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4. Warum tust du, was du tust?

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Was ist die Grundlage für deine Handlungen? Bevor wir diese Frage beantworten, starten wir mit einer Übung. Gehe deinen Tagesablauf durch und schreibe genau nieder, was du tust – dein Beruf, deine Morgenroutine, deine Hobbys, deine Ernährung, deine Beziehungen.

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Hast du deinen Tag jemals so betrachtet? Wie fühlt es sich an, diesen zu notieren? Bist zu zufrieden? Ist dieser Tag zu voll oder doch zu leer? Gehe ihn noch einmal durch und die Gründe für jede Handlung. Schreibe nieder, warum du was tust.

Welche Gründe waren am häufigsten vertreten? Was sagt dir das über dich aus? Hast du im Alltag vermehrt Aktivitäten für dich oder für andere ausgeführt? Nun beantworte ich dir die Frage, warum du tust, was du tust. Es gibt genau zwei Kategorien, in die wir unsere Motivation einteilen können: Der erste Motivator ist Schmerz, der andere ist Liebe (bzw. starke Freude). Du tust etwas nicht, weil du Angst davor hast und Schmerz vermeiden möchtest. Du tust etwas, weil du es liebst und starke Freude empfindest. Dazwischen gibt es nichts.

Wir haben im vorherigen Kapitel bereits die extrinsische und intrinsische Motivation kennengelernt. Dieses Wissen haben wir genutzt, um deine Ziele mit dem richtigen Antrieb zu versehen. Jedoch treffen wir tagtäglich Entscheidungen, die bestimmten (De-)Motivatoren entgegenstehen. Motivation hat nicht nur etwas mit unseren Zielen zu tun, sondern mit jeder alltäglichen Entscheidung, die wir bewusst oder unbewusst treffen. Wenn du bewusst darauf achtest, was deine Gründe dafür sind, etwas zu tun oder nicht zu tun, wirst du diese zwei Motivatoren erkennen. Sie sind die Grundlage für jede Entscheidung, die wir treffen, und jede Handlung, die wir einleiten oder deshalb unterlassen.

Gehe deinen oben notierten Tagesablauf durch. Notiere die Tätigkeiten zur Schmerzvermeidung in Rot und die Aktivitäten zur Gewinnung von starker Freude (oder Liebe) in Grün. Sind diese ausgeglichen? Warum stehst du in der Früh auf? Was ist dein Hauptmotivator für dein derzeitiges alltägliches Tun – Schmerzvermeidung oder Freudengewinnung?

Eine starke Tendenz zum einen oder anderen Motivator führt zu Unzufriedenheit. Wir brauchen beides. Jemand, der den ganzen Tag nur zur eigenen Lustgewinnung gestaltet und keine Pflichten hat, wird krank, unglücklich oder auch süchtig. Umgekehrt kommt es häufiger vor: Ein Leben, welches nur aus Pflichten besteht und jede Tätigkeit nur ausgeführt wird, um Schmerz und Leid abzuwenden. Auch hier erkennen wir möglicherweise mehr extrinsische als intrinsische Motivatoren. Der Unterschied ist jedoch, dass extrinsische Motivation Angst vor Strafe ist und die Vermeidung von Leid ein intrinsischer Antrieb, der unser Überleben sichert.

Alles, was wir tun, ist darauf ausgerichtet, Negatives zu vermeiden und Positives zu erleben.

Warum sollte sich jemand auf etwas einlassen, wenn Verluste möglich sind?

Wenn die potenzielle Freude größer ist als das mögliche Leid, das wir glauben zu erfahren, gehen wir riskante Geschäfte ein. Ist die Angst vor einem Verlust stärker als die Chance auf einen Gewinn, werden wir dankend ablehnen.

Szenario: Ein Freund hält ein Versprechen nicht ein, wie zum Beispiel beim Umzug zu helfen. Du wirst wahrscheinlich Enttäuschung empfinden. Eventuell wirst du den Freund anders wahrnehmen (siehe „Lebenskrisen sind Wahrnehmungskrisen“), die Freundschaft kündigen und dich ärgern. Wenn wir wissen, dass dein Freund dies aus einem der zwei Beweggründe unterlassen hat, können wir ihn besser verstehen. Denn jede Handlung ist durch diese Begründung nachvollziehbar. Nehmen wir mal an, dass es nicht nur Gewinnung von Freude war, sondern zum Abwenden von Schmerz. Zum Beispiel könnte es sein, dass es für deinen Freund eine größere Leidvermeidung war, das Versprechen nicht einzulösen. Ein größeres Problem hätte zu noch mehr Schmerz geführt und hatte somit Priorität. Konkret könnte dies ein Ehestreit gewesen sein oder ein wichtiger Arbeitsauftrag. Hat es nicht Sinn, den Freund zu enttäuschen, wenn der Job oder die Ehe auf dem Spiel steht? Ist es nicht eine absolut logische Entscheidung, das größere Leid zu vermeiden? So könnte es sein, wir wissen es nicht. Und weil wir es nicht wissen und unser Gefühl der Enttäuschung alleine aufgrund einer möglichen Annahme in unserem Kopf entstanden ist, welches nicht wahr sein muss, darf es nicht unser Verhalten bestimmen. Die Freundschaft zu kündigen, weil ein Bild im Kopf unkontrolliert aufgetaucht ist, wäre schade. Bevor wir urteilen, sollten wir immer die Beweggründe unseres Gegenübers betrachten und versuchen zu verstehen, denn oft sind diese nachvollziehbar.

Warum schieben wir Dinge auf? Wir verbinden mit dem „Nicht-Machen“ weniger Leid und mit dem „Machen“ größeren Schmerz. Erst, wenn das Leid des „Nicht-Machens“ überhandnimmt und die Schmerzvermeidung nicht mehr als positiver und angenehmer wahrgenommen wird, handeln wir. Die Dokumente müssen bis zum Monatsende korrekt ausgefüllt sein. Aber andere Tätigkeiten haben Priorität und vermeiden mehr „Schmerz“.

Wie viel Gesundheit und mehr Wohlbefinden kann ich erlangen, wenn ich mit dem Rauchen aufhöre? Wie viel Unbehagen, Entzugserscheinungen, schlechte Laune und mangelnde Arbeitsleistung entstehen, wenn ich versuche meine Sucht zu beenden? Sind die Argumente für die Suchtbeibehaltung nicht viel stärker und emotionaler als die möglichen positiven Aspekte? Wird bei dieser Sichtweise nicht mehr Leid vermieden, wenn du die Sucht beibehältst als wenn du sie aufgibst?

Da jeder Leid vermeiden möchte, wird dieses häufig eingesetzt, um Menschen zu Handlungen zu zwingen. Der Chef, der Abteilungsleiter und der Ehepartner nutzen es und wir verwenden diesen Motivationsfaktor bei unseren eigenen Kindern. Warum? Weil es wirkt. Menschen haben einen natürlichen Überlebensinstinkt und somit eine Abscheu vor Schmerz. Wir machen Überstunden, weil wir nicht gekündigt werden wollen. Unser Kind ist brav, weil wir drohen das Abendessen zu streichen oder die Lieblingsserie. Der Ehepartner straft uns mit Liebesentzug, wenn wir nicht den Müll runterbringen.

Überlege dir, was du im Leben gern tun würdest, und begründe dies mit einem negativen Motivator, der Schmerz und Leid verursacht, wenn du nicht in die Veränderung kommst. Finde das „Warum“, den großen Schmerz, der bei Beibehaltung dein Leben einnimmt. Wenn du diese negativen Assoziationen, also Leid und starken Schmerz, mit dem Aufrechterhalten bestimmter Verhalten verknüpfst, wirst du genau die richtigen Empfindungen verspüren, die dich von einer gewohnten Handlung abhalten. Hier kannst du gern deine Ziele und Glaubenssätze heranziehen, um die nächsten Fragen zu beantworten.

Was würde ich gern tun? Welchen Schmerz vermeide ich?

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Welches stärkere Leid kann ich mit dem Nichtstun verbinden, um in das Handeln zu kommen?

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Das Problem ist, dass die meisten Menschen ihre Entscheidungen aufgrund ihrer Erfahrungen treffen, die kurzfristig Freude verursachen oder Schmerzen vermeiden. Die wichtigsten Dinge in unserem Leben, die die wir am meisten schätzen, erfordern jedoch, die Mauer kurzfristiger Nachteile zu durchbrechen, um langfristig Vorteile zu erhalten. Dies ist in Beziehungen erkenntlich. In der Liebe erfahren wir immer mehr Eigenschaften an unserem Partner, die uns nicht gefallen. Das Durchhalten würde uns jedoch mit dem schönsten Gefühl der Welt, Liebe, belohnen. Auch in der Arbeitswelt müssen wir anfangs viele anstrengende, unwichtige Tätigkeiten erledigen, bevor wir Verantwortung übertragen bekommen und vielleicht sogar unsere Arbeiten frei wählen dürfen. Auch hier heißt es, kurzfristige Schmerzvermeidung bringt uns nicht voran.

Um nun langfristig eine Veränderung zu erreichen, muss die Motivation spürbar werden. Wie du bereits gelernt hast, gibt es zwei Motivatoren, die Menschen zum „Handeln“ bewegen und Änderungen in Angriff nehmen lässt: Liebe oder Leid. Aus starker, tiefgehender Liebe ändern Menschen ihre altbewährten, gemütlichen Gewohnheiten. Viele Frauen hören aus Liebe zum eigenen ungeborenen Kind im Bauch auf zu rauchen. Andere kündigen ihren Job, um ihre kranken Eltern zu Hause zu pflegen. Der Großteil der Eltern gibt aufgrund bedingungsloser Liebe zum eigenen Kind fast sämtliche Hobbys auf. Es gibt Menschen, die eine Leidenschaft gefunden haben, die sie so sehr lieben, dass sie ihr gesamtes Leben nur darauf ausrichten. Hier sind oft Musiker oder Sportler zu finden – ob Berufssportler oder leidenschaftlicher Fußballspieler, ob professioneller Hochzeitssänger oder Wochenend-Schlagzeugspieler … Sie haben ein derartig starkes, wunderschönes Gefühl empfunden, welchem sie nach wie vor hinterherjagen. Hier finden wir den Motivator Liebe. Trotzdem sollten wir nicht die Säulen unseres Lebens (siehe Kapitel „Sinnfindung“) vergessen, die uns daran erinnern sollen, nicht unser gesamtes Glück auf einer Säule aufzubauen.

Der andere, oft stärkere Motivator, ist Schmerz und das dazugehörige Leid. Das Leiden kannst du selbst erzeugen. Wenn du aufhören möchtest zu rauchen, dann begebe dich in reale Situationen, die dir dieses wahrhaftige, echte Leid deutlich machen. Sprich mit Menschen, die leiden. Geh in ein Krankenhaus auf die Lungenstation und sieh dir Menschen an, die Lungenprobleme haben. Versuche dich einzufühlen. Sieh es dir genau an, präge dir ihren Zustand ein. Frage, was sie vermissen, was sie anders gemacht hätten. Frage, was ihnen aktuell am meisten Freude bereitet. Finde heraus, aus welchem Grund sie auf dieser Station liegen. War es rauchen? Oder etwas anderes? Verbringe mehreren Minuten mit ihnen oder gar Stunden. Versuche dich in diese Person hineinzuversetzen. Suche dir jemanden, bei dem dir das gut gelingt. Während du mit dieser kranken Person sprichst, stell dir vor, dass du an seiner Stelle sitzt und dir selbst in die Augen siehst. Gib dir selbst den Ratschlag, den dir die Person gegenüber anrät. Das bist du.

Dasselbe kannst du auch mit verbitterten, alten, unglücklichen Menschen machen. Oder suche dir einen ehemaligen Workaholic, der in einer Burn-out-Klinik behandelt wird. Suche dir einen fettleibigen Menschen, um deine Motivation zur Bewegung zu finden. Suche dir das Vorbild, das du brauchst, um die Auswirkung wahrhaftig mit den eigenen Augen zu sehen.

Wärst du nun bereit, etwas zu ändern, um dies nicht zu erleiden? Zu sagen: „Ich könnte Krebs bekommen, ich könnte sterben“ sind rationale oder oft von der Gesellschaft genannte, nachgesprochene Gründe, die dich nicht berühren und keine emotionale Reaktion auslösen, die stark genug ist, um zur Veränderung zu gelangen. Deshalb male dir nicht das „Was-wäre-wenn-Szenario“ aus (siehe „Entkatastrophisierung“), sondern das „Jetzt-ist-es-so-Szenario“. Wenn es keinen Ausweg gibt, verfolgst du auch deinen Weg. Ein Krebskranker wird nicht mehr rauchen, wenn es ihm schlecht geht. Genau, weil es ihm schlecht geht und die Konsequenzen am eigenen Leib spürt.

Jemand, der mit Burn-out diagnostiziert wird, kann nicht mehr arbeiten. Auch er hat seine Last aufgeben müssen. Das Glück dabei ist, dass du noch präventive Maßnahmen treffen kannst.

Wenn wir uns in Gedanken einreden: „Es könnte sein, dass …“, hast du gedanklich schon deine Stellungnahme geäußert. Du glaubst nämlich nicht daran. Keine Überzeugung. Eine Möglichkeit, die dich nicht weiter betrifft. „Es könnte morgen regnen“, „Es könnte morgen die Welt untergehen, wird sie aber nicht“, „Meine Schwester könnte vom Baum runterfallen“ … Wie sehr trifft dich ein derartiger Satz?

Vergleiche dazu Folgendes: „Sie fällt vom Baum! Schnell fang sie“ Bei diesem Ausruf gibt es kein Hilfsverb (kein: sollen, dürfen, können, mögen ...). Der Satz ist in der Gegenwart geschrieben. Es gibt keinen Handlungsspielraum, bei dem Interpretationen möglich sind.

Vergleiche nun folgende Sätze: „Ich könnte sterben“ – „Ich sterbe“. „Ich könnte Krebs bekommen“ – „Ich habe Krebs“. Genau deshalb ist unsere Sprache so wichtig. Unsere Kommunikation mit uns selbst, aber auch unsere laut geäußerten Worte in Gesprächen mit anderen. Auch hier kommen wir wieder zum Dreh- und Angelpunkt „unsere Gedanken“. Unsere automatisierten und nicht hinterfragten Gedanken, die wir hinnehmen, aussprechen und so stehen lassen.

Wir müssen mit Ängsten, Rückschlägen, Selbstzweifel und Verzicht umgehen lernen (siehe Kapitel „Ängste überwinden“, „Rückschläge“) und den Fokus auf das Ziel lenken. Das gibt uns Kraft, Stärke und Ausdauer, um die Zeit zu überstehen. Das Einzige, was du noch für die Erreichung brauchst, ist die Überzeugung von dir selbst und deinen Fähigkeiten. Hierbei sind Glaubenssätze hilfreich, welche wir im Kapitel „Glaubenssätze“ bereits passend zu deinem Ziel formuliert haben. Wie du zu mehr Selbstbewusstsein kommst, damit du überzeugt und sicher deinen weiteren Weg beschreiten kannst, erfährst du in den Abschnitten „Selbstbestimmung“ und „Wer bin ich“.

Ich hoffe, du hast nun ein besseres Verständnis über dich gewonnen und die zwei Motivatoren identifiziert. Warum ist das wichtig? Nun, wenn wir wissen, dass Schmerzvermeidung stärker ist als ein mögliches, positives Gefühl, können wir dieses Wissen nutzen, um Veränderungen zu erreichen. Wenn du dein Ziel klar formuliert hast und die Stolpersteine auf dem Weg dorthin erkennst, ist es wichtig, so viele negative Aspekte wie möglich zu finden, die mit der Nicht-Erreichung einhergehen. Eine Sucht loswerden, das Weglaufen vor Nähe, Rauchen, Faulheit, Hektik … was auch immer dich stört, aufhält, behindert und verändert werden soll – der Weg führt über Schmerz. Sammle schmerzvolle Eindrücke. Wir wollen Schmerzen und Leid vermeiden. Deswegen suchen wir genau leidvolle Aspekte heraus, die uns zum Handeln bewegen. Welche könnten dir begegnen? Welche davon bringen deinen Geist und deinen Körper dazu, zu reagieren und aktiv zu werden?

Was ist die Grundlage für deine Handlungen?

Ich möchte dir in diesem Kapitel noch eine Geschichte zum Thema Motivation mitgeben (siehe auch „Sinnfindung“ – extrinsische und intrinsische Motivation). Diese Geschichte hat meinen Blickwinkel sowie mein Verhalten grundlegend verändert. Ich habe lange darüber nachgedacht, in welchen Lebensbereichen ich mir selbst die Freude genommen habe oder auch andere, sich die Freude nehmen (lassen).

Meine Reise zu mir selbst

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