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Mögen Sie Familienfeste?

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Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Aber Familienfeste sollte man besser gleich fallen lassen! Das hatte ich mir jedenfalls gedacht, als ich letztes Wochenende das Familienfest bei meiner ungeliebten Schwägerin Rita hinter mich gebracht hatte.

Kurz bevor wir abfuhren, versammelte ich also meine Kinderschar und schaute ihnen abwechselnd in die munteren Äuglein. »Du!«, sagte ich meiner Tochter, »du wirst deinem Tischnachbarn nicht das Ohr abkauen, und wenn du überhaupt etwas zu sagen hast, dann leise und mit leerem Mund!« Sanne nickte. »Und du!« Nun schaute ich Samuel in die Augen. »Du machst nicht Pipi auf das weiße Alcantara-Sofa von Tante Rita und wälzst dich auch nicht am Boden, wenn dir etwas nicht passt, klar?«

»Klar!«, antwortete Sam.

»Und du!« Zögernd schaute ich auf meinen Jüngsten, der gerade begeistert Hydrokultursteinchen kostete, »du bist einfach nur nett und möglichst unauffällig!«

Zustimmend schleuderte Max die Steinchen durchs Wohnzimmer. Ich beugte mich meinem Schicksal.

Als wir schließlich an Tante Ritas Kaffeetafel saßen, jeder ein Stück Sahnetorte auf dem Teller, entspannte ich das erste Mal meine krampfhaft nach oben gezogenen Schultern. Ging doch alles glatt! Sanne und Samuel piksten artig in ihre fetten Tortenstücke, Mäxchen saß im Hochstuhl, lächelte in die Runde.

»Und?«, fragte mich Rita. »Wann gehst du endlich wieder arbeiten?«

»Ich habe drei kleine Kinder, für die ich auch da sein möchte«, verteidigte ich mich und zog die Schultern wieder hoch. »Arbeiten kann ich in zwei oder drei Jahren wieder!«

Rita rümpfte die Nase. »Das wird sich ja zeigen!«, stichelte sie.

Onkel Karl tätschelte meine Hand. »Lass mal!«, sagte er zu Rita, »die Tanja macht das schon ganz richtig!«

Oh, du guter Onkel Karl. Weißt du eigentlich, wie gern ich dich habe? Ich lächelte dankbar, doch dann sprach er leider weiter.

»Ganz richtig macht sie das! Frauen gehören an den Herd!« Ich stöhnte auf und schob meinen Teller von mir.

Die Schwägerin machte ein schiefes Gesicht. »Ich frage mich, wozu unsere Mütter damals auf die Straße gegangen sind und ihre BHs verbrannt haben!«, keifte sie.

Sanne kicherte. »Hat Oma das wirklich gemacht?«, fragte sie begeistert. Da musste ich ein bisschen lachen, denn die Vorstellung war gar zu schön. Meine Schwiegermutter, barbusig, einen verkohlten BH über dem Kopf schwingend und wilde Lieder singend.

»Ich war gerade in der Feininger-Ausstellung in der Nationalgalerie«, schnatterte die nervige Schwägerin weiter und riss mich aus meinen amüsanten Tagträumen.

Da fiel Onkel Karl noch etwas zum Thema »Frauen« ein: »Die Mutter gehört zu den Kindern!«, knarzte er in seine Kaffeetasse, und ich verschwieg, wie glücklich ich gerade war, einen Kindergartenplatz für die Jungs gefunden zu haben. Die Schwägerin sah mich feindselig an. »Weißt du überhaupt, wer Feininger ist?«, fragte sie, »du kommst ja überhaupt nicht mehr aus dem Haus, oder?«

»Die Frau gehört ins Haus!«, schnarrte Onkel Karl.

»Und an den Herd!«, erinnerte ich ihn, und mit Blick auf Schwägerin Rita antwortete ich: »Feininger hat doch so interessante Skulpturen getöpfert, oder?« Leider konnte ich mich an ihrem entsetzten Gesichtsausdruck nicht lange erfreuen, denn Mäxchen brauchte eine frische Windel.

»Ich sag’s ja!«, flüsterte Rita einer Cousine ins Ohr, »völlig verdummt!«

»Frauenarbeit!«, nickte Onkel Karl und goss sich einen Schnaps ein.

Und während ich Mäxchen auf dem weißen Alcantara-Sofa die randvolle Windel wechselte, fragte ich meine Schwägerin: »Und du? Wann kriegst du denn endlich ein Kind?« Da fiel ihr die Kuchengabel auf den Teller, und sie erbleichte. Aha, dachte ich boshaft, der wunde Punkt! »Oder tickt deine biologische Uhr schon gar nicht mehr?«, quälte ich sie weiter und warf die volle Windel auf den Perserteppich.

»Prost!«, rief Onkel Karl, »auf die Frauen!«

»Auf die Frauen!«, prostete ich zurück, und dann fiel mir erst auf, wie hübsch artig meine Kinder auf ihren Stühlen saßen, nicht kleckerten, nicht mit vollem Mund sprachen, nichts auf den Boden warfen und nicht mal etwas sagten. Denn all das hatten wir Erwachsenen ja übernommen. Ich ließ mir noch einen Schnaps eingießen. »Auf die Kinder!«, rief ich laut.

»Auf die Kinder!«, freute sich Onkel Karl, »sie sind der Sonnenschein unserer Herzen!«

Also, das hatte er wirklich sehr hübsch gesagt, vor allem im richtigen Moment, und ich beschloss, ihm den ganzen anderen Unsinn zu vergeben.

»Wir waren sehr brav!«, sagte Sanne später, als wir wieder zu Hause waren. »Keiner hat sich am Boden gewälzt!«

»Nein!«, antwortete ich lachend, »das macht jetzt bestimmt Tante Rita!«

Tanjas Welt Band 2

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