Читать книгу Gut durch die Wechseljahre für Dummies - Theresa Hansen-Rudol - Страница 38
Sehnsüchte und Bedürfnisse anerkennen und würdigen
ОглавлениеBei Silvia, 49, lief bisher alles ganz gut. Ihren jetzt zweijährigen Sohn hat sie spät bekommen, ein aufgewecktes Kerlchen. Ihre Ehe ist sehr glücklich, als Englischlehrerin wurde ihr eine neue Stelle angeboten, die viele Vorteile mit sich bringt. Doch nun steckt sie in einer Lebenskrise. Sie kann sich nur schwer zu irgendetwas aufraffen, selbst ihren geliebten Sport hat sie sausen lassen und eine berufliche Auszeit genommen. Was ist passiert? Als wir uns zum ersten Mal in meiner Praxis treffen, bricht sie nach kurzer Zeit in Tränen aus und erzählt von ihrem Wunsch nach einem zweiten Kind. Ihre letzte Periode hatte sie vor über einem halben Jahr. Nach einer Odyssee durch zwei Kinderwunschkliniken musste sie ihre Hoffnung begraben. Die endgültige Diagnose: Menopause. Ihre Freunde haben vergeblich versucht, sie zu trösten: »Blick nach vorn, du musst jetzt loslassen. Sei doch dankbar für den Jungen, den du hast.« – so ihr Ratschlag. Silvia hat das nicht weitergebracht. Sie trat den inneren Rückzug an und erst auf Drängen ihres besorgten Ehemanns suchte sie das Gespräch mit mir. Sie begann, ihre Traurigkeit in Form eines Tagebuchs zu verarbeiten und schrieb ihrem Wunschkind einen bewegenden Brief. Ihren unerfüllten Kinderwunsch hat sie mit einem Abschiedsritual loslassen können. Schritt für Schritt hat sie in ihr aktives Leben zurückgefunden.
Monika, steckte, als ihr Mann sich ernsthaft in eine Kollegin verliebte, in einem Konflikt. Schon lange hatte sie etwas geahnt. Nach dem Geständnis ihres Mannes stand Monika, für die Ehe und Treue alles war, vor einem Scherbenhaufen. Für ihre Freundinnen war die Sache schnell klar: »Lass dir das bloß nicht bieten, schmeiß ihn raus und such dir einen guten Scheidungsanwalt.« Stattdessen nahm sich Monika Zeit für ihre eigene Bilanz. Sie erkannte, was sie selbst in ihrer Ehe seit Langem vermisst hatte. Sie und ihre Bedürfnisse waren im Familienalltag untergegangen. Ihr wurde bewusst, welche negativen Folgen das Festhalten an alten Verletzungen für ihr zukünftiges Leben haben würde. Gedanklich spielte sie die Folgen einer Trennung durch und ihr ging auf: Ich schaffe das. Dann kam die Wende. Denn in der entscheidenden Aussprache mit ihrem Mann stellte sich heraus, was auch bei ihm alles zu kurz gekommen war. Beide sahen darin eine Chance. Sie entschieden sich für eine gemeinsame längere Ehetherapie. Beide haben an sich gearbeitet und die Geschichte nahm mit dem Neuanfang ein gutes Ende.
Das Bedürfnis nach Kontinuität gehört zu unserer menschlichen Grundausstattung. Verlust- und Abschiedsschmerz im Leben ist aber unvermeidbar. Loslassen bedeutet sowohl Beenden und Abschied als auch Lösung und Neuanfang. Wenn der Wind der Veränderung bläst, sind Festhalten und Klammern natürliche Reflexe. Um das neue Ufer erreichen zu können, müssen wir das sichere alte loslassen und uns dem natürlichen Fluss des Lebens anvertrauen.
Kleine Kinder lernen spielerisch loszulassen. Sie sind zwar schutzbedürftiger, aber auch flexibler und neugieriger als Erwachsene. Werden sie nicht ständig in Watte gepackt, entwickeln sie viel Selbstvertrauen, können sich ausprobieren und beweisen, was sie schon alles allein können. Jede Mutter weiß, dass sie ihr Kind loslassen muss, damit es selbstständig werden kann.