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Im Krankenhaus

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Die Fahrt ins Krankenhaus war für Silke eine einzige Tortur. In Gedanken verurteilte sie die Vorgehensweise der beiden Polizisten aufs Schärfste. Bei jeder Bewegung stöhnte sie vor Schmerzen und konnte mit dem rechten Arm kaum das Lenkrad halten. Sie war sehr froh, als der Parkplatz des Krankenhauses endlich in Sicht kam. Silke parkte ihren kleinen Wagen, stieg aus, suchte die Notaufnahme auf und meldete sich dort zur Untersuchung an.

Die freundliche Dame an der Aufnahme merkte sofort, da sie Erfahrung mit Kranken hatte, dass etwas nicht stimmte. Einfühlsam fragte sie Silke: „Ihnen geht es nicht gut, nicht wahr? Kommen Sie herein, wir werden Ihnen helfen.“

Ein Pfleger brachte Silke in das Untersuchungszimmer und half ihr, sich auf die Notfallliege zu legen und den rechten Arm freizumachen. Er strich ihr über die Haare und meinte dann: „Der Onkel Doktor kommt gleich, keine Angst.“

Trotz der Schmerzen musste Silke lächeln. Jetzt fühlte sie sich gut aufgehoben. Es klopfte an der Tür und der diensthabende Arzt, Dr. Erik Sanftleben, betrat den Raum. Er war ein großer, dunkelhaariger, gut gebauter Mann. Ein strahlendes Lächeln vervollständigte sein Charisma. Er trat auf Silke zu und sah mit kritischem Blick auf ihren freien, rechten Arm. Sogleich fragte er mit ernster Miene: „Wer hat sie denn in der Mangel gehabt?“

Auf Silkes Arm waren deutlich die Fingergriffspuren des Luftguckers zu erkennen. Durch die Härte seines festen Griffes hatten sich großflächig mehrere Hämatome gebildet. Der Oberarm war erheblich stark gerötet und geschwollen. Dr. Sanftleben stellte zudem eine starke Prellung fest. Seine Kollegin, Frau Dr. Blume, trat hinzu und setzte sich an den Computer. Silke schilderte, was ihr geschehen war, sozusagen den Tathergang. Die anwesende Aufnahmecrew zeigte sich fassungslos, wie und vor allem durch wen diese Verletzungen entstanden waren. Während sie die Schilderungen dokumentierte, schüttelte Frau Dr. Blume fortwährend den Kopf.

Nun wurde Silke zum Röntgen gebracht. Auch die Medizinisch Technischen Röntgenassistentinnen äußerten sich aufgebracht und verständnislos über das Gebaren des Polizisten, mit dessen Folgen sie nun zu tun hatten: „Lassen Sie sich das bloß nicht gefallen!“ – „Das wird ja immer schlimmer hier in unserem Staat!“ und ähnliches gaben sie Silke mit auf den Weg. Sie ging zurück in den Wartebereich der Ambulanz und wartete, bis die Röntgenbilder fertig entwickelt waren. Sie nahm ihr Handy aus der Tasche. Es war auf lautlos gestellt. Nun sah sie, dass mehrere Anrufe eingegangen waren. Allein sechs davon waren von Max. Sie schrieb ihm kurz eine SMS: „Bin bei Zeugenaussage von einem Polizisten verletzt worden und nun im Krankenhaus. Melde mich später.“

Kurz darauf vibrierte ihr Handy in der Tasche. Max hatte geantwortet: „Ich verstehe das nicht. Wie konnte das passieren. Wo bist du? Ich komme!“

Silke schaffte es gerade noch zu simsen: „Ich melde mich, wenn ich zuhause bin“, als sie auch schon aufgerufen und ins Behandlungszimmer geführt wurde. Der Röntgenbildbetrachter zeigte ihre Aufnahmen. Nachdem der Arzt die Röntgenbilder begutachtet hatte, versorgte er fachmännisch und sehr behutsam Silkes Verletzungen. Er diagnostizierte mehrere Hämatome, sämtliche Fingergriffspuren und Prellungen.

Vor dem Hintergrund, dass Hämatome, auch als Bluterguss oder blauer Fleck bezeichnet, meist durch Gewalteinwirkung entstehen, wenn Blut aus verletzten, gerissenen Blutgefäßen ins Körpergewebe austritt, entsprießen sie keiner harmlosen Verletzung. Darüber hinaus drückt das Hämatom die umliegenden Gefäßschichten zusammen, was starke Schmerzen verursacht. Sind nicht oberflächliche, sondern tiefer liegende Gefäße verletzt, wird dies durch eine Schwellung sichtbar, die auf Druck wehtut. Silkes Arme waren stark angeschwollen, den rechten Arm hatte es besonders hart getroffen, mit hartnäckigen, heftigen Schmerzen. Behutsam rieb der Arzt Silkes Arme mit Heparinsalbe ein und sagte eindringlich zu ihr: „Lassen Sie das so nicht durchgehen, melden Sie das weiter. So etwas kann man sich nicht bieten lassen. Auch die Polizei darf nicht machen was sie will.“

Mit ein paar tröstenden Worten verabschiedete er sich.

Frau Dr. Blume kam ins Zimmer und bat Silke, einen Moment auf den Befundbericht, den Sie anfertigen wollte, und die Medikamente zu warten und zog sich zurück. Kaum hatten beide Mediziner das Behandlungszimmer verlassen, war es um Silke geschehen. Nun war ihr alles zu viel. Ein Weinkrampf erfasste sie. Sie fragte sich: „Was mache ich eigentlich hier? In welche Situation bin ich geraten? Ich wollte der Polizei helfen, und nun befinde ich mich hier im Krankenhaus als verletzte Person.

Die tröstenden Worte der anderen lockerten Silkes innere Verkrampfung auf und führten nun zu den erlösenden Tränen. Die Ärztin kam zurück und fand Silke aufgewühlt vor. Durch weitere trostvolle Worte versuchte sie, Silke zu beruhigen. Doch stattdessen lockte sie immer mehr Tränen hervor, die endlich die inneren Gefühlsspannungen bei Silke auflösten. Nach einer Weile hatte sie endlich ihre Fassung zurückgewonnen. Die Frau Doktor vervollständigte handschriftlich den ärztlichen vorläufigen Kurzbericht, indem sie auch den Weinkrampf dokumentierte. Dann gab sie Silke den Bericht, eine Dienstunfähigkeit und Schmerzmittel mit nach Hause.

Silke bedankte sich und verließ die Ambulanz. Die Worte des Arztes und der Krankenhausmitarbeiter hallten in ihr nach.

Es stimmt, dachte sie, Dr. Sanftleben hat Recht. Man muss dagegen angehen. So etwas darf keinem anderen mehr passieren. Die Polizei, dein Freund und Helfer, die für uns da ist, darf uns nicht ohne Grund körperlich verletzen. Silke beschloss am nächsten Tag den rechtlichen Weg zu beschreiten.

Gerade zuhause angekommen, riss sie das Klingeln des Telefons aus ihren Gedanken. Sie nahm den Hörer ab. Es war Max. Er war wegen Silkes Handynachricht sehr besorgt und wollte ganz genau wissen, was geschehen war. Er plante, sogleich zu ihr zu kommen, um zu helfen. Doch Silke war geschafft. Sie erzählte kurz, was passiert war. Wutentbrannt wollte Max sich sofort auf den Weg machen und die beiden Polizeibeamten aus ihrer Uniform hauen. Ihre letzte Energie aufwendend, versuchte Silke, Max zu besänftigen, was ihr kaum gelang. Max wollte zu ihr und bot ihr seine Hilfe an. Doch sie war müde und erledigt von den Geschehnissen des Tages. Die beiden verabschiedeten sich voneinander mit lieben Worten und Küsschen durch das Telefon und verabredeten sich für den nächsten Tag.

Für Silke folgte eine Nacht, in der sie trotz Schmerzmitteln nicht wusste, wie sie liegen und sich drehen sollte. Doch irgendwann hatte der Schlaf Erbarmen mit ihr und nahm sie in seine Arme auf.

GEFANGEN in der Gesetzesmühle

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