. Er bat sie begeistert: „Bitte, Darling, komm morgen Abend in unseren Shop. Dann kannst du Scheich Ahmed kennen lernen. Du wirst genau so begeistert sein wie ich.“
„Gerne, ich bin schon ganz gespannt.“ Sagte sie hintergründig, und dachte: ´den Knaben werde ich mal ganz genau unter die Lupe nehmen. Mich kann der nicht so leicht einwickeln!`
Dass Ramsi seinen Souvenier-Laden als „unseren“ bezeichnete gefiel ihr erneut. Einerseits schmeichelte es schließlich Ruths Ego, dass Ramsi so anhänglich war, andrerseits war ihr seine sexuelle Nähe arg lästig, und sie war dann auch froh, als sie den ersten „Angriff“ hinter sich gebracht hatte. Natürlich war es nach dem üblichen langweiligen Schema abgelaufen.
Scheich Ahmed erwies sich als einfacher, sympathischer Mensch, was Ruth irgendwie überraschte. Er war ein älterer hellhäutiger Mann von normaler Größe, sehr schlank, fast hager, in dem freundlichen, leicht faltigen Gesicht mit weißen Zweitage-Bartstoppeln funkelten lustige dunkle Augen. Er trug über seiner hellgrauen, sauberen Galabea ein dunkelgraues europäisches Jackett, dazu offene Sandalen. Das kurze weiße Haar wurde teilweise von einem kleinen, weißen runden Strickkäppi verdeckt, wie es die Juden in schwarz tragen.
Die Unterhaltung war ein wenig umständlich, da der Scheich außer „How are you?“ nur arabisch sprach. Also musste Ramsi ständig übersetzen, was er offensichtlich gerne machte. Ihr fiel unangenehm auf, dass Ramsi wie in einem Bann zu sein schien, so fasziniert hing er an Ahmeds Lippen, saugte begierig auf, was dieser sagte.
Denn er übersetzte in bedeutungsvollem Ton: „Darling, wenn du möchtest, wird der Scheich dir etwas zu trinken geben, was dich innerlich wieder zur Ruhe kommen und besser schlafen lässt. Du musst keine Angst haben, es ist nur gereinigtes Wasser. Spezielles Wasser natürlich. Und bevor du wieder nach Deutschland gehst wird er dir etwas mitgeben, was dich gegen alle Einflüsse von außen beschützt.
Du kennst das ja schon, du musst es immer tragen, am Finger oder an einer Kette, wie du willst. Dieses ist aus Silber, nicht wie das erste, aus Papier. Und auch für dein Haus gibt er dir was mit, damit du es endlich verkauft kriegst. Ja, ja glaub mir...“ gab er seinen Worten Nachdruck, weil er ihr Schweigen berechtigterweise als Zweifel ansah. „der Scheich ist um vielfaches stärker als sein Neffe. Er berät sogar die reichen Saudis. Bitte, versuch es mal, es kostet nichts. Das ist das Gute an ihm, er nimmt kein Geld vor dem Erfolg. Erst wenn du das Haus verkauft hast, will er zehn Prozent Erfolgshonorar. Ist das denn nicht fair?“ Steigerte sich Ramsi in Euphorie und sah sie Beifallheischend an.
„Was? Zehn Prozent? Bist du verrückt? In Deutschland nimmt ein Makler ja nur Dreieinhalb Prozent. Nee, das ist zu viel!“ Empörte sie sich.
Beschwichtigend erwiderte er: „Schatz, du musst das natürlich nicht machen, wenn du nicht willst. Aber überleg doch mal, was kann es kosten? Erst mal nichts. Außerdem willst du doch schon so lange verkaufen, aber du findest keinen Interessenten. Also willst du jetzt plötzlich geizig sein und lieber auf deinem Haus sitzen bleiben? Oder ist es dir lieber zu verkaufen und ein paar Euro Erfolgshonorar zu bezahlen?“
Sie nickte schweigend, aber zehn Prozent? Ruth konnte sich nicht gegen das Gefühl wehren, dass Ramsi schnell ein paar Prozente für sich selbst eingebaut hatte. Dafür kannte sie ihn gut genug. Dieses Schlitzohr! Trotzdem dachte sie: `Er hat recht, warum nicht? Was nach dem Verkauf passiert, steht noch in den Sternen. Also, okay´.
Auch wenn sie nach dem Quatsch mit den kleinen Karton-Päckchen, die der Kairo-Mann damals als verkaufsfördernde Magie für ihren Hausverkauf deklariert hatte, nicht mehr an solchen Humbug glaubte, diesmal kostete der Versuch ja nichts. Also stimmte Ruth zu, äußerte ihre Zweifel nicht.