Читать книгу Manipuliert - Teri Terry - Страница 14
ОглавлениеUnterwegs zu sein, ist besser, als rumzusitzen. Der Regen tut auch gut: lieber nass sein und frieren, das lenkt ab.
Noch immer fühlt sich mein Brustkorb wie zugeschnürt an, aber wenn ich schnell laufe, muss ich ja atmen, muss mein Herz ja schlagen.
Noch mal verpatze ich es nicht. Darf ich nicht.
Ich finde dich, Shay.
Und dann? Was dann?
Das dann kann warten. Erst muss ich sie finden.
Als ich die kleine Wiese oberhalb der Klippen erreiche, wo Shay an mich gelehnt in der Sonne geschlafen hat, versagen mir die Beine.
Sofort spüre ich wieder ihren warmen Körper, rieche ihr Haar, das noch nass vom Wasserfall war. Genau hier ist es gewesen.
Los. Weiter.
Diesmal klettere ich direkt die Klippe hinunter und nehme nicht den leichteren Weg über die Felsspalte. Es hat aufgehört zu regnen, aber ich rutsche trotzdem auf den glitschigen Steinen weg.
Mit Händen und Füßen versuche ich, Halt zu finden, ramme die Hand zwischen zwei Felsen. Ein tierischer Schmerz, aber ich lasse nicht los. Mit den Fußspitzen suche ich zu beiden Seiten nach Halt, damit ich meine Hand entlasten kann. Und dann höre ich im Geist einen Schrei, ein Echo, so wie gestern, als ich hinterm Haus auf der Klippe stand.
»Bist du das, Callie? Keine Angst, mir passiert schon nichts.«
Etwas vorsichtiger klettere ich weiter, unten inspiziere ich meine Hand. Bloß eine Fleischwunde, blutet ein bisschen. Kein Ding.
Wäre Mum hier, würde sie mir sicher Wundspray und Pflaster verpassen. Mir fällt wieder die Situation in Callies Zimmer ein, als ich mich an dem Glasteddy geschnitten hatte und Mum sich um meine Wunde gekümmert hat. Sie wünschte, all meine Wunden wären so leicht zu verarzten, meinte sie damals. Doch sie werden nur schlimmer und schlimmer.
Das Wasser ist noch nicht ganz aufgelaufen. Als Shay und ich vom Ruderboot hier abgesetzt wurden, stand es höher, dafür war es nicht so stürmisch. Soll ich warten, bis sich die See beruhigt? Unschlüssig schaue ich aufs Meer.
Bleib in Bewegung.
Ich ziehe T-Shirt und Jeans aus, wickle sie in Plastik und packe sie in den Rucksack zu den Wasserflaschen und den restlichen Lebensmitteln, die ich im Haus noch finden konnte.
Als ich den Fuß ins Wasser tauche, muss ich losfluchen. Es ist so scheiße kalt. Am besten kurz und schmerzlos! Ich mache ein paar Schritte ins Wasser und stürze mich dann rein.
Der Schock schnürt mir den Atem ab, und alles in mir sträubt sich, die Arme auszustrecken und zu schwimmen. Ich will wieder raus aus dem Wasser, mich aufwärmen.
Ich kraule, so schnell ich kann, um wieder Gefühl in Arme und Beine zu bekommen. Bald habe ich die Bucht und auch die Felsen hinter mir gelassen, das Wasser wird tiefer. Hier ist auch mehr Wellengang. Die Höhle liegt vor der Küste links, aber sobald ich in die Richtung schwimme, muss ich gegen die Strömung ankämpfen, die mich nach rechts treibt. Also schwimme ich noch etwas aufs Meer hinaus, nehme leichten Kurs nach links in den immer heftiger schlagenden Wellen.
Mit jedem Zug wird es schwerer. Mir tanzen schon Sterne vor den Augen.
Erschöpft schließe ich die Augen, lasse mich ein wenig treiben und vom wirbelnden Wasser davontragen. Meine Gedanken sind diffus und sprunghaft. Shays, Mums und Callies Gesicht tauchen kurz auf und …
NEIN!
Ich zucke zusammen, reiße die Augen auf. Das war kein Echo mehr, eher ein Schrei.
»Alles klar, Callie. Weiter geht’s.« Ich treibe mich an, kämpfe mich nach links vor. Hier draußen auf dem Meer ist der Sog nicht so stark. Ich schwimme absichtlich an der Höhle vorbei, dann Richtung Land. Sobald ich mich der Küste nähere, wird die Strömung stärker und treibt mich wieder hinaus.
Doch allmählich beruhigt sich die See. Im Schatten der Klippen schwimme ich auf den dunklen Felsspalt zu.