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Kinder, die nicht essen wollen

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Wenn Kinder am Essen rummäkeln, kann das höchst anstrengend sein. Vor allem, wenn man drei davon hat und jedes etwas anderes nicht essen mag …

Wenn ich einen Obstsalat auf den Tisch stelle, pult Sanne sofort Ananasstücke heraus, Samuel sortiert die Trauben an den Tellerrand. Und Mäxchen baut einen glitschigen, schiefen Turm aus Bananenscheiben und garniert das Ganze mit ausgekauter Apfelschale. Rosinen mögen sie wohl alle drei nicht.

»Tauscht doch«, schlage ich vor. »Samuel gibt Sanne seine Trauben und kriegt dafür ihre Ananas!«

»Das sind meine Trauben!«, giftet der kleine Bruder. »Aber du magst sie doch nicht«, versuche ich ihn zu überzeugen.

»Trotzdem sind es meine!«, beschließt er und rollt bockig eine weitere lila Weintraube an den Rand seines Tellers. Neben die Rosinen. Sanne reagiert beleidigt. »Seine blöden Trauben will ich sowieso nicht. Und die Ananas gebe ich dann schon lieber Max! Dafür gibt der mir seinen Bananenturm!«

Langsam wird es mir zu kompliziert an diesem Tisch. Es hört sich nach Börsengeschäften an, und seinen Bananenturm will Max auch nicht so richtig rausrücken. Sind meine Kinder etwa verwöhnt?

»Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!«, rufe ich verzweifelt und fühle mich schlagartig in die eigene Kindheit zurückversetzt. Bei Tante Elsa gab es immer Spinat, und den habe ich verabscheut. Den letzten Mund voll habe ich meistens hinter die Schrankwand der Tante gespuckt. Das kam zum Glück erst viele Jahre später heraus, als Tante Elsa umzog. Da war ich schon erwachsen, und keiner konnte mehr mit mir schimpfen. Diese Geschichte sollte ich meinen Kindern besser nicht erzählen, sonst finde ich bei unserem nächsten Umzug so allerlei Ausgespucktes hinter dem Sofa, denn eine Schrankwand haben wir zur Sicherheit gar nicht.

Sanne hegt neuerdings eine große Abneigung gegen Champignons, und da sie theatralisch veranlagt ist, mimt sie eine Ohnmacht, als ich einen Teller voller Nudeln und Tomatensoße vor sie hinstelle, in der sich einige Pilzscheiben befinden.

»Champignons!«, kreischt sie, »Die esse ich nicht!«

»Seit wann?«, frage ich kühl.

»Noch nie!«, kreischt sie weiter und hält sich die Hand vor den Mund.

»Ich auch nicht!«, ruft Samuel begeistert. »Noch nie!«

Max, mein goldiges Nesthäkchen, schüttelt ungläubig den Kopf. »Lecker Champingpong!«, ruft er. Dann beginnt er allerdings, die Soße von den Nudeln zu trennen.

»Schluss!«, rufe ich wütend.

»Ich möchte nur Nudeln mit Sauce ohne Pilze«, sagt Sanne hinter ihrer Hand hervor.

»Und ich möchte nur Nudeln ohne Sauce«, ruft Samuel.

»Ich nur Champingpong«, kreischt Max.

»Ihr esst es so, wie es auf eurem Teller liegt, oder ihr lasst es bleiben!« Ich blicke so streng ich kann.

»Es schmeckt uns aber nicht«, sagt Sanne.

»Letzte Woche hat es euch so gut geschmeckt, dass ihr die Teller abgeleckt habt«, erinnere ich sie. »Aber diese Woche mag ich eben keine Champignons mehr!«, verteidigt sich Sanne, und ich frage mich erschrocken, ob das bereits eine vorpubertäre Gefühlswallung sein könnte und ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch kommt, wenn sie erst ein unverstandener, pickeliger Teenager ist. In diesem Moment solidarisiert sich Samuel mit ihr und quakt: »Ich mag diese Woche auch keine Champignons mehr!« Ein Vierjähriger ist noch nicht vorpubertär, und das beruhigt mich sehr. Meine Kinder sind einfach verwöhnt. Was die Angelegenheit nicht gerade erleichtert.

»Pech gehabt!«, sage ich herzlos. »Dann gibt es eben nichts zu Mittag.« »Nachtisch!«, ruft Sam.

»Nichts!«, schnauze ich. Sechs Kinderaugen starren mich an. »Sie lässt uns verhungern«, flüstert Samuel, und entsetzt verlassen die Kinder die Küche. Ich schütte das unberührte Essen zurück in den Topf, koche mir eine Tasse starken Kaffee und setze mich an den Küchentisch, um die Speisekammer zu bewachen. Nach einer Weile pirscht sich Samuel heran. »Uns ist langweilig!«, nörgelt er.

»Prima!«, rufe ich, »wir gehen auf den Spielplatz.« Das tun wir dann auch. Es wird geschaukelt und gewippt, gebuddelt und geklettert. Es gibt keinen Keks, keine Waffel. Ich bleibe mütterlich hart. Als wir am frühen Abend nach Hause kommen, rufen die Kinder: »Hunger!«

»Ich habe da ein paar Nudeln mit Pilzen und Tomatensauce«, schlage ich listig vor.

»Wir können ja mal kosten«, lispelt Sanne, doch als die gefüllten Teller auf dem Tisch dampfen, wird nicht lange gezögert. Rot verschmierte Münder mampfen selig Nudeln, Champignons, Sauce.

»Champignons muss man unbedingt zweimal erwärmen, dann schmecken sie so richtig lecker«, erklärt Sanne mit vollem Mund und grinst mich ein bisschen vorpubertär an.

»So lecker wie letzte Woche«, bestätigt Samuel.

»Champingpong«, schmatzt Max, und dieses Mal habe ich gewonnen.

Tanjas Welt Band 3

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