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Sie hatte das grüne Kostüm angezogen, nicht etwa weil es ihr gut stand, sondern weil es teuer war. Sie wollte nicht so aussehen, als hätte sie es nötig, um ein Engagement zu betteln. Aber natürlich war es so. Nur ging es nicht um Geld.

Zu klein durfte die Rolle nicht sein, denn das hätte einen klaren Abstieg bedeutet. Wer einmal Julia und Luise Miller gewesen war, der schlüpfte nicht so einfach in das Kostüm von Dienstmädchen Nummer zwei. Und wer behauptete, es gebe keine kleinen Rollen, der hatte noch nie versucht, seinem Dasein als Mutter zu entfliehen unter dem Hinweis auf die unabdingbare Anwesenheit seiner selbst bei den Proben eines Tschechow-Stücks. Auf das Dienstmädchen Nummer zwei konnte man bei Proben ohne Weiteres verzichten, auf die weibliche Hauptrolle schon viel weniger. Und er würde sie nur gehen lassen, wenn die Rolle wichtig war. Wenn überhaupt.

Die Handschuhe störten sie. Das Kind hatte sie vollgeschmiert mit ihre ewigen Rotznase und nun sahen sie nicht mehr blütenrein aus. Außerdem klebte der Dreck Favoritens an ihnen. Sie hätte das Kind doch bei der Haushälterin lassen sollen. Aber dann wäre es nicht mehr möglich gewesen zu verschweigen, was sie zu tun beabsichtigte, und wenn es ein Misserfolg wurde, dann wäre auch dieser bald herausgekommen und das hätte das Ende aller Ambitionen bedeutet. Er durfte nicht wissen, was sie tat, mit wem sie sich traf, wohin sie wollte und was sie plante. Nicht bevor sie eine Zusage in der Tasche hatte.

Sie sah erneut auf ihre dreckigen Handschuhe, drehte sie hin und her, zog sie schließlich aus und stopfte sie in ihre Handtasche. Noch drei Straßenbahnstationen, dann war sie da. Tief Luft holen, Johanna. Es wird schon alles gut gehen. Es musste einfach gut gehen. Und wieso auch nicht? Das konnte sie doch, andere überzeugen. Das war schließlich ihr Beruf. Vielleicht war sie keine selbstbewusste Theaterdiva, die sich ein neues Engagement erkämpfte, aber sie konnte eine spielen. Brust raus, Luft holen, aussteigen. Sie war da.

Die letzten Monate hatte sich alles nur um das Kind gedreht. Und nun sollte es sich einzig und allein um sie drehen. Es war ihr Augenblick, ihr Auftritt, und den wollte sie genießen. Er würde nicht lange dauern und dann ging es zurück nach Döbling in die Villa, heim zu Mann und Kind und Gummibaum und zu einem Leben, das sie freiwillig gewählt hatte und dennoch nicht wollte.

Johanna spielt das Leben

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