Читать книгу Klausurenkurs im Öffentlichen Wirtschaftsrecht - Stefan Storr - Страница 105
c) Eingriff und Rechtfertigung
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Zunächst ist der Eingriff näher zu prüfen. Da offensichtlich keine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung vorliegt, ist zu fragen, ob es sich um eine Maßnahme gleicher Wirkung handelt. Eine solche liegt nach der Dassonville-Formel vor, wenn die Maßnahme den innereuropäischen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell behindert[66]. Dies ist zu bejahen, da die Werbebotschaft der IHK Pfalz die Verbraucher veranlassen könnte, regionale Produkte anstatt einer importierten Ware zu kaufen[67]. Dabei kommt es für die ursprünglich auf „Handelsregelungen“ bezogene Dassonville-Formel nicht auf den Regelungscharakter, sondern alleine auf die Wirkung der Maßnahme an. Allenfalls könnte eine Anwendung des Art. 34 AEUV aufgrund der Grundsätze der Keck-Rechtsprechung[68] ausscheiden. Dies setzte aber schon voraus, dass es sich um eine unterschiedslos geltende Maßnahme handelt. Da die Kampagne alleine die typisch regionalen Produkte stärken soll und somit explizit an die Herkunft der Ware anknüpft, eine Begünstigungswirkung auch für importierte Produkte damit von vorneherein ausscheidet, liegt folglich eine formal diskriminierende Maßnahme vor. Die Keck-Rechtsprechung kommt somit nicht zur Anwendung.
Der festgestellte Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit könnte jedoch gerechtfertigt sein. Aufgrund des diskriminierenden Charakters der Maßnahme scheidet jedoch eine Rechtfertigung nach der Cassis-Formel[69] aus, sodass einzig die geschriebenen Rechtfertigungsgründe des Art. 36 AEUV die Maßnahme legitimieren können.
In Betracht kommt hier zunächst der Rechtfertigungsgrund des Gesundheitsschutzes. Die Werbung für Regionalprodukte könnte das Ziel verfolgen, die Verbraucher zum Verzehr frischer und werthaltiger Kost zu bewegen. Ein solch allgemeiner Qualitätsschutz fällt allerdings nicht unter Art. 36 S. 1 AEUV, da er nicht primär im Interesse des Schutzes der Gesundheit erfolgt[70]. Zudem ist vorliegend die Kampagne nicht auf Lebensmittel beschränkt, sodass auch deshalb der Bezug zum Gesundheitsschutz nicht intensiv genug ist. Weiter könnte als Rechtfertigungsgrund der Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums eingreifen. Der EuGH erkennt in ständiger Rechtsprechung an, dass geschützte geografische Herkunftsangaben unter bestimmten Voraussetzungen hierunter subsumiert werden können. Allerdings werden hier gerade keine solchen geschützt, so dass es auch nicht darauf ankäme inwieweit ein solcher zusätzlicher Schutz neben dem unionsrechtlichen Regime überhaupt zulässig wäre (s. ausführlicher dazu Fall 6). Nach alledem kommt eine Rechtfertigung der Maßnahme nicht in Betracht. Der Aufruf „Buy Pälzisch!“ verstößt gegen die Warenverkehrsfreiheit aus Art. 28 AEUV. Daraus folgt ein Unterlassungsanspruch der L.