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23. Februar 1899 – Geburtstag Erich Kästners

Möblierter Herr, c/o Witwe Ratkowski

Man kann auch mächtig Pech haben mit denen, die einem den Nachruhm pflegen wollen. Der Schriftsteller Dr. Emil Erich Kästner hat Nachlässigkeit jedenfalls nicht verdient, war er doch stets einer gewesen, der penibel auf Form und Effekt seiner Arbeit achtete.

Aber dann das: Die Berliner Gedenktafel, die man ihm zu Ehren in der Nähe seiner ehemaligen Wohnung anbrachte, sieht nur auf den ersten Blick ordentlich gearbeitet aus.


Ein bisschen schade um das schöne KPMG-Porzellen ist es schon.

Doch gleich zwei Fehler sind auf ihr eingraviert: Zum einen erschien „Emil und die Detektive“ nicht, wie dort vermerkt, 1928, sondern erst im Jahr darauf. Der Erfolg des Kinderromans war außerdem so groß, dass Kästner sich von den Honoraren eine eigene Wohnung leisten konnte. Und das ist der zweite Fehler auf der Tafel: Nicht erst 1931 fand der Umzug nach Charlottenburg statt, sondern bereits 1929. Warum hätte er auch unkomfortabel noch zwei weitere Jahre als möblierter Herr zubringen sollen? Zumal er zu der Zeit bereits Hausautor am Kabarett der Komiker war. Von seinem neuen Domizil in der Charlottenburger Roscherstraße aus waren es dorthin nur wenige Schritte (heute befindet sich in dem Gebäude von Erich Mendelsohn die Schaubühne am Lehniner Platz). Außerdem traf man Kästner nicht eben selten im Café Leon an, einem renommierten Berliner Tanzlokal im ersten Stock über dem KdK. Hier pflegte er zu arbeiten, was sonst.

Schon kurios ist also die Tatsache, dass Kästner gerade dann seinen Kiez verlässt, als sein großer Kinderroman erscheint, der zu einem wichtigen Teil in eben dieser Umgebung spielt. Der Autor selbst residierte als Untermieter einer gewissen Witwe Ratkowski in der Prager Straße 17. Das Haus steht infolge Kriegseinwirkung schon längst nicht mehr, es soll sich wohl in Höhe der heutigen Nummer 12 befunden haben. Die bewusste, am 5.1.1990 enthüllte Gedenktafel wurde am Haus Prager Straße 6-10 befestigt. An dessen Fassade brachte man außerdem zu Ehren des kleinen Emil und seines großen Schöpfers Emil Erich eine dem Einbandbild Walter Triers nachempfundene Zeichnung an.


Roman und Schauplatz ehren das Andenken des Dichters zu Recht. Aber Erich Kästner wird es nicht gerecht, wenn man sein Werk im Wesentlichen auf den „Emil“, „Das doppelte Lottchen“ oder den „Fabian“ reduziert. Kästners publizistische, politische Arbeiten zeigen einen Intellektuellen im Widerstand. Dies trug ihm wie so vielen anderen Schriftstellern die berufliche Höchststrafe des NS-Regimes ein: Seine Bücher wurden 1933 real-symbolisch verbrannt, er durfte nicht mehr veröffentlichen. Unter Pseudonym konnte er zwar noch einige Aufträge bearbeiten, so verfasste er z.B. die Bücher für Heinz Rühmann-Filme. Doch nachdem Hitler erfuhr, dass es Kästner war, der das Drehbuch zur Verfilmung des „Münchhausen“-Stoffs mit Hans Albers in der Hauptrolle geschrieben hatte, bekam er totales Schreibverbot.

Das Kriegsende erlebte Kästner in Österreich. Er galt als nicht korrumpierter Autor und war deshalb in der Bundesrepublik schnell wieder erfolgreich. Er ließ sich in München nieder und zehrte von aktuellen und früheren Erfolgen. Emil Erich Kästner starb im Juli 1974.



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