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Der neue Modesommer

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Es ist doch jedes Jahr wieder ein kleines Wunder: Zartgrünes Sehnen liegt in der Luft, man möchte platzen vor Tatendrang. Und sich dabei rundum erneuern.

Glücklich lächelnd stand ich letzte Woche vor meinem Kleiderschrank, probierte mein Blümchenkleid vom letzten Sommer an und seufzte vor Behaglichkeit. Doch dann fiel mein Blick in den Spiegel, und mit Entsetzen stellte ich fest, dass ich in den letzten Wochen ein wenig Winterspeck angesetzt hatte. Den braucht man ja, um sich gegen die Kälte zu schützen, und man kann diese Pölsterchen in der dunklen Jahreszeit ganz wunderbar mit Wollpullovern, Mänteln und Schals verbergen.

Doch nun drohte die Stunde der Wahrheit. Eine fette Frau in mädchenhaftem Blümchenkleid, das an den Hüften spannte und gleich das Dekolleté sprengen würde, starrte mich düster an. Und überhaupt! Wer trägt noch Blümchenkleider?

Die Frühlingssonne schien ins Zimmer und lachte mich aus. Wütend zog ich das Kleid wieder aus, dabei riss mir eine Naht – und der Geduldsfaden, und ich stürzte mich auf das Sofa, um in einigen Zeitschriften zu erfahren, was denn in diesem Jahr so in Mode war.

Aha! Ein knabenhaftes Model von Chanel, kaum älter als meine Tochter, stellte mir ein lila Transparentjäckchen vor, das schon für läppische 500 Euro zu haben ist. Wirklich ein Schnäppchen. Dazu trägt sie nicht mehr als ein Unterhöschen, was auch allerliebst ist und bestimmt praktisch, weil man schnell an- und ausgezogen ist. Ihre Füßchen stecken in »ultrafemininen« Stöckel-Pantoletten, an einem goldenen Kettchen führt sie einen putzigen Schimpansen an der Leine. War der jetzt auch in Mode?

Ich stellte mir vor, wie ich mit meinen Söhnen im Doppel-Buggy, der Tochter an der Hand, der Handtasche auf der Schulter und dem Schimpansen am goldenen Kettchen, in femininen Pantoletten über den Ku-Damm stöckeln würde und blätterte schnell um.

Modedesigner Ferré schwelgte in asiatischer Pracht. Wieder präsentierten unterernährte, bleiche Kinder die fernöstlichen Gewänder, ohne die in diesem Sommer nichts zu machen war. Sarong-Röcke und Kimonos, über und über mit Mandelblüten bedruckt, beeindruckten mich nur wenig, weil ich nicht schon wieder so viel Blümchen spazierentragen wollte und mir in Mao-Jacke mit Bambusmuster irgendwie verkleidet vorgekommen wäre.

Also schnell weitergeblättert: Da Chanel ja auf dem RosaTrip war, übernahm Jil Sander in diesem Jahr die SchwarzWeiß-Kombinationen. Ich seufzte. Ein schwarzer Blazer unter dem man nichts tragen sollte, bis auf seine alabasterfarbene Haut. Todschick! Und dazu eine schneeweiße Leinenhose mit Bügelfalte. Einfach umwerfend würde ich damit aussehen. Fragte sich bloß, wie lange? Spätestens wenn ich Samuel auf die Schaukel des Kinderspielplatzes gehieft hätte, würde mir ein Busen rausgucken, und die weiße Leinenhose wäre bald voller Orangensaftspritzer und Schokopuddingflecken. Von der Bügelfalte ganz zu schweigen …

Wo ich gerade bei Mustern war: Diese hier von Versace waren wenigstens beabsichtigt! Leopardenflecken, Tigerstreifen, Batikoptik und glitzernde Blüten (nicht schon wieder Blümchen). Und geschrieben steht: »In diesem sexy Trägerkleid mit aufregendem Zebramuster sind Sie der Mittelpunkt einer jeden Sommerparty!« – »Was ist an einem Zebra so aufregend?«, fragte ich mich, und Lust auf Pfauenaugen auf meinem T-Shirt hatte ich auch nicht.

Letzte Hoffnung gab mir der brandaktuelle FolkloreLook: Von Naturtönen war die Rede, von den Steppenvölkern Asiens und Afrikas und von kunstvoll mit Henna bemalten Händen. Ob ich da ein niedliches Kamel an einem Goldkettchen hinter mir her ziehen müsste?

Ich ließ die Zeitschrift sinken und seufzte laut. Auf den Laufstegen von Paris und Mailand sieht diese Mode an knochigen Minderjährigen ja vielleicht ganz nett aus, aber doch nicht an mir. In mein Blümchenkleid würde ich mich trotzdem nicht wieder zwängen.

Ich wollte was Bequemes und trotzdem Modisches, und wissen Sie was? Ich habe es gefunden! In diesem Sommer pirsche ich im aktuellen Safari-Look durch den GroßstadtDschungel.

Auf den Farbtönen »Khaki«, »Oliv« und »Ebenholz« hebt sich weder Kakao, noch Apfelmus besonders ab – in den lässigen Hemdblusen kann ich meine Söhne auf jede Schaukel und Wippe heben, ohne dass mir der Busen herausfällt, und in den weiten, bequem geschnittenen Hosen könnte ich sowohl elegant Großwild erlegen, als auch in einem Satz in Bus und U-Bahn hechten.

Auch in Zukunft werde ich in zerknitterten AbenteuerHosen durch Berlin wildern, eine geflochtene Strohtasche fest unter den Arm geklemmt, und ob im nächsten Jahr in Paris und Mailand die neueste Rokoko-Mode oder der einbeinige Piraten-Look vorgestellt wird, ist mir ganz egal.

Tanjas Welt Band 2

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