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Nikolauskirche

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Nach einer ruhigen - und ungestörten - Nacht fühlte sich Santu wie neugeboren.

Rooperti war bereits auf. Er stand mit seinem alten Nokia-Handy am Fenster und telefonierte. Konzentriert starrte er dabei auf den Parkplatz vor dem Haus, der von wildem Gesträuch fast völlig umrahmt wurde.

Er schien den erstaunten Blick von Claus in seinem Nacken gespürt zu haben, denn wie ein ertappter Sünder beendete er abrupt das Gespräch. Rooperti am Telefonieren? Der weiß hoffentlich, dass Auslandsgespräche, und gerade hier, im Heidenland, ein Heidengeld kosten… Na ja, ist nicht mein Problem.

„Ich habe eben mal im Touristenbüro nachgefragt, wo wir diese Kirche finden“, stotterte Roopertier, fing sich aber gleich wieder.

„Ach übrigens: Wo wachsen denn hier die Weidenruten? Das da draußen sind keine."

„Ist im Moment unwichtig. Lass uns erst einmal frühstücken gehen", bewies Santu Pragmatismus. "Ich wette, unterwegs finden wir dann schon welche. Übrigens: Wir haben doch einen Ortsplan..."

Gesagt getan. Nach einer Dusche im spartanischen Bad ihres bescheidenen Zimmers und einem dürftigen kontinentalen Frühstück im dürftigen Salon des Hotels, machten sie sich unter der wegweisenden Leitung eines Michelins auf die Socken.

Demre, oder auch Demre-Kekova, ist recht überschaubar. Gerade mal 25.000 Einwohnern verteilen sich in dem kleinen Städtchen. Und es ist alt, steinalt. Viele Bauten, zum Teil ruinöser als Pompeji nach der Katastrophe, zeugen von einer langen Geschichte.

Bekannt ist die Stadt durch sein malerisch gelegenes griechisch-römisches Amphitheater, die pittoresken Felsengräber, die mächtigen Rankensarkophage und durch das Wirken des heiligen Bischofs Nikolaus, der klerikalen Allzweckwaffe der Spätantike.

Denn neben der Errettung der angeblichen Jungfrauen vor der Prostitution sprach man dem Heiligen weitere Wunderwerke zu. So zum Beispiel die Rettung von drei Offizieren vor dem Tode, die unschuldig des Hochverrates angeklagt und in einen Turm gesperrt worden waren. Weiter soll er drei Schüler davor bewahrt haben, von einem verbrecherischen Gastwirt geschlachtet und eingepökelt zu werden. Geschlachtet und gepökelt. Schüler. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen...

Damit aber noch nicht genug der Ehre. Denn Nikolaus soll auch ein in Seenot geratenes Schiff gerettet haben: Die Matrosen hätten angeblich während eines Sturms in höchster Not nach Nikolaus geschrien. Als dieser "erschien" hätte sich angeblich das Meer beruhigt und der Sturm aufgehört zu toben.

Harter Tobak, war Santu schon ein bisschen neidisch. Woher soll der denn auf einmal aufgetaucht sein? Aus dem Nirwana? Das schaff' ich ja noch nicht einmal...

Weiteren Legenden zufolge hatte Nikolaus dafür gesorgt, dass einem Juden, dem sein Geld gestohlen worden war, das Diebesgut zurückerstattet wurde. Und die Stadt Myra soll er vor einer Hungersnot bewahrt haben. Ja, ja. Und so weiter, und so weiter.

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