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Muttertag auf die edle Art

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Für den Abend des Muttertags lud mich Robert zu einem Essen ein. »Mach dich schön«, riet er mir. »Das ist ein richtig edler Schuppen, in den ich dich da führe!«

Gegen 20 Uhr betrat ich also am Arme meines liebsten Ehemannes das Restaurant »Château de Bois Colombes«. Ein Kellner, der sich gab, als wäre er der Schlossherr persönlich, führte uns an einen Tisch, auf dem ein Kärtchen lag. »Reserve pour Monsieur et Madame Wekwerth« stand darauf.

»Sprechen die hier auch deutsch?«, fragte ich Robert leise. Wenn die Speisekarte auf Französisch geschrieben wäre, würde ich, wie auf einer Witzseite, aus Versehen ein flambiertes Mammut bestellen.

Wenig später konnte ich beruhigt sein. Die Karte dieses Restaurants, das sich im Herzen von Berlin befand, war auf Französisch, aber für die ganz Doofen wie mich gab es netterweise eine Übersetzung. »Was nimmst du, Monsieur Wekwerth?«, flüsterte ich nach einer Weile.

»Vielleicht das passierte Süppchen von gelben St.-Georg-Erbsen mit Rauchfleisch?«, flüsterte er zurück.

Ich schüttelte den Kopf. »Das klingt nach Erbsensuppe mit Speck, und das kannst du jeden Tag aus der Dose haben!«

»Dann nehme ich Carpaccio vom weißen und roten Tunfisch an Tartar von Artischockenböden!«, rief er.

»Und ich nehme Putenbrust-Tranchen an fruchtiger Blattsalat-Chiffonade mit Mandarinendressing!«, entschied ich mich. »Was auch immer Chiffonade sein soll!«

»Frag den Kellner!«, riet Robert, aber ich traute mich nicht.

»Sie haben entschieden?«, näselte der Besagte kurz darauf. Wir gaben verschüchtert unsere Bestellung auf. Beim »Kalbsmedaillon au four an Stangenspargel und Brokkolizweig« zuckte seine linke Augenbraue kritisch in die Höhe, aber wir ließen uns nicht beirren.

»Welchen Wein haben Sie gewählt?«, knarrte er, denn vor lauter Überlegenheit bekam er die Zähne nicht auseinander.

Ich fühlte mich mindestens so nervös wie bei der Führerscheinprüfung vor vielen Jahren. »Was würden Sie empfehlen?«, fragte Robert und blickte dem Schlossherrn in die Augen.

Dieser ließ nun beide Augenbrauen in die Höhe springen. »Einen 1983er Burgunder«, antwortete er so selbstverständlich, als hätten wir ihn nach der Uhrzeit gefragt. Die Augenbrauen sackten wieder in die Tiefe. »Auch ein 90er Merlot würde Sie gewiss nicht enttäuschen«, fuhr er fort.

»Gewiss nicht!«, beeilte sich Robert zu antworten. »Dann also den Merlot!«

Wenig später glaubte ich zu wissen, was »Chiffonade« bedeuteten sollte, nämlich offensichtlich zweieinhalb besonders zarte Blätter Salat! Und Putenbrust-Tranchen waren wohl ganz besonders hauchdünn geschnittene Scheiben Putenbrust. Also hätte es auch Putenbrust-Chiffonade an Blattsalat-Tranchen heißen können. Robert saß amüsiert vor zwei winzigen rohen Fischhäufchen, einer rot, einer weiß. Dazwischen thronte ein drittes Häufchen: das Tartar von Artischockenböden. Und kaum hatten wir zweimal mit der Gabel auf den Teller gepikt, war er schon leer. »Das ging aber schnell!«, bedauerte Robert und schwieg schnell, als der gestrenge Schlossherr an unseren Tisch geeilt kam, um unsere saubergekratzten Teller abzuräumen. Wir gaben uns weltmännisch und tranken genussvoll vom Merlot, der uns wahrhaftig nicht enttäuschte.

Endlich wurde der Hauptgang gebracht, denn mein Magen knurrte und schien weder die Putenbrustscheibchen noch das Blatt Salat zur Kenntnis genommen zu haben.

Auf einem großen weißen Teller lag einsam und zu Tode erschrocken ein kreisrundes Scheibchen Fleisch und versuchte sich unter einem Brokkolizweig zu verbergen. Doch zwei verräterische Spargelfinger zeigten auf das traurige Kalbsmedaillon, auf dem drei Tröpfchen braune Soße glitzerten wie Angstschweiß.

»Das sieht sehr hübsch aus«, lobte Robert, und ich kicherte.

»Man hat sofort den Überblick«, bestätigte ich. Obwohl ich mir Zeit ließ und den Brokkolizweig mehrmals auf dem Teller herumschob, war ich bald wieder fertig.

Robert sah mich abwartend an. »Möchte Madame Wek-werth zum Dessert lieber Profiteroles mit geeister Sultaninencrème oder Sorbet von schwarzen Pflaumen?«

Ich tätschelte seine Hand. »Madame Wekwerth möchte jetzt am liebsten beim Italiener um die Ecke ein dickes Stück Tiramisu essen«, gestand ich. Robert zahlte ohne zu erbleichen die horrende Rechnung, und mit knurrendem Magen machten wir uns auf zu »Luigi«, bei dem wir Fettuccine in sahniger Gorgonzola-Soße zu uns nahmen und hinterher selig Tiramisu löffelten. »So hat das traurige Kalbsmedaillon ein bisschen Gesellschaft«, dachte ich mir.

»Das nächste Mal kommen wir besser gleich hierher!«, sagte ich zu Robert, »hier sind die Kellner einfach netter!«

»Oui, Madame!«, antwortete Robert. Es war ein richtig netter Muttertags-Abend gewesen.

Tanjas Welt Band 2

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