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23. März – Weltwettertag

Gegen Abend Bevölkerungsverdichtung

Da geht es wohl fast jedem so: Wenn er oder sie „Wetter“ hört, da denken beide doch an diese grundsympathische Kleinstadt in Westfalen (an die Wetterau ja sicher kaum). Auch wenn das Gerücht nicht auszurotten ist, sei noch einmal versichert: Wenn Sie hier den Deutschen Wetterdienst anzutreffen erwarten, werden Sie enttäuscht. Er ist viel eher ein Essen-Dienst. Dort jedenfalls ist die nächstgelegene Niederlassung, ein paar Kilometer Ruhr abwärts.

Die Stadt im Herzen der Metropole Ruhr (steht da so wirklich) hat sich jedenfalls und immerhin eine ansprechende Web-Präsenz gegönnt. Da gibt es Rubriken, die kein Thema aussparen: Service in Wetter, Freizeit in Wetter, Bauen in Wetter, Wirtschaft in Wetter – nur eines gibt es nicht: Wetter in Wetter. Unter uns: Da verpassen Sie nichts. Der

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Mit den Namen Unwetter, Extremwetterereignis oder Wetteranomalie wollte sich bis zum heutigen Tag noch keine deutsche Gemeindeneugründung schmücken.

Nun kommt beim Thema Wetter, dem unstreitig wichtigsten überhaupt, stets etwas zu kurz, was gerade hier im Ruhrgebiet – im Kohlenpott, wie immer noch unschön gesagt wird – eine herausragende Bedeutung hatte. Im Zentrum des deutschen Steinkohlebergbaus war das Wetter unter Tage oft von sozusagen lebenswichtigerer Bedeutung als das über der Erde, welches man bis in die Siebziger Jahre hinein ohnehin nicht wirklich wahrnehmen konnte, zu undurchdringlich waren die Abgasschwaden, die die Kohle verarbeitende Industrie und ihre Nebengewerke freisetzten.

„Dein Grubengold hat uns wieder hochgeholt“ (Grönemeyer). Allein: Wie konnte das gelingen? Damit man auf Sohle sieben überhaupt schnaufen konnte, musste man akzeptable Bedingungen schaffen, es bedurfte der „Bewetterung“ der Grube. Luft war das wichtigste, was der Steiger und seine Gefolgsleute brauchten, und wie sie erzeugt und hunderte Meter unter der Erde bewegt werden konnte, dazu entwickelte man über die mehr als hundert Jahre Steinkohlebergbau technische Verfahren, die stets frische Luft garantieren sollten.

Aus dem Bergbau stammt auch der Erste Fundamentalsatz der Meteorologie, wie er heute noch über alle wissenschaftlichen Differenzen hinweg Geltung beansprucht: „Der Bergmann unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Arten von Wettern: gute Wetter und schlechte Wetter.“ (Wikipedia) Alle Wetter auch! Die Wissenschaft hat festgestellt. Klar ist, was als positiv gilt; zu erklären sind hingegen böse Wetter und gar schlagende Wetter. Bei ersteren ist die Beimischung von Kohlenmonoxid, Schwefelwasserstoff oder Stickoxiden gefährlich hoch. Darin kann man nicht arbeiten. Ein schwer schuftender Bergmann aber benötigt allein 707 Liter Luft pro Stunde (inkl. Geleucht). Zuzüglich weiterer Risiken bei der Arbeit unter Tage müssen heutzutage aus Sicherheitsgründen mehr als zehn Kubikmeter Luft pro Mann und Minute in die Grube gepresst werden. Ein ungeheurer Aufwand, wie sich ermessen lässt.

Zu vielen tragischen Unglücken aber hat die zweite Variante schlechter Wetter geführt: Dabei geht es um ein explosives Gemisch von Luft und brennbaren Gasen, meistens Methan. Diese so genannten schlagenden Wetter können in eine Schlagwetterexplosion münden, wenn dadurch loser Kohlenstaub aufgewirbelt und gezündet wird und eine Kohlenstaubexplosion die Folge ist. Schon die kann für Bergleute tödlich sein, hinzu kommt aber noch der dadurch bedingte rasche Verbrauch des Luftsauerstoffs und die mit Kohlenmonoxid angereicherte Luft, als deren Folge der Erstickungstod droht. Das Risiko gingen diese Menschen immer ein, wenn sie in die Grube fuhren und im ungünstigten Fall auch in die andere Grube fuhren – und daraus resultiert ihr Heldenstatus im Revier an der Ruhr.

Und da reden wir immer nur von Wetter, Wetter, Wetter. Außer die Bundesbahn, natürlich.


„Non, je ne suis pas un grenouille météo, mais le roi de Wettèr. “

Jahrestage-Buch

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