Читать книгу Der NSU Prozess - Tanjev Schultz - Страница 162

Tag 144

Оглавление

30. September 2014

Manfred Götzl, Richter. Reiner Bode, 57, ehemaliger V-Mann-Führer von Tino Brandt im Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Thüringen. Er sagte bereits am Tag 100 aus. Wolfgang Stahl, Verteidiger von Beate Zschäpe. Thomas Bliwier, Sebastian Scharmer, Peer Stolle, Anwälte der Nebenklage.

Götzl Es geht uns um die Führung des V-Manns Tino Brandt. Vielleicht berichten Sie uns am Anfang, wie häufig Sie Treffen mit ihm hatten.

Bode In aller Regel habe ich die Quelle Brandt ein bis zwei Mal die Woche getroffen, zum Teil auch häufiger, darüber hinaus Telefonkontakt. Den konnte ich prinzipiell zu fast jeder Zeit haben. Üblicherweise wurden nach Treffen Berichte verfasst.

Götzl In welchem Zeitraum waren Sie mit ihm befasst?

Bode Etwa Mitte 94 bis Mitte 98.

Götzl Jetzt geht’s mir speziell um Informationen, die Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Frau Zschäpe betreffen würden oder die weiteren Angeklagten.

Bode Ich hatte die Gelegenheit, die beiden Vermerke, die in der Zeugenladung genannt werden, einzusehen. Ich bin sicher, dass ich die Vermerke gemacht habe, aber ich kann mich nicht mehr konkret erinnern, was die Quelle damals gesagt hat, bin aber sicher, dass ich das wiedergegeben habe, was mir die Quelle gesagt hat. Ich kann mich erinnern, dass es Bestrebungen gab, die drei nach Südafrika zu bringen, so wie das die Quelle berichtet hat. Die Quelle hatte aber nur mittelbaren Kontakt über André Kapke. Und es war nicht klar, ob Kapke einen unmittelbaren Kontakt hatte.

Götzl Sind da Namen genannt worden?

Bode Die Namen der drei auf jeden Fall. Ich habe Frau Zschäpe mit T geschrieben (»Tschäpe«), wie ich jetzt gesehen habe. Das war ein Beleg für mich, dass die Person nicht in Gänze mit der Quelle geklärt war, und die Auswertung hatte das wohl auch nicht oder es war ihr egal und sie hat es mir nicht gesagt. Ich selbst habe ja keine Personenklärung gemacht.

Götzl Zum Inhalt der Vermerke, was können Sie sagen?

Bode Es sollte sondiert werden, ob es die Möglichkeit gibt, dass die drei nach Südafrika gehen. Das andere war wohl eine Fahrt von Kapke nach Berlin zu jemandem von der NPD, ob man den dreien in irgendeiner Form helfen kann.

Götzl Wir haben hier den Vermerk: Hier steht Frank Schwerdt. (Ehemaliger Landesvorsitzender der NPD Thüringen.)

Bode Ja, dann war es Frank Schwerdt.

Anwalt Stolle Haben Sie mitbekommen, dass Tino Brandt Strafbefehle für Herrn Kapke mit dem Geld des LfV bezahlt hat?

Bode Das wäre ja viel zu heiß gewesen.

Anwalt Stolle War Thema, dass Anwaltsrechnungen für Herrn Brandt bezahlt worden sind vom LfV?

Bode Ja, wahrscheinlich wurden Gelder diesbezüglich bezahlt. Ich halte es für möglich.

Anwalt Stolle Sagt Ihnen das Anlegen von Spurfolgetechnik (landläufig: Peilsender) etwas?

Bode Ja, das Auto von Herrn Brandt wurde vom BfV (Bundesamt für Verfassungsschutz) mit Spurfolgetechnik ausgestattet. Der Plan war, dass Brandt André Kapke das Auto gibt und das uns zu den dreien führt. Das hat nicht geklappt. Ich kann mich erinnern, dass Herr Kapke vermutete, dass er verfolgt wurde.

Anwalt Stolle Herr Brandt hat gesagt, Straftaten hätten für das Amt keine Rolle gespielt.

Bode Dem muss ich widersprechen, das hat eine Rolle gespielt.

Anwalt Stolle Haben Sie, wenn Sie Kenntnis von Straftaten bekommen haben, Herrn Brandt dann gefragt?

Bode Ja, natürlich.

Anwalt Stolle Und was hat er geantwortet?

Bode Ich hab da keine konkreten Erinnerungen mehr.

Anwalt Stolle Gab es mal Warnungen an Herrn Brandt durch das LfV?

Bode Ich habe ihn definitiv nicht konkret vor Durchsuchungen gewarnt. Ich wusste gar nicht, wann durchsucht wurde. Zum anderen war mir als V-Mann-Führer immer klar, dass eine hochkarätige Quelle von möglichen Durchsuchungen bedroht ist. Insofern habe ich ihm hin und wieder den Hinweis gegeben, er möge seine Wohnung so herrichten, dass es keine Probleme gibt. Aber ich habe ihn nie vor konkreten Durchsuchungen gewarnt. Und mit Sicherheit hat uns die Polizei nicht in Kenntnis gesetzt, es gab da ein ausgeprägtes Konkurrenzdenken.

Anwalt Scharmer Haben Sie Herrn Brandt mal mit Informationsschriften der linken Szene versorgt?

Bode Ja, das ist denkbar.

Anwalt Scharmer Was sollte er denn dazu berichten?

Bode Ja, die linke hat sich mit der rechten Szene befasst und umgekehrt. Und da ich auf beiden Seiten gearbeitet habe, Linke und Rechte als V-Leute geführt habe, deshalb war es natürlich interessant, was weiß die rechte über die linke Szene und umgekehrt.

Anwalt Scharmer Gab es da auch eine Gefahrenabschätzung?

Bode Da habe ich sicherlich abgewogen.

Anwalt Scharmer Und da hat das Interesse an Aufklärung überwogen oder wie?

Bode Ja.

Anwalt Bliwier Sie haben vor dem Untersuchungsausschuss gesagt, dass Sie Herrn Brandt einbremsen mussten.

Bode Bei der Quelle musste man ständig auf der Bremse stehen, weil er bis in die Haarspitzen rechtsextrem war. Es war nicht unser Interesse, dass er überall omnipotent ist. Wir haben ihn ordentlich eingebremst, zum Beispiel, dass er nicht am Stammtisch am Mittwoch teilnehmen konnte, weil wir da einen Termin gelegt haben. Oder wir haben angedroht, dass er dann keine Prämie mehr erhält. Er war durchaus gefügig dann. Wir wollten auch nicht, dass er im NPD-Vorstand ist, dann wäre er als Quelle nicht zu halten gewesen. Es war uns damals schon nicht recht, dass er der große Zampano war, und es wäre uns recht gewesen, wenn er in die zweite Reihe rückt, aber das war ein hoffnungsloses Unterfangen.

Anwalt Bliwier Herr Dalek (ein V-Mann des bayerischen Verfassungsschutzes, der häufig in Thüringen war) hat auch geschildert, dass man Brandt einbremsen musste, dass Brandt extrem gewaltbereit gewesen sei. Die Rede war von einem militärischen Arm. Sagen Ihnen solche Diskussionen was?

Bode Nein, absolut nicht. Ich möchte das fast ausschließen. Wenn dem so war, dann hat er es sehr geschickt vor uns verborgen. Er war immer sehr offen, und man hatte den Eindruck, dass er alles erzählt hat. Ob es immer alles war, kann man natürlich nicht nachvollziehen. Ich hatte das Gefühl, dass wir ihn im Griff hatten. Aber es ist immer schlecht, wenn man nur einen guten Zugang hat. Von daher gesehen: Ja, weiß ich nicht.

(Der Zeuge verlässt den Gerichtssaal. Der Nebenklage-Anwalt Bliwier und Zschäpes Verteidiger Stahl geben Erklärungen ab.)

Anwalt Bliwier Die Angaben des Zeugen belegen, dass das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz in den Aufbau des Thüringer Heimatschutzes involviert war. Sie belegen auch das vollständige Versagen des Dienstes im Zusammenhang mit der Ergreifung der Gesuchten.

Verteidiger Stahl Zu Tino Brandt gäbe es einiges zu sagen. Wir beschränken uns auf das, was der Zeuge über unsere Mandantin zu bezeugen meint. Wir sind zur Überzeugung gelangt, dass Tino Brandt ein nahezu notorischer Lügner ist.

Der NSU Prozess

Подняться наверх