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1.8. Moralische Emotionen

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Ein letztes Problem: Werte sind, wie wir festgestellt haben, als solche nicht sinnlich wahrnehmbar. Wie gelingt es uns dann, Werte voneinander zu unterscheiden? Das Einschätzen von Werten ist eine intellektuelle Leistung, in die unsere Gefühle auf komplexe Weise mit hineinspielen. An einem wertvollen Familienerbstück hängen die Emotionen der Nachkommen. Eine historische Urkunde bezieht ihren Wert aus ihrer Identität stiftenden Bedeutung für ein Volk, ein Bild von Rembrandt oder Van Gogh aus seiner künstlerischen und ästhetischen Qualität. Die Einschätzung solcher Qualitäten erfolgt niemals nur auf der Grundlage von Sinneswahrnehmungen. Ähnliches gilt für die Einschätzung ethischer Werte. Dabei sind immer – direkt oder indirekt – Gefühle oder Emotionen mit im Spiel. Der Zusammenhang zwischen Gefühlserlebnissen und Werte-Erfahrungen kann hier freilich nur angedeutet werden (vgl. Kapitel II.5.3).

Emotionen oder Gefühle (diese Begriffe werden hier der Einfachheit halber gleichgesetzt) spielen in der Ethik noch in anderen Hinsichten eine wesentliche Rolle:

• Nicht nur wie wir handeln, ist eine ethische Frage, sondern auch, wie wir uns zu unseren Gefühlen verhalten. Wir haben praktisch zu jeder Zeit irgendwelche Gefühle. Emotionen spielen in der menschlichen Kommunikation eine zentrale Rolle.

• Wie weit wir auf die Gefühle anderer Personen eingehen, ist ethisch von erheblicher Bedeutung. Die Einfühlungsfähigkeit oder Empathie ist dafür eine wesentliche Voraussetzung. Wir können mit anderen auch averbal kommunizieren. Zu den Regeln dieser Kommunikation gehört, dass wir unseren Mitmenschen bestimmte Gefühle zuschreiben und dass wir ihnen in unsere Emotionen selektiven Einblick geben, vor ihnen also auch unschöne Emotionen, wie Neid oder Hass, verbergen (Smith 1759).

• Wie gut wir unsere eigenen Emotionen „im Griff haben“, uns beherrschen und unsere Gefühle regulieren, ist ethisch nicht bedeutungslos. Wer im Affekt – z.B. aus Eifersucht oder Hass – handelt, gilt in dem betreffenden Augenblick als vermindert zurechnungs- und schuldfähig, im Gegensatz zu jemandem, der sich aus kalter Berechnung analog verhält. Besonders aggressive Akte sind aber nicht selten die Folge mangelnder Empathiefähigkeit. Wer sich nicht in andere einzufühlen vermag, wird größte Schwierigkeiten haben, sich ihnen gegenüber korrekt zu benehmen.

• Bestimmte Emotionen oder Gefühlshaltungen bilden die Grundlage für freundliches und faires Verhalten. Zu diesen Emotionen gehören Sympathie, Liebe und Mitleid. Diese Emotionen sind für die Ethik von großer Bedeutung (vgl. Kap. 4.2.).

• Eine weitere Gruppe moralischer Emotionen oder Gefühle spielt im Zusammenhang mit der moralischen Zustimmung oder Nichtzustimmung zu menschlichem Verhalten eine entscheidende Rolle. Darauf geht der folgende Abschnitt näher ein.

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