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Ein Tag für mich allein

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Letzte Woche hatte ich einmal diese wundervolle Gelegenheit: Mein liebster Ehemann Robert wollte mit den Kindern übers Wochenende wegfahren, und ich freute mich diebisch auf meine vorübergehende Einsamkeit.

Eine Flasche Sekt lag im Kühlschrank bereit, drei neue Bücher stapelten sich auf meinem Nachttisch, ich wollte mir überbackene Auberginen köcheln, die meine Familie hasst und die ich deshalb nie zu essen bekam. Endlich fiel die Haustür ins Schloss.

Es herrschte plötzlich – Ruhe! Kein Benjamin Blümchen trötete, keine Feuerwehrsirene erschall. Einfach nur Ruhe! Herrlich! Summend ging ich in die Küche und ließ den Sektkorken knallen. Nachdem ich mir ein Gläschen gegönnt hatte, überlegte ich, was ich jetzt Schönes machen würde und ließ mir ein Bad ein. Ich würde bis zur völligen Verschrumpelung baden, und niemand könnte an die Tür klopfen, um ganz dringend aufs Klo zu müssen. Mit einem zweiten Glas Sekt versank ich im Schaumbad und ließ es mir gut gehen. Nach einer ziemlich langen Weile bekam ich Kopfweh vom heißen Wasser und vielleicht auch vom am helllichten Tage genossenen Sekt. Vielleicht ja auch von dieser absoluten Ruhe und Ungestörtheit. Das bin ich einfach nicht gewöhnt!

Ich schaltete den Fernseher ein, um in der Werbung niedliche Kinder Frühstücks-Cerealien verputzen und kuschelweiche Windeln tragen zu sehen. Süß! Fast so süß wie meine drei, dachte ich sehnsüchtig. Schnell schaltete ich wieder aus und vertiefte mich in mein neues Buch, auf das ich mich schon so lange gefreut hatte. Aber ich fand es langweilig. Aufseufzend starrte ich eine Weile trübsinnig aus dem Fenster.

Merkwürdig! Irgendwie war mir auch langweilig. Draußen regnete es. Ich wanderte ziellos durch die Wohnung, stieß auf die verwaiste Puppe Thea und nahm sie zärtlich auf den Arm. Nichts ist so traurig wie Spielzeug, mit dem nicht gespielt wird. Und dazu diese wahnsinnig machende Stille im leeren Nest. Ich ging ins Kinderzimmer und betrachtete gerührt die Kinderbettchen. Auf Sannes Kopfkissen ringelte sich ein rötliches Haar.

Ich strich ihre Decke glatt und setzte die Stofftiere ordentlich darauf, und dann stellte ich fest, dass Samuel sein Schnuffeltuch vergessen hatte. Heiße Tränen stiegen mir in die Augen. Wie sollte mein armer Junge in der Fremde schlafen können? Ich hockte mich mit Thea im Arm auf den Fußboden. In der Wohnung unter uns polterte jemand übers Parkett. Ich war also nicht allein auf der Welt. Doch bei uns summte keine Biene Maja, schlumpfte kein Schlumpf. Wütend wischte ich mir über die Augen. »Du elendes Muttertier!«, schimpfte ich mich laut. »Genieß dein freies Wochenende und hör auf, das Kinderzimmer aufzuräumen!« Wild entschlossen eilte ich in die Küche, um für mich und Thea Auberginen zu überbacken. Wenig später saß ich vor meinem Teller und musste meiner Familie Recht geben. Auberginen schmecken labberig! Und ganz besonders labberig, wenn man sie allein essen muss, denn Thea schmeckten sie auch nicht. Was nun? Ich versuchte ein zweites Buch, aber es war noch langweiliger als sein Vorgänger. Und bevor ich der Versuchung nachgeben konnte, mir die Babyfotoalben meiner Kinder anzusehen, klingelte das Telefon. Das liebliche Stimmchen meiner Tochter erschall aus weiter Ferne, und es klang, als rufe sie aus Australien an und nicht aus Bielefeld. »Hallo, Mama!«, rief sie fröhlich. »Wir sind gerade angekommen und gehen jetzt zu McDonald’s!«

»Schön, mein Engelchen!« Meine Stimme zitterte.

»Ist was, Mama?«

»Nein, nein!«, sagte ich schnell.

Dann kam Robert an den Apparat. »Na? Genießt du deine Freiheit?«

»Ja, ganz doll!«, wimmerte ich und hielt mir ein Taschentuch unter die laufende Nase.

»Sollen wir trotzdem morgen Abend wiederkommen?«, fragte er.

»Morgen Abend erst?«, rief ich entsetzt. Wie sollte ich das überleben? »Samuel hat sein Schnuffeltuch vergessen, da könnt ihr nicht so lange bleiben!«, versuchte ich es taktisch.

»Och!«, machte mein Mann herzlos. »Das hat er noch gar nicht gemerkt! Bis morgen. Tschüüss!« Dann hatte er aufgelegt.

Es wurde ein düsterer, nasskalter, einsamer Sonntag! Ich mied das vereinsamte Kinderzimmer und zählte die Stunden. Als meine liebe Familie endlich wieder da war, gab’s jede Menge nasse Kinderküsse und lautstarke Reiseberichte, die Biene Maja summte wieder über den Flur, und Bibi Blocksberg flog auf ihrem Besen hinterher. Es gab Spaghetti mit Tomatensoße und dann Schokopudding, und ich war heilfroh, dass wieder Leben in der Bude war. Und Thea auch!

Tanjas Welt Band 2

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