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Aeia - Tiefgarage
ОглавлениеTrotz Lichtermeer bin ich ein einziges Nervenbündel. Ich muss mich durch verlassene Korridore bewegen. Schatten, beängstigende Stille und meine eigene Fantasie überstehen. Aber es kommt noch schlimmer. Die letzten zwei Etagen muss ich mit dem Fahrstuhl nach unten fahren. Am liebsten würde ich den Notausschalter drücken und Levi anrufen, damit er kommt und mich abholt.
Stattdessen lehne ich mit dem Rücken an der kalten Metallkabine und lausche nervös dem Kurbeln und Zischen der Mechanik.
Der Fahrstuhl bremst langsam ab.
Kommt zum Stehen.
Es fühlt sich an, als würde ich schweben. Ich hoffe, Eve hat auch das Licht in der Tiefgarage angeschaltet.
Die Fahrstuhltüren öffnen sich.
Gott.
Mir rutscht das Herz in die Hose.
Ich bin hier unten nicht allein.
Ich kann mich nicht davon abhalten, vor Schreck zu kreischen.
Will mit der Fahrstuhlkabine verschmelzen. Unsichtbar sein.
Vigor steht vor mir. Ich sehe ihn voller Entsetzen an und schreie so laut ich kann.
Er macht einen Schritt und ist direkt vor mir. Ich schreie immer noch. Vigor drückt meinen verängstigten, hilflosen Körper gegen das Metall und legt seine riesige Hand auf meine Lippen, bis ich verstumme. Er ist so groß, so kräftig und ich habe nicht die geringste Chance. Ich wimmere und Tränen laufen sofort in Strömen aus meinen Augen.
»Scht«, zischt er. »Halt die Klappe oder ich dreh dir den Hals um! Verstanden?«
Ich weine. Was für ein Alptraum.
Er sieht böse aus.
Presst meinen Mund zu. Hält mich fest.
Und ich?
Ich?
Ich spüre instinktiv, dass er nicht die Wahrheit sagt. Er würde mir niemals etwas antun. Ganz im Gegenteil.
»Ich nehme jetzt meine Hand weg und wehe du schreist wieder.« Ich nicke, so gut es geht, und dann nimmt er seine Hand tatsächlich weg. Ich schnappe nach Luft und sehe zu ihm hoch. Er sieht immer noch verdammt sauer aus.
»Verdammt, warum schreist du denn so?«, fragt er.
»Ich suche mein Auto«, sage ich leise, weinerlich, um ihm keinen Grund zu geben, mir wieder die Hand auf meinen Mund zu pressen. Ich wische mir mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht.
Er trägt andere Klamotten als heute Mittag. Freizeitkleidung. Und ein kleiner schwarzer Rucksack hängt über seiner breiten Schulter. Er hört sich netter an, als er aussieht. Trotzdem! Er macht mir Angst. Ich kann den Moment, als ich zu Meusburger ins Büro lief und er mir auf den Hintern guckte, nicht aus meinen Kopf verbannen.
»Du zitterst wie Espenlaub«, stellt er fest und macht einen Schritt von mir weg. Das stimmt. Ich wische wieder alle Tränen fort und brauche alle Willenskraft, um nicht gleich wieder loszuheulen.
»Hast du etwa Angst vor mir?« Ich verbiete es mir zu nicken und schlucke stattdessen die Dornen, die in meinem Hals stecken, hinunter.
»Du hast mich erschreckt. Ich bin sehr schreckhaft.«
»Ich habe lediglich auf den Fahrstuhl gewartet und als er aufging, hast du mich angeschrien«, sagt er ruhig.
»Was machst du hier unten um diese Zeit?«
»Was ich um diese Zeit hier mache? Tja, ich wohne hier.«
»In der Tiefgarage?«, flüstere ich.
»Natürlich nicht. Ich wohne im Institut.« So wie Malleki, kombiniere ich.
»Schon lange?«
»Wird das jetzt ein Verhör?«
»Nein, sorry. Ich brauche nur Informationen, um mich zu beruhigen.«
Wir stehen uns gegenüber - ich mit dem Rücken an der Fahrstuhlkabine. Er versperrt mir mit seinem Körper den Ausgang. Wir sehen uns ein paar Sekunden wortlos an.
»Darf ich gehen?«, frage ich leise.
Vigor kommt zurück zu mir in die Kabine. Seine unmittelbare Nähe lässt mich frösteln. Der Ausgang ist jetzt frei. Ich taste mich mit so viel Abstand wie nur möglich an ihm vorbei. Bin draußen aus der Kabine.
Die Fahrstuhltüren schließen sich, der Metallsarg steigt mit Vigor auf. Ich fasse mir an die Brust, befehle meinem kleinen verrückten Herz, sich bitte wieder zu beruhigen. Ich zittere immer noch und das Adrenalin in meinem Körper peitscht die zig Milliarden Zellen wie eine Droge auf.
Ich will nur noch schnell den Wagen finden und zu Levi nach Hause fahren. Nur weg von hier. Das war mehr als genug Aufregung für den ersten Arbeitstag.
Ich laufe durch die Parkplatzreihen und bin sprachlos. Ich erblicke reihenweise Porsche. Schwarze, rote, weiße. Einer schöner als der andere. Meine Turnschuhe quietschen auf dem glattpolierten Betonboten. Hier müsste es sein, vermute ich, umrunde einen gewaltigen Betonpfeiler.
Und...
Da steht ein samtroter 911er Turbo.
Das muss ein Irrtum sein. Eve kann sich doch unmöglich täuschen. Oder vielleicht doch?
Ich krame den kleinen, schwarzen Schlüssel aus meiner Handtasche und intuitiv drücke ich meinen Daumen auf die Oberfläche.
Warum soll es hier anders sein, als bei den Türen? Und prompt leuchten die Blinker links und rechts zweimal auf und es macht klick klack. Er öffnet sich für mich und es steht außer Zweifel, dass es meiner ist. Wie verrückt ist das denn?