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Der verrückte Gedanke kam ihr aus purer Langeweile. Mit 61 Jahren fühlte sie sich noch viel zu jung um „hinter dem Ofen zu sitzen“ und wahrlich zu fit um in Rente zu gehen. Sie hatte genügend Tatendrang noch etwas zu bewegen. Stattdessen saß sie frustriert daheim, lediglich damit beschäftigt auf ihre Tochter zu warten, um von deren interessanten Erlebnissen zu hören. Da sie ihr eigenes Haus mit Geschäft schon vor Jahren langfristig verpachtet hatte, war sie zur angestellten Tätigkeit zurückgekehrt. Seltsamerweise war ihr das nicht schwer gefallen, obwohl sie ein Leben lang fast immer nur „Chefin“ gewesen war. Sie war in verschiedenen Branchen selbständig gewesen, hatte nur kurze Zwischenzeiten in untergeordneten Positionen gearbeitet. Zuletzt hatte sie dann in verschiedenen Läden Vertretungsjobs gemacht, die sich aber nun, im Sommerloch, als Mangelware entpuppten.
Ihr war durchaus bewusst, dass sie normalen Arbeitgebern zu alt war, sie deshalb nur im „Milieu“ fündig werden konnte, schließlich kannte sie sich darin bestens aus. Denn dieses Metier hatte sie im letzten Jahrzehnt recht gut ernährt. Doch selbst in dieser Branche musste sie ein wenig mogeln. „Ich bin über 50“, pflegte sie ihr Alter zu vertuschen, wenn sie auf ein Stellenangebot anrief, um sich als Empfangsdame zu bewerben.
Leider hatte sie wegen ihrer Stimme manche Absage einstecken müssen, denn ihre tiefe Stimme hörte sich wirklich schrecklich alt an. „Dich muss man sehen, Ruth,“ sagten alle Bekannten. Schließlich war sie absolut kein „Oma-Strickstrumpf-Typ“. Wie sonst konnten sich wesentlich jüngere Männer ernsthaft für sie interessieren? Ruth war klein, das schulterlange Haar dunkelrot gefärbt und Rehäugig. Nicht mehr so zierlich wie früher, obwohl sie immer noch Konfektionsgröße 36 trug. Aber schon wegen ihrer Oberweite, die von der ehemaligen Mirabellenform mit zunehmendem Alter zu zwei Honigmelonen mutiert waren, wirkte sie etwas mollig. Dass ihre Brüste zu Fallobst wurden hatten zwei Straffungs-Operationen verhindert. Ihr gesamtes Outfit hatte reichlich „Kohle“ gekostet, schließlich waren Schönheits-Operationen nicht billig und davon hatte sie einige hinter sich. Obwohl man sie immer auf Mitte vierzig schätzte, musste Ruth sich sehr viel Mühe geben, ihr Aussehen zu bewahren. „Es dauert eben etwas länger, einen alten Rembrandt zu restaurieren“ frotzelte sie gerne. Sie kleidete sich jugendlich modern, achtete auf ihre schlanke Linie und schlief ausreichend und gerne. Dennoch war Ruth Zeit ihres Lebens ein erfolgorientiertes Energiebündel gewesen und davon war ihr auch als „Barock-Teenie“ eine Menge Power übriggeblieben. Nur an ihrer tiefen, rauchigen Stimme konnte sie nichts ändern, die hatte Ruth von ihrer Mutter geerbt.
Regelmäßig suchte Ruth in den einschlägigen Medien nach Jobangeboten, derzeit ohne Erfolg. In der Rotlicht-Jobbörse, im Internet, gab sie mehrere Suchinserate auf, ohne ernsthafte Ergebnisse. Nur „Wichser“ und „Problemfälle“ meldeten sich darauf. Entweder säuselten ihr schleimige Männerstimmen ins Ohr „Wo kann ich dich besuchen?“, so dass Ruth angeekelt die Leitung kappte; oder es meldeten sich ehemalige Huren, die als Puff-Mutter versagt hatten und jammernd hofften, Ruth könne Wunder vollbringen. Sie könne möglichst in zwei, drei Tagen ihren „toten Laden“ wieder flott machen.
Wenn Ruth solch fehlgeleitete Freier hörte, fragte sie sich, ob Legasthenie wohl eine speziell männliche Macke war oder warum die Typen aus einem Stellengesuch ein Prostitutions-Angebot lasen. Wie sie das anwiderte; die geilen, schleimigen Penner sowie die jammernden, unfähigen Weiber. Warum reichte den Kerlen das Riesen-Angebot an bereitwilligen Huren nicht? Und wieso beschränkten die Huren sich nicht auf das, was sie konnten, nämlich die Beine breit zu machen, anstatt nebenbei Geschäftsfrau spielen zu wollen? „Schuster bleib bei deinen Leisten“ war eine der altüberlieferten Weisheiten, die auf solche Fälle zutrafen. Denn auch ein „Puff“ war schließlich ein Geschäftsbetrieb, der nicht nur kluges kaufmännisches Denken, sondern auch überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft, wegen des umfangreichen Managements, und der Fähigkeit zur psychologischen Menschenführung bedurfte. Diese Erfahrung hatte Ruth gemacht, denn sie war selbst lange Zeit Puff-Mutter gewesen.
Frustriert studierte Ruth die unergiebigen Stellenangebote in der ´H und W´, dabei musste sie feststellen, dass nur Huren gesucht wurden. „Gott sei Dank bin ich aus dem Alter raus, dass ich noch die Beine breit machen müsste!“ war Ruths konstante Antwort, auf die häufige Frage, warum sie nicht selbst „anschaffte“. Deprimiert las Ruth die Zeitschrift bis zum blödesten Werbeartikel durch, was sie schließlich zu der Rubrik „Herzblatt“ führte.
Es amüsierte sie köstlich, was die Leute suchten und über sich selbst aussagten. Männlein wie Weiblein, Junge und Alte suchten ihr „Lebensglück“ und hatten dabei die eigenartigsten und auch abartigsten Wünsche. Ruth las von einem 20jährigen, der eine „geile Oma mit Big Titts“ suchte und sie dachte: ´na ja, mit den Titten kommt hin, Oma bin ich auch schon drei Mal, aber geil bin ich nicht. Ich wäre also nicht die Richtige! Außerdem steh ich zwar auf jüngere Männer, aber im Kindergartenalter muss nun wirklich nicht sein.` Ruth kicherte vor sich hin und las weiter.
Von dem verheirateten Geschäftsmann mit der Vorliebe für „18jährige Südländerinnen mit Nahtstrapsen und High Heels“, der flotten 72jährigen, die sich bei einer Größe von 1,55 und 73 Kilo für „mittelschlank“ hielt, der 50jährigen „in der Los-Trommel“ die den blond-gelockten Hauptgewinn wollte sowie dem „Charakterfesten herzensguten Norddeutschen,“ der eine reifere erziehungswillige, aber jüngeraussehende Dame auf lange Zeit zu dominieren suchte.
´Sachen gibt es, die gibt es gar nicht.` dachte Ruth Kopfschüttelnd, dennoch brachte sie das Lesen dieser Rubrik auf den Gedanken vielleicht selbst mal in dieser Zeitschrift zu inserieren. Aber was? Schließlich suchte sie keinen Mann. Weder zum heiraten noch für Sex. Sie war froh, dass ihr Liebster in Ägypten war, sie nicht ständig belästigte. Nicht dass Ruth ihn nicht liebte, wenn auch auf ihre eigene Art, aber die zwei gemeinsamen Jahre des Zusammenlebens hatten ihr völlig gereicht. Sie brauchte ihren Freiraum, die eigenen Gedanken und Entscheidungen, zu gehen wann und wohin sie wollte, das aber hatte sie in einer Eheähnlichen Gemeinschaft eben nicht. Und in einem moslemischen Land, mit einem arabischen Mann, schon gar nicht.
Es war Ruth nicht schwer gefallen, sich den Landessitten anzupassen, aber die zwei Jahre ohne Arbeit, kaum Abwechslung, wenig Freunde, keine sozialen Kontakte, erschienen ihr bald als Vorstufe zum lebenslänglichen Knast. Das erste Feuer war schnell verglüht gewesen. Oft hatte Ruth sich schon überlegt, dass sie vielleicht nicht fähig war, richtig zu lieben. Ihr wurde in einer Beziehung viel zu schnell langweilig, dann hatte sie die Geschichte immer beendet.
Inzwischen war Ruth bei dem siebten Lebensabschnittsgefährten, dem Ägypter, angelangt. Von ihm hatte sie sich nur deshalb noch nicht getrennt, weil sie ihn besuchen konnte, wann immer sie wollte. Da er aber ohne Visum nicht nach Deutschland rein kam, war sie vor Überraschungen sicher. Zwar hatte sie nichts zu verbergen, oder nichts wichtiges, (die seltenen Sexspielchen mit ihrem türkischen Ex fand sie nicht erwähnenswert) aber unangemeldete Besuche mochte sie nicht. Außerdem war Ramsi erst 33 Jahre alt und viel zu potent, als dass Ruth ihn täglich hätte ertragen können.
Auch bei ihm, war ihr Sexbedürfnis nach der ersten heißen Verliebtheit befriedigt gewesen und ihre Gelüste abgekühlt. Erst hatte sie sich gefreut, statt der berüchtigten ägyptischen „Mini-Banane“ einen strammen Bengel in seiner Hose zu finden, doch leider musste sie feststellen, dass Ramsi im Bett ein Langweiler war, der mit Händen und Zunge nichts anzufangen wusste. Immer das Gleiche; ohne jegliches Vorspiel; ein paar hektische Küsse, Wechsel zwischen zwei Stellungen, ein kurzes Gerammel, dann war er befriedigt und sie genervt. `Rein, raus, fertig, das ewige hin und her geht mir auf den Geist´, spottete Ruth heimlich, ließ ihn aber in dem Glauben ein toller Hecht zu sein. Dabei wusste sie selbst nicht, warum sie auch noch so freundlich war und ihm was vorstöhnte, statt zu sagen: „Lass es sein, du bist Scheiße!“
Ihre Versuche ihn anzulernen waren an seiner Sturheit gescheitert, letztlich hatte er dann seinen Glauben vorgeschoben. Von ihren sexuellen Ansprüchen und Gewohnheiten her hätte Ruth die Beziehung schon nach ein paar Tagen abbrechen müssen, aber das „Seelische“ hatte völlig übereingestimmt.
Er war ein Gentleman-Typ. Ein angenehmer Geselle. Als Gesprächspartner klug und lustig, brachte er sie zum Lachen und Philosophieren. Sie konnte mit ihm reden und schweigen, beides war übereinstimmend schön. Nur seine chaotische, wenig häusliche Schlampigkeit ging ihr gegen die Natur. Aber letztlich waren nur die öde Langeweile des ständigen „zu Hause Sitzens“ und ihr Tätigkeits- und Freiheitsdrang, die Hauptgründe ihrer Rückkehr nach Deutschland gewesen. Deshalb fand sie nun die dreitausend Kilometer Entfernung ideal.
Zwar war die Beziehung bis zu diesem Stand ein teures Vergnügen gewesen, denn Ruth hatte drei Wohnungsumzüge, einschließlich Möbel und Hausrat voll finanziert, aber dadurch blieb ihr immer eine offene Hintertür, wenn sie die Gegend wechseln wollte.
Außerdem hörte es sich sehr exotisch an, wenn Ruth ganz beiläufig erwähnte: „Ich habe eine Wohnung in Ägypten!“ Das machte sie unglaublich interessant und hob sie von den Milieu-Weibern weit ab. Auf die umgehend folgenden neugierigen Fragen gab sie dann bereitwillig Auskunft: „Mein Mann lebt dort. Er ist Ägypter!“ Schon war Ruth die wichtigste Person im Raum, der Mittelpunkt des Interesses. Noch ein paar lockere Sprüche, wie: „Er passt auf die Möbel auf,“ oder: „ich fahr nur hin, wenn ich Bock auf ihn habe,“ dann staunten die Huren und Ruth hatte sich, auf leichte Weise, Respekt verschafft. Dann war sie immer noch ein bisschen „Chefin“ und die Huren betrachteten sie nicht als Ihresgleichen. Sie gab sich absichtlich hart und überheblich, obwohl sie es gar nicht war, denn von den Schattenseiten und negativen Erfahrungen erzählte Ruth nichts.