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Es beginnt die Grillsaison

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Jetzt im April ist es wieder so weit: Durch die milde Frühlingsluft zieht der ziemlich weltliche Geruch einer gebrutzelten Grillwurst.

Heinz und Inge hatten uns letzten Sonnabend in ihr Gärtchen eingeladen. »Wir grillen bei jedem Wetter!«, drohten sie lachend, und als am Sonnabendvormittag Regentropfen gegen die Fensterscheiben peitschten, verkroch ich mich unter meiner Decke und seufzte: »Das war es wohl mit dem Grillen!«

Doch Robert, der liebste Ehemann, schüttelte düster das verschlafene Gesicht: »Da kennst du Heinz nicht«, murmelte er. Kurz darauf klingelte das Telefon: »Wo bleibt ihr?«, rief Heinz gegen heftiges Regengepladder an, das auf das Wellblechdach seiner Sommerlaube krachte.

Missmutig machten wir uns auf den Weg. Inge und Heinz waren die einzigen Kleingärtner, die bei diesem Wetter ihre Laubenpieperkolonie aufgesucht hatten, und wir brauchten nur dem Geruch von Nürnberger Rostbratwürstchen zu folgen, der sich fettig auf himmlischen Fliederduft legte. Gut gelaunt winkte Heinz uns mit der Grillzange zu, und Inge schwenkte übermütig eine Flasche Brennspiritus.

»Hier haben wir es doch herrlich gemütlich!«, rief sie und deutete auf das Wellblechdach über ihrem Kopf, das uns und den Grill zwar vor Regen schützte, aber leider auch eine nicht ganz unwichtige Luftzirkulation unmöglich machte. Die Kinder begannen unter ihren Regenhütchen zu husten und flüchteten sich auf den quietschnassen Rasen, wo sie kreischend um einige Gartenzwerge herumsprangen.

»O nein!«, rief Inge, »die Kinder dürfen nicht auf meinen englischen Rasen treten!«

Schnell sprang ich auf, sammelte meine Kinder vom englischen Rasen und versprach ihnen leckere Würstchen mit Ketchup. Der Wind hatte gedreht und wehte nun neugierig unters Wellblechdach, das über unseren feuchten Köpfen donnerte. Der Grill zischte, graue Asche wirbelte herum, und die Kinder kreischten. Verdrossen häufte ich recht dunkel geratene Würstchen auf weiße Pappteller. »Ich will aber lieber ein Schoko-Croissant!«, meckerte Sanne.

»Ich auch!«, dachte ich und beäugte skeptisch mein überdimensionales Kotelett, das triefend vom Pappteller hing.

»Mahlzeit!«, rief Heinz frohgemut, »esst schneller, hier kommen schon die Steaks!«

Ich beobachtete, wie Robert tapfer an seiner Grillwurst kaute, und dann fiel mir auf, wie außerordentlich nasskalt mein Popo war. So hatte ich mich seit Kindergartentagen nicht mehr gefühlt. Unauffällig versuchte ich, mein Hinterteil am Grill zu wärmen, da drückte mir Inge ein eiskaltes Bier in die Hand.

»Die Grillsaison ist eröffnet!«, freute sie sich. »Prost!«

Die Kinder bekamen kalte Limonade, und nachdem ihnen die Würstchen vom Pappteller gekullert waren und sie sich Ketchup ins Gesicht geschmiert hatten, mussten die beiden Großen aufs Klo.

»Das stille Örtchen …«, schmunzelte Heinz, und ich fragte mich, was daran so lustig war. Kurz darauf wusste ich es. »… steht da hinten, zwischen den Birken«, fuhr er fort.

»Das Holzhäuschen mit dem Herz in der Tür?«, fragte ich ungläubig. Inge nickte stolz. »Und lauft bitte nicht über den englischen Rasen!«

Entschlossen nahm ich noch einen Schluck Bier und zog mit den Kindern los. »Wie bei Michel in Lönneberga!«, jubelte Sanne, als sie die Tür mit dem Herzchen geöffnet hatte und staunend vor einem hölzernen Balken mit Loch darin stand.

»Und wo ist nun das Klo?«, fragte Samuel irritiert. Als ich ihn aufgeklärt hatte, weigerte er sich strikt, sein empfindlichstes Körperteil über diesen übel riechenden Abgrund zu halten. Und da ich weiß, dass kleine Jungs da sehr eigen sind, ließ ich ihn im Strippenregen gegen einen Rosenstrauch pinkeln. Auch Sanne war von dem schwedischen Holzidyll der Jahrhundertwende nicht mehr überzeugt und hockte sich frierend unter eine knospende Hortensie.

Und ich? Ich konnte mich schwerlich dazuhocken. Aber auf den Donnerbalken wollte ich auch nicht. Und Würstchen wollte ich auch keine mehr essen. Als wir den verräucherten Wellblechunterschlupf wieder erreicht hatten, saß mein kleines Mäxchen unter dem Grill und spielte mit der Flasche Brennspiritus.

»Schluss!«, rief ich wütend und nieste. »Wir gehen!«

»Aber jetzt geht der Spaß erst richtig los«, sagte Heinz erstaunt, »wir können ins Freie!«

»Es regnet!«, erinnerte ihn Sanne und rückte ihr quietschnasses Hütchen zurecht. »Es nieselt!«, verbesserte Heinz.

»Vielen Dank für die Einladung!«, sagte Robert, der selbst in Stress-Situationen immer sehr höflich ist. Darum ergänzen wir uns auch so gut.

»Lauft bitte nicht über den englischen Rasen!«, rief uns Inge besorgt hinterher.

Auf dem Heimweg pflückten wir uns am Straßenrand einen großen Strauß tropfnassen Flieder und schworen uns, die nächste Grilleinladung frühestens Mitte Juli wieder anzunehmen. Je nachdem wie das Wetter sein wird!

Tanjas Welt Band 2

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