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Mordversuch und göttlicher Beistand
ОглавлениеEs war inzwischen ein Jahr vergangen. Kurz vor den Sommerferien 1976 kam ich mit einer Vier in Rechnen von der Schule nach Hause. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht mit dieser Reaktion meiner Mutter, als ich ihr im Kinderzimmer die „schlechte“ Note zeigte.
Wie von der Tarantel gestochen, rannte sie in die Küche. Ich konnte hören, wie sie eine Schublade aufriss. Plötzlich erschien sie mit einem langen Küchenmesser in der Tür. Sie stellte sich vor mich hin, ergriff das Messer mit beiden Händen, hob es bis weit über ihren Kopf an und sah mich mit einer diabolisch verzerrten Fratze an, die Zähne gefletscht. „Ich stech dich ab, du Teufelsbrut! Ich bring dich um! Ich stech dich jetzt endlich ab! Jetzt bring ich dich um!“
Das schien das Ende zu sein …
Doch plötzlich hatte ich das Gefühl, als würde sich etwas oder jemand hinter mich stellen und seine beiden Hände auf meine Schultern legen. Diese unsichtbare Person „blickte“ mir über die Schulter auf meine Mutter. Und plötzlich hörte ich ganz deutlich folgende Worte in meinem rechten Ohr:
„Dies ist mein geliebtes Kind. Diesem Kind wirst du nicht das Geringste tun!“
Obwohl mir meine Mutter immer noch mit erhobenem Messer gegenüberstand, breitete sich in mir eine vollkommene Ruhe aus und ich hörte mich sagen: „Oh ja, bitte! Stich mich ab! Das ist das Beste, was du mir tun kannst. Dann bin ich in einer besseren Welt. Du aber musst mit dieser Schuld für den Rest deines Lebens zurechtkommen. Bitte, stich mich ab!“
Mit einem Mal schien es, als ob eine Maske vom Gesicht meiner Mutter abfiele. Die teuflische Fratze verschwand und die menschlichen Züge wurden wieder sichtbar. Sie ließ das Messer sinken und drehte sich schweratmend um. Wie mit einer großen Last beladen, schleppte sie sich in die Küche davon. Ich hörte, wie sie langsam die Schublade öffnete und das Messer hineinlegte, um sich danach wie in Zeitlupe, immer noch schwer atmend, ins Elternschlafzimmer zu begeben.
Erst dann spürte ich, wie sich der Druck der unsichtbaren Hände von meinen Schultern löste, und die Präsenz, welche ich die ganze Zeit sehr intensiv hinter mir verspürt hatte, sich von mir entfernte. Noch immer von einer unglaublichen inneren Ruhe erfüllt, begab ich mich zu meinem Schreibtisch, um dort meine Hausaufgaben zu erledigen. Meine Mutter hingegen war nach diesem Ereignis drei Tage lang nicht in der Lage, sich mir zu nähern. Zudem verspürte ich in der ganzen Wohnung eine seltsame Ruhe und Harmonie, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte. Wohin ich mich auch bewegte, hatte ich immerzu das Gefühl, nicht mehr allein zu sein.
Als meine Schwester nach Hause kam und klingelte, öffnete ich ihr die Haustür. Meine Mutter war nicht dazu in der Lage, da sie noch immer schwer atmend auf ihrem Bett lag. Noch bevor meine Schwester die Wohnung betrat, zog ich die Schlafzimmertür meiner Eltern zu. Auch meine Schwester verhielt sich an diesem Tag mir gegenüber vollkommen anders, als ich es von ihr gewohnt war. Eine unglaubliche Stille erfüllte die Wohnung, und ich hatte das Gefühl, als wäre ich von einem wohlig warmen, schützenden Kokon umgeben.
In diesem Ereignis wurde sehr deutlich, dass hier zwei Machtbereiche aufeinanderstießen. Die unnatürlich verzerrte Fratze meiner Mutter und ihr Ansinnen, mich zu töten, waren ein Ausdruck zerstörerischer, dämonischer Mächte aus dem Bereich des unsichtbaren Geistraums. Meine Mutter war in diesem Moment nicht mehr Herr über sich selbst. Dem gegenüber, oder vielmehr darüber, stand der übernatürliche Friede und die Anwesenheit eines liebenden, schützenden Wesens, das die Oberhand behielt und eindeutig mächtiger war. Hier begegnete mir nun zum zweiten Mal nach dem Ereignis im Sterbezimmer meines Großvaters eine Macht, welche einer noch höheren Dimension entstammte als der Geistwelt, die ich bisher kannte. Sie konfrontierte die dämonischen Mächte, die durch meine Mutter wirkten und nahm Autorität über sie, sodass ich für ihre zerstörerischen Machenschaften nicht mehr erreichbar war.