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Wenn Männer Schnupfen haben
ОглавлениеEs ist doch immer wieder erstaunlich festzustellen, wie sehr Männer leiden können. Ein Schnupfen lässt sie bereits mit dem Tod ringen.
Oder zum Beispiel im Kreißsaal. »Es ist so furchtbar für mich, dich leiden zu sehen und nichts tun zu können!«, versicherte mir Robert mit blassem Gesicht, während mich eine heftige Wehe fast vernichtete. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie grausam das ist!«, fuhr er bekümmert fort und tupfte mir Schweiß von der Stirn. »Das ist eigentlich viel schlimmer, als Wehen zu haben!«, rief er schließlich verzweifelt gegen meine Schmerzensschreie an. Und er hätte dabei wohl am liebsten eine Vollnarkose bekommen.
Als ich nach der Geburt ramponiert, mit fiebrigem Milchstau, Babyblues und völlig überfordert auf dem Sofa rumheulte, da machte Robert ein trauriges Gesicht: »Du kannst jetzt gemütlich mit dem Baby zu Hause bleiben und es den ganzen Tag stillen. Hast du es gut!« Und dann eilte er schick angezogen ins Büro, und alles was er hinterließ, war eine Wolke seines Aftershaves.
Doch dieser Mann, der auch ohne Vollnarkose im Kreißsaal so tapfer gewesen war, wurde letzte Woche krank. »Richtig krank!«, informierte er mich leidend. »Nicht nur so ein Schnupfen, wie du ihn immer hast.« Er hustete. »Könntest du mich im Büro krankmelden?«, fragte er heiser und kroch unter die Decke, um dort diskret mit dem Tod zu ringen.
Kurz darauf tauchte er wieder auf. »Hühnersuppe!«, röchelte er. Ob er schon im Fieberdelirium fantasierte?
»Meine Mutter hat mir immer Hühnersuppe gekocht, wenn ich schwer krank war!«, jammerte er.
Also versprach ich dem Leidenden, eine stärkende Brühe zuzubereiten, und machte mich in der Küche ans Suppengrünschnippeln.
Mein armer Mann hatte sich in der Zwischenzeit ganz allein aufs Sofa geschleppt und zappte sich durchs Nachmittagsprogramm. »Was machst du so lange?«, rief er vorwurfsvoll. »Das Fieber könnte steigen!«
»Wie hoch ist denn deine Temperatur?«, rief ich aus der Küche zurück.
»37,3!«, antwortete er besorgt und amüsierte sich dann eine Weile köstlich mit Arabella Kiesbauer. »Komm mal schnell!«, beorderte er mich zurück ins Wohnzimmer. »Da ist einer, der will nach Neuseeland auswandern.«
»Das will ich auch manchmal«, murrte ich in den Kochtopf, in dem ein bleiches Huhn zwischen Möhren und Sellerie herumpaddelte.
»Ist die Suppe bald fertig?«, wollte Robert wenig später wissen und zwickte mich unternehmungslustig in den Oberschenkel. Ob es seiner Gesundheit zuträglich wäre, unter der Krankenschwesterntracht ein Paar weiße Strapse zu tragen? Leider klingelte in diesem Moment das Telefon, und meine besorgte Schwiegermutter erkundigte sich nach dem Befinden des lieben Sohnes.
»Er hat nur einen Schnupfen«, versuchte ich sie zu beruhigen, doch davon wollte sie nichts hören. Sie erzählte mir ausführlich von Roberts schwachem Bronchialsystem und den quälenden Hustenattacken und davon, dass eine selbst gekochte Hühnerbrühe schon immer wahre Wunder bei ihm bewirkt hätte.
»Die steht doch schon auf dem Herd!«, unterbrach ich stolz die Schwiegermutter. »Selbst gemacht?«, forschte sie unerbittlich.
»Natürlich!«, antwortete ich.
»Mit Petersilienwurzel?«, forschte sie weiter, und mein Mut sank. »Natürlich!«, log ich kleinlaut.
»Na, ein Glück!«, fuhr sie fort. »Ohne Petersilienwurzel bringt die beste Hühnersuppe nichts!«
Dieser Meinung war Robert kurz darauf auch. »Mein Hals kratzt!«, jammerte er weiter. »Und wie schnell entwickelt sich aus so etwas eine Lungenentzündung!«
»Ach, mein armer Robert!«, schnurrte ich, »es ist so furchtbar für mich, dich leiden zu sehen und nichts tun zu können!«
Er nickte betrübt. »Ich weiß, wie das ist, aber du könntest mir die Zeitung bringen und ein Täfelchen Vollmilchschokolade mit ganzen Haselnüssen. Das wird mich kräftigen.«
»Mach’ ich!«, versprach ich, »und dann wollte ich dir noch sagen, dass ich heute Abend mit ein paar Leuten essen gehe. Du kannst dir ja die Hühnersuppe noch mal warmmachen.«
»Ich weiß nicht«, murmelte er skeptisch, »Hühnersuppe so ganz ohne Petersilienwurzel? Und wo gehst du überhaupt hin?«
»Chinesisch essen.«
»Obwohl es sehr unvernünftig wäre, sollte ich vielleicht mitkommen?« Unschlüssig zerrupfte er ein Taschentuch.
»Nein!«, rief ich streng. »Aus so einem Halskratzen wird ganz schnell eine Lungenentzündung! Du gehst ins Bett!«
Er nickte bekümmert. »Und wenn es mir schlechter geht, kann ich ja den Notarzt anrufen. Geh du nur und amüsier dich!« Er lächelte gequält und hustete dann eine Weile. »Ich komme schon über die Runden!«
Mit zitternden Knien wankte er, die Decke hinter sich her ziehend, ins Schlafzimmer, um sein Testament zu schreiben. Am nächsten Tag ging es ihm ein wenig besser, und mit eisernem Uberlebenswillen erlebte er auch noch den dritten Tag. Inzwischen ist er vollständig geheilt und nimmt wieder aktiv am Leben teil, und wenn er das nächste Mal Halsweh hat, dann kriegt er von mir gleich eine Petersilienwurzel im Stück verpasst. Das wird mir eine Menge Arbeit ersparen.