Читать книгу Goschamarie Bauernsterben - Stefan Mitrenga - Страница 11

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Walter stand vor Liesls Kühlschrank und räumte hektisch den Einkauf ein. Es war bereits kurz nach drei Uhr und Liesl konnte jeden Moment ankommen. Es hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt, bis der Abschleppwagen vom ADAC gekommen war. Der Fahrer hatte Walters Peugeot recht unsanft aufgeladen. Die Bitte, etwas vorsichtiger mit dem 205er umzugehen, hatte er mit einem verständnislosen Kopfschütteln zur Kenntnis genommen. Dann waren sie zu Faxes Garage gefahren und hatten den Peugeot etwas abseits abgeladen. Daneben hatte der ADAC-Mann einen hübschen Haufen mit den abgefallenen Autoteilen aufgestapelt. Der Anblick hatte Walter die Tränen in die Augen getrieben. Faxe, der an diesem Samstag ein Yoga-Seminar in Roggenbeuren besuchte, hatte ihm am Telefon versprochen, so bald wie möglich einen Blick auf den Peugeot zu werfen. Walter kannte sich nicht mit Autos aus, aber er befürchtete das Schlimmste.

Eglon strich um Walters Füße und miaute süß, lieb und hungrig, bis Walter ihm ein Futterbeutelchen in seinen Napf drückte.

„Eine Diät würde dir auch nicht schaden“, brummelte Walter und streichelte dem dicken roten Kater den Kopf.

„Noch ein Wort und du blutest“, zischte Eglon, was Walter natürlich nicht verstand. Balu, den Walter im Garten gelassen hatte, bellte zweimal. Das eindeutige Zeichen für Besuch. Er ging zur Eingangstür und öffnete sie in dem Moment, in dem Liesl mit ihrem Toyota vor der Garage zum Stehen kam. Walter ging auf das Auto zu und versuchte, sich seine Aufregung nicht anmerken zu lassen. „Herzlich willkommen zu Hause“, begrüßte er sie, als Liesl die Fahrertür öffnete. Sie stieg aus und umarmte Walter herzlich. „Es ist schön, wieder hier zu sein“, seufzte sie müde, „aber diese Hitze macht einen ja fertig. Da war es im Auto, dank Klimaanlage, wirklich angenehmer.“ Ihre Umarmung löste sich und Walter spürte wie kühl Liesls Haut war, als er sie flüchtig am Arm berührte. „Funktionieren diese Klimaanlagen wirklich so gut? Dann brauchen sie aber sicher wahnsinnig viel Energie?“, mutmaßte Walter. Doch Liesl widersprach. „Gar nicht mehr. Da hat sich viel getan in den letzten Jahren. Bei meinem Toyota brauche ich nicht mal einen halben Liter Benzin mehr auf hundert Kilometer, wenn die Klimaanlage auf Vollgas läuft. Aber was reden wir über sowas? Lass uns reingehen. Wehe, du hast kein Bier kalt gestellt.“

Walter trug Liesls Koffer ins Haus, während diese im Schlafzimmer verschwand und kurze Zeit später in kurzen Hosen und einem frischen T-Shirt wieder auftauchte.

„Gehen wir zu mir rüber“, sagte Walter. „Meine Terrasse hat schon Schatten, außerdem liegt das Bier bei mir Kühlschrank.“

Sie machten es sich mit dem eiskalten Bier auf Walters Gartenstühlen bequem.

„Jetzt erzähl mal“, begann Walter. „Wie war die Woche?“

„Begonnen hat es katastrophal. Kurz vor Frankfurt hatte ich tatsächlich einen Platten und brauchte den Pannendienst. Dann hat es ewig gedauert, bis der neue Reifen drauf war, also kam ich viel zu spät im Hotel an. Die hatten dann die Küche schon zu und ich musste mich von den Erdnüssen in der Minibar ernähren. Erst am nächsten Morgen hab ich dann gemerkt, dass mein Handy leer war und ich hatte auch noch das Ladekabel vergessen. Ich sag es dir Walter: ich war sooooo wütend.“

Walter musste schmunzeln. Deshalb hatte sie sich nicht gemeldet. All seine Bedenken waren umsonst gewesen.

„Und mit deinen Freundinnen war es nett?“, fragte er und holte ein neues Bier aus dem Kühlschrank, da er die erste Flasche schon leer hatte. Er war mittlerweile auf die kleinen 0,33 Liter-Flaschen umgestiegen. Das hatte den Vorteil, dass das Bier leer war, bevor es warm wurde.

„Natürlich. Wir hatten unseren Spaß. Wer uns beobachtet hat, hatte sicher den Eindruck, wir sind nicht ganz dicht, aber das hat uns noch nie gestört.“ Auch Liesl holte sich eine zweite Flasche, obwohl sie den Alkohol bereits spürte. „Aber erzähl mal, Walter. Gibt’s hier was Neues? Ein neuer Mord vielleicht?“

„Oh Gott, nein“, hustete Walter, der sich an seinem Bier verschluckt hatte. „Alle sind wohlauf. Ach ja … bis auf meinen Wagen.“ Walter hatte seine Stimme gesenkt und blickte betrübt zu Boden.

„Dein schöner 205er?“ Liesl konnte es nicht fassen. „Was ist denn passiert? Ein Unfall?“

Walter erzählte ihr die ganze Geschichte und Liesl hörte aufmerksam zu. Sie wusste, wie sehr er an dem Fahrzeug hing, das ihm so viele Jahre treue Dienste geleistet hatte.

„Hat Faxe sich denn schon bei dir gemeldet?“

Walter schüttelte den Kopf und blickte betroffen auf sein Bier.

„Da würde ich doch erst mal abwarten“, frohlockte Liesl, „vielleicht ist ja alles halb so schlimm!“

Walter konnte ihren Optimismus zwar nicht teilen, doch die positive Energie tat ihm gut und er rang sich sogar ein Lächeln ab.

„Du hast natürlich Recht. Und selbst im schlimmsten Fall geht die Welt nicht unter. Ich wusste immer, dass ich mir irgendwann mal wieder ein neues Auto kaufen muss. Vielleicht ist der Tag ja gekommen.“

„Weißt du was, Walter? Als kleinen Trost lade ich dich zum Essen ein.“

Walter war überrascht. „Okay. Wann soll ich rüber kommen?“

„Ach was“, winkte Liesl ab, „ich stelle mich nach der langen Autofahrt doch nicht an den Herd. Wir gehen zur Goschamarie. Ich muss vorher aber noch dringend unter die Dusche. Ich hol dich um sechs Uhr ab.“

Noch ehe Walter etwas erwidern, konnte leerte Liesl ihr Bier, stellte die Flasche beiseite und drückte ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange.

„Bis später“, rief sie über die Schulter, dann verschwand sie in ihrem Haus.

„Sie hat ihm gefehlt“, stellte Kitty fest, die mit Balu im Schatten lag. „Ja, sie tut ihm einfach gut“, bestätigte der Wolfsspitz. „Wegen so was hätte Walter sich früher wochenlang aufgeregt. Sein Blutdruck wäre so in die Höhe geschnellt, dass ihn jeder Arzt sofort eingewiesen hätte. Aber seit Liesl da ist, beruhigt er sich schnell wieder. Die beiden reden kurz drüber, sie spendiert eine Portion Optimismus und alles ist gut.“

Goschamarie Bauernsterben

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