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Das Rezept meiner Freundin …

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Mit Rezepten ist das so eine Sache. Wenn man sie nicht gerade aus einer Zeitschrift oder einem Kochbuch hat, dann ist meist etwas faul daran …

So wie an den Schweizer Käse-Eckchen. »Kinderleicht!«, sagte meine Freundin Sabine, schrieb mir ein paar Zutaten auf einen Zettel, und ich war hochbeglückt, eine Käse-EckchenEingeweihte zu sein.

»Du mischt das alles zusammen, gießt es auf ein Blech und backst es 25 Minuten lang. Dann zerschneidest du es in Eckchen und fertig!«, erklärte Sabine. So liebe ich Rezepte: einfach und unkompliziert und doch raffiniert lecker. Danke, beste Sabine!

Gleich am nächsten Wochenende wollte ich unsere Nachbarn Nora und Paul mit dieser Spezialität erfreuen. Doch es kam alles ganz anders: Während die Käse-Eckchen-Masse im Ofen backt, entkorkt Robert gut gelaunt eine Flasche Wein, es klingelt an der Tür, die Gäste stehen mit Blumen da, aus der Küche duftet es, wir nehmen Platz, wir stoßen an.

Alles läuft nach Plan. Bis ich in die Küche eile, um mich zu vergewissern, dass sich eine köstliche goldbraune Knusperschicht gebildet hat. Denn das sollte laut Rezept inzwischen passiert sein. Ist es aber nicht! Eine bleiche Masse blubbert mich an, die nicht so aussieht, als ließe sie sich in absehbarer Zeit in krosse, wohlschmeckende Käse-Eckchen zerteilen.

Irritiert schalte ich den Ofen auf volle Kraft und eile zurück ins Wohnzimmer. Paul erzählt vom letzten Spanienurlaub. Ich glaube, Noras Magen knurren zu hören. Robert schenkt ihr Wein nach. Es wäre jetzt wirklich an der Zeit, eine Kleinigkeit auf den Tisch zu stellen. Wieder gehe ich in die Küche. Von Knusperschicht keine Spur, von goldbraun ganz zu schweigen. »Was ist los?«, meckere ich in den Ofen und versenge mir fast die Haare.

Da macht die Masse »Blubb!«, und es klingt wie eine Beleidigung. Das, was eine Schweizer Spezialität sein soll, sieht aus wie Tapetenkleister. Es riecht zwar gut, aber davon wird ja keiner satt. Robert steht plötzlich hinter mir. »Das sieht nicht lecker aus«, sagt er mit langem Gesicht.

»Das wird schon noch«, beschwichtige ich ihn. Der Kleister ist seit über vierzig Minuten im Ofen. Das ist deutlich länger, als es auf dem Rezept steht, aber vielleicht hat sich Sabine verschrieben und meinte eine Stunde und 25 Minuten? Das ist bestimmt des Rätsels Lösung.

Erleichtert ordne ich meine Frisur und kehre wieder zu unseren Gästen zurück. Robert hat ihnen inzwischen Teddychips vorgesetzt, was ich nicht sehr stilvoll finde. Schließlich gibt es in ungefähr einer drei viertel Stunde ein kulinarisches Häppchen der Sonderklasse. »Gut Ding braucht Weile!«, zitiere ich meine Großmutter und stopfe mir eine Hand voll Teddychips in den Mund.

Die Zeit schleicht dahin. Wieder wird von Spanien erzählt, hauptsächlich geht es dabei ums Essen.

Ich blinzele diskret auf die Uhr. Nach einer halben Stunde gehe ich mit klopfendem Herzen in die Küche. Der Ofen dampft, die Käsemasse ist bleich. Sie sagt auch nicht mehr »Blubb!«, denn sie ist hart wie Beton. Das ist eine Verschwörung.

An diesem Abend verfluche ich Sabine und die gesamte Schweiz mit ihrem löchrigen Käse.

Vorsichtig ziehe ich das Ofenblech heraus und begutachte das, was ich meinen Gästen anzubieten habe: ein unwillig knackendes zementfarbenes Brett. Jetzt zischt es einmal kurz, und an verschiedenen Stellen entweicht heiße Luft.

»Sind das Schweizer Käse-Eckchen?«, fragt Nora, die unbemerkt in die Küche gekommen ist.

»Woher weißt du das?«, will ich wissen und fühle mich elend.

Nora kichert. »Bei mir sahen sie auch so aus, bis ich herausfand, dass Sabine die doppelte Menge Mehl in ihrem Rezept angibt. Außerdem gehören noch 3 Eier hinein!«

»Diese Schlange!«, zische ich und hole Salzbrezeln und Oliven aus der Speisekammer. Heute Abend wird es keine KäseEckchen mehr geben.

Als Sabine am nächsten Tag anruft, um sich nach dem Gelingen der Schweizer Spezialität zu erkundigen, sage ich munter: »Ach, einfach köstlich und kinderleicht zubereitet!« Ich habe den Eindruck, dass sie kurz stutzt.

Doch dann hat sie sich wieder im Griff und sagt: »Schön, schön. Sag mal, Tanja, ich habe neulich bei dir so ein besonders leckeres Mousse au Chocolat gegessen. Würdest du mir das Rezept geben?«

Ich grinse breit, doch das kann sie ja zum Glück nicht sehen.

»Aber klar doch!«, flöte ich. »Hast du was zum Schreiben zur Hand? Es ist wirklich kinderleicht …!«

Tanjas Welt Band 3

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