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7. KAPITEL

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Verlogenes Pack

Knirschend fuhr der Spaten in die Erde. Einmal und noch einmal.

Obwohl es all seine Kraft erforderte, das Grab auszuheben, ging Adam Adaj die Arbeit leicht von der Hand. Dasselbe, was auch schon sein Vater und sein Großvater getan hatten. Friedhofsgärtner, das lag bei ihnen in der Familie.

„Ich verstehe die Toten und die Toten verstehen mich“, sagte Adaj immer, wenn ihn jemand danach fragte, ob ihm die Arbeit denn wirklich Spaß mache. Warum sollte sie ihm keinen Spaß machen? Er war gerne draußen und er mochte es, sich zu bewegen. Mehr brauchte es für ihn nicht.

Er setzte den Spaten ab, als er bemerkte, dass er nicht mehr alleine war.

„Ist es nicht wunderbar friedlich hier draußen?“, sagte der Besucher und sah sich für einen Moment zwischen den einzelnen Gräbern um. Dann legte er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Friedhofsgärtner. „Hast du dich inzwischen entschieden?“

„Verlogenes Pack.“ Adaj spuckte aus. „Einmal Mörder, immer Mörder. Verschwinde. Ich lass mich nicht mehr erpressen.“

„Niemand will dich erpressen, Adam. Du sollst dir nur über die Bedeutung deines Handelns im Klaren sein.“

Adaj kletterte aus dem Grab und baute sich vor der Gestalt auf. „Und was … willst du machen, wenn ich den Mund nicht länger halte, hm?“

Die Gestalt zog ein langes Messer unter dem Mantel hervor. Die Spitze zeigte gefährlich in seine Richtung. „Du weißt genau, was dann passiert.“

Wilhelm Raddatz, der Bürgermeister von Wittenrode, starrte zur gleichen Zeit auf einen Zettel, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Dabei drückte er sich ein weißes Stofftaschentuch wie eine Kompresse gegen die Stirn und tupfte sich damit die Schweißtropfen ab. Keine fünf Sekunden später griff er nach einem Glas mit Pflaumenschnaps und schleuderte es quer durch den Raum. Befriedigt stellte er fest, dass es genau in der Mitte der Tür landete.

Ich treffe immer. Und warum treffe ich immer? Weil ich zielgenau handele. Deshalb treffe ich auch immer die richtigen Entscheidungen. Und weil ich immer die richtigen Entscheidungen treffe, habe ich es bis dahin gebracht, wo ich heute bin. Ich habe ein großes Haus mit einem großen Garten und ich bin der Bürgermeister.

Raddatz lehnte sich in seinen Sessel zurück, zündete sich seine Pfeife an und legte die Füße auf den Tisch.

Vielleicht bin ich primitiv. Na und? Immerhin habe ich stets bekommen was ich will. Nur die Stärksten überleben, so ist es immer gewesen.

Und immerhin war ich stets bemüht, den Wohltäter zu spielen, väterlich besorgt um die Zukunft jedes einzelnen Bürgers in Wittenrode. Ich habe niemals jemanden in die Irre führen wollen, im Gegenteil, ich wollte immer nur helfen. Dass ich dabei vor allem mir selbst geholfen habe, nun ja … Ich muss schließlich auch sehen, wo ich bleibe.

Ich bin, wer ich bin. Und das bin ich, weil ich immer alles richtig gemacht habe. Und weil ich immer alles richtig mache, werde ich auch jetzt keinen Fehler machen. Denn wenn ich einen Fehler mache, dann könnte das meinen Tod bedeuten. Vielleicht nicht sofort, vielleicht nicht morgen, aber irgendwann wird er auf mich warten. Und dann wird er auch mir die Kehle durchschneiden.

Raddatz nahm die Füße vom Tisch, beugte sich noch einmal nach vorne und las die kurze Nachricht ein weiteres Mal durch. Dann griff er nach dem Zettel, zerriss ihn in kleine Stücke und warf ihn in den Papierkorb.

Teufelsmord - Ein Fall für Julia Wagner: Band 1

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