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1.3. Pädagogik und Ethik: Parallelen und Unterschiede
ОглавлениеPraxisreflexion spielt in der Schule, der Lehrerbildung und der Erziehung allgemein eine wesentliche Rolle. Wenn wir Ethik betreiben, nehmen wir ebenfalls eine reflektierende Einstellung ein. Wie die Pädagogik zur Erziehungspraxis, steht die Ethik zur Moral in einem reflexiven Verhältnis. Das erklärt, weshalb es zwischen Pädagogik und Ethik eine Reihe von Gemeinsamkeiten und Überschneidungen gibt.
Erziehung setzt immer schon ein bestimmtes Ethos voraus. Dieses Ethos bleibt aber häufig unausgedrückt und unreflektiert. Eine Auseinandersetzung mit Ethik dient dazu, sich dieses Ethos bewusst zu machen, zu diskutieren und gegebenenfalls zu kritisieren.
Zwischen der Praxisreflexion (etwa im Sinn von Schoen 1993) und der ethischen Reflexion bestehen deutliche Parallelen, aber auch klare Unterschiede: In beiden Fällen betrachten wir das zwischenmenschliche Beziehungsgeschehen aus externer Warte, und in beiden Fällen spielen Wertungen eine Rolle. Wo wir jedoch die pädagogische Praxis beurteilen, tun wir dies unter Ausklammerung der Skala von gut und schlecht im moralischen Sinn. In der Ethik hingegen steht gerade diese moralische Wert-Dimension im Vordergrund. Wenn wir beispielsweise darüber diskutieren, ob eine bestimmte Verhaltensweise moralisch verantwortbar ist, wenn wir analysieren, inwieweit man von einer sozialen Ordnung beziehungsweise einer Institution sagen kann, sie sei „gerecht“, so betreiben wir Ethik. Die Ethik ist also genau so wenig wertfrei wie die Pädagogik, und sie gibt auch nicht vor, es zu sein.