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Benedict Anderson: Imagined Community

Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines erfolgreichen Konzeptes, Frankfurt a.M. 51993, S.15–17.

Für den britisch-nordamerikanischen Politikwissenschaftler Benedict Anderson ist die Nation „eine vorgestellte politische Gemeinschaft – vorgestellt als begrenzt und souverän. Vorgestellt ist sie deswegen, weil die Mitglieder selbst der kleinsten Nation die meisten anderen niemals kennen, ihnen begegnen oder auch nur von ihnen hören werden, aber im Kopf eines jeden die Vorstellung ihrer Gemeinschaft existiert. […] Die Nation wird als begrenzt vorgestellt, weil selbst die größte von ihnen mit vielleicht einer Milliarde Menschen in genau bestimmten, wenn auch variablen Grenzen lebt, jenseits derer andere Nationen leben. […] Die Nation wird als souverän vorgestellt, weil ihr Begriff in einer Zeit geboren wurde, als Aufklärung und Revolution die Legitimität der als von Gottes Gnaden gedachten hierarchisch-dynastischen Reiche zerstörten. […] Schließlich wird die Nation als eine Gemeinschaft vorgestellt, weil sie, unabhängig von realer Ungleichheit und Ausbeutung, als kameradschaftlicher Verbund von Gleichen verstanden wird.“

„Imagined communities“ (Benedict Anderson)

Die Nationalismusforschung spitzte den konstruktiven Charakter der Nation in zwei Schlagwörtern zu: dies waren die imagined community (Benedict Anderson) und die invented tradition (Eric Hobsbawm). Der Politikwissenschaftler Benedict Anderson erblickt den Kern des konstruktiven Charakters der Nation in der imagination. Die Nation muss durch Bilder und Texte vorgestellt werden, um Handlungen auszulösen wie diejenige, für seine Nation das Leben hinzugeben. Durch Imagination entsteht Gemeinschaft. Dies erklärt die hohe Bedeutung von Printmedien und Literatur für das Zustandekommen von nationalem Wir-Bewusstsein. Aber auch in der Statistik, durch Karten und in Museen wurde Gemeinschaft vorgestellt und hergestellt, wie er dann in der zweiten Auflage seines Buches hinzufügte. Studien zur Buchproduktion, zur frühmodernen und kolonialen Kartographie wie auch zur Entstehung einer nationalen Museumslandschaft und ihrer Kanonbildung verdeutlichten den Vorgang der nationalen Imagination bis ins Detail.

„Invention of tradition“ (Eric Hobsbawm)

Der britische Historiker Eric Hobsbawm band die Nation an die Konstruktion von historischen Traditionsbeständen, die als Fokus von Gemeinschaftsbildung wirkten. Der Zusammenhang von Tradition und Nation wurde nun historisiert. Die Konstruktion von nationaler Gemeinschaft bedeutete „Arbeit am nationalen Gedächtnis“ (Aleida Assmann). Erinnerung, Gedächtnis und Traditionsbildung rückten zu zentralen Untersuchungsfeldern der Forschung auf. Der Zentralbegriff der invention of tradition bedeutete für Hobsbawm sowohl das Erfinden neuer Traditionen als auch das Entdecken und Wiederbeleben alter Traditionen. Die deutsche Rezeption verkürzte die invention dagegen auf die bewusste Erfindung und Fabrikation von Traditionen. Hobsbawm unterstrich hingegen die eigenständige, nicht instrumentelle Bedeutung von Geschichtsbildern, Geschichtskonstruktionen und Traditionen für die nationale Identität.

Nationalbewegungen und Nationalismus in Europa

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