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Aeia - Blut
ОглавлениеDas Papier ist grau, faserig und alt wie Pergament.
Das Blut ist meins.
Ich sehe es noch in jeder Einzelheit vor mir, wie der rote Saft begierig von dem Vertrag aufgesaugt wurde. So als hätte er schon lange nur auf diesen einen Moment gewartet, so als hätte er nach meinem Blut gedürstet.
Ich lege das Marmeladenbrot aus der Hand, halte den Vertrag zwischen meinen Fingern. Ihn mit einem Tropfen meines Blutes und dem Abdruck meines rechten Daumens zu besiegeln, sollte mich vielleicht misstrauisch stimmen. Andererseits hat es auch etwas Spannendes an sich. Etwas Geheimnisumwobenes umgibt das TREECSS-Institut. Ein Blick auf die Küchenuhr drängt mich zur Eile. Ich gehe ans Fenster und rufe wie jeden Morgen nach meiner Katze Inka, die heute noch nicht zum Fressen erschienen ist. Vergebens. Sie kommt nicht.
Ich stelle ihr eine Tagesration Trockenfutter vor die Wohnungstür und ein paar Minuten später habe ich unsere kleine Studentenwohnung verlassen und steuere auf meinen Käfer zu, den ich in der Straße parallel zum Colombipark abgestellt habe.
Ich bin gerade im Begriff einzusteigen, als mich etwas Kleines, Schwarzes, Miauendes davon abhält. Inka kommt klagend und erzählend aus der Hecke, die die Straße vom dahinterliegenden Park abtrennt. Sie miaut wie eine Katze, die einen guten Fang gemacht hat. Einen Vogel oder vielleicht auch eine Maus.
Oh nein. Ich bringe es nicht übers Herz. Falls das kleine Ding noch leben sollte, muss ich ihm helfen. Ich beuge mich zu Inka hinunter, in der Hoffnung, nichts Totes zwischen ihren Fängen zu entdecken.
»Na, was hast du denn da?«, frage ich meine kleine Heulsuse, die sich nun schnurrend um mein Bein herumwickelt. Ich sehe, was sie stolz zwischen den Zähnen herumträgt. Sehe weder Fell noch Federn, nur Blut und Fleisch. Bevor mir das Frühstück hochkommt, wende ich mich ab. Da gibt es nichts mehr zu retten.
Plötzlich lässt Inka ihren Fang fallen und als ich begreife, was es ist, was da zu meinen Füßen liegt, wird mir doch übel. Ich stupse das Ding mit meinem Fuß an und verfolge geschockt, wie ein abgetrennter Daumen ein Stück wegrollt.
Irritiert stehe ich da und beobachte meine Katze, wie sie ihn ableckt.
»Igitt, Inka. Lass das!«
Ich bewege mich wieder, wende mich von Inka ab, hin zu dem Gebüsch, aus dem sie zuvor gekrochen ist. Langsam schiebe ich die Äste auseinander. Ich versuche, auf alles gefasst zu sein. Auf einen betrunkenen Obdachlosen vielleicht, der es nicht mitbekommt, wenn ihm meine Katze einen Finger abbeißt. Macht Inka so etwas überhaupt? Sind Katzen eigentlich zu so etwas fähig?
Ich werde brutal mit der Realität konfrontiert. Mir bleibt das Herz stehen, als etwas überraschend Schweres auf meine Hand rutscht. Etwas Grauen erregendes hat sich in den Ästen verheddert. Es ist die Hand zum fehlenden Daumen. Ich kreische, springe zurück. Taumle, bis ich mit dem Rücken am Auto stehe. Ein älterer Mann kommt vorbei. Sein Hund, den er Gassi führt, verjagt Inka und er fragt mich, ob er mir helfen könne, ob mit mir alles in Ordnung sei. Es vergehen nur Sekunden und ich benötige nicht einmal Worte, damit er begreift.