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a. Sprache

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Ein nationales Wir-Bewusstsein bildete sich in vielen Fällen um sprachliche Gemeinsamkeiten herum. Die Sprache grenzte soziale Großgruppen nicht nur nach außen ab. Sie wurde gezielt als Instrument zur Erziehung und Formung von kollektivem Bewusstsein im Innern genutzt. Die Sprache markierte in Mischregionen wie dem Elsass, in Oberschlesien, in Böhmen, in der Slowakei, in Südtirol oder auf dem Balkan die Unterschiede zwischen den Nationalitäten. Anders als in den älteren Staaten Westeuropas war hier jedoch die Mehrsprachigkeit verbreitet: Die Umgangssprache war eine andere als die Schulsprache, die Kirchensprache eine andere als die Familiensprache oder die Behördensprache. Die Sprachenpolitik der Regierungen, besonders in Wien, war an einem modus vivendi interessiert, der die übernationalen Reichsstrukturen nicht gefährdete. Dagegen arbeiteten die Nationalbewegungen auf die Identifikation ihrer Völker mit einer einzigen Sprache hin. Ihre Zielvorstellung war die Identität von Nationalstaat und Sprache: „cuius regio, eius lingua.“

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein konnte von einer Identität von Nation und Sprache nicht die Rede sein. In Frankreich sprach zum Zeitpunkt der Französischen Revolution nur etwa jeder achte Franzose „richtig“ Französisch, 50 Prozent der Franzosen sprachen es überhaupt nicht, vor allem nicht in Nord- und Südfrankreich. Nur in 15 von 83 Departements war es die überwiegende Sprache. Der Abbé Henri Grégoire (1750–1831) zählte 30 lokale Dialekte. Bis zum Vordringen der republikanischen Volksschule in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war im Süden das alte „Patois“ verbreitet. Das Französische durfte damit für die Mehrheit der Franzosen als Fremdsprache gelten, die nur von der Ober- und Mittelschicht in den Städten beherrscht wurde. Ähnlich lagen die Dinge in Italien. Italienisch sprach in Italien am Ende des 18. Jahrhunderts nur eine kleine Minderheit. Der italienische Dichter Gian Francesco Galeani Napione (1748–1830) forderte seine Landsleute 1792 zum Gebrauch des Italienischen auf, um sich so der französischen Besatzer zu erwehren. Noch 1860 sprachen nur 2, 5 Prozent – nach anderen Berechnungen 9,5 Prozent – der Bevölkerung Italienisch im Alltag, ca. 650.000 Menschen. Sprachen signalisierten zumeist mehr als Nationalitäten, vor allem soziale Zugehörigkeit. Im Baltikum standen sie für den sozialen Unterschied zwischen Stadt (deutsch) und Land. Einer deutschen, polnischen oder magyarischen Oberschicht standen vor Ort oftmals eine tschechische, baltische, litauische, rumänische oder slowakische Unterschicht gegenüber. Von einer nationalen Vereinheitlichung der Sprachen konnte daher lange Zeit keine Rede sein.

Sprache und Identität

Dass die Sprache eine so herausgehobene Bedeutung im Nationalismus des 19. Jahrhunderts gewinnen konnte, hatte mit der vorangehenden generellen Aufwertung der Sprache für individuelle und kollektive Identitäten zu tun. Völker lebten in ihrer Sprache, wie es der ungarische Graf István Széchenyi (1791–1860) ausdrückte. Johann Gottfried Herder (1744–1803), Johann Georg Hamann (1730–1788) und die romantische Sprachphilosophie erhoben die Sprache zu einer geistigen Macht. Für Herder war die Sprache das eigentlich entscheidende Merkmal bei der Ausdifferenzierung der Menschen zu Nationen und Völkern. Die nationale Gemeinschaft durch die Sprache war ein Echo der biblischen Vergemeinschaftung des Volkes Israel durch die Wortoffenbarung. Historisch wurde für ihn das „Publicum der Hebräer“ durch die Schriftreligion zum ersten „Nationalpublikum“, mithin zum Vorbild für andere nationale Vergemeinschaftungen.

Nationalbewegungen und Nationalismus in Europa

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