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C. Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 GG

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Nach ganz h.M.[1] gibt es kein Grundrecht auf Gesundheit als Individualanspruch. Vielmehr ist Art. 2 Abs. 2 GG, soweit die Gesundheit angesprochen ist, eher als Auftrag an den Gesetzgeber und die Gerichte zu verstehen, bei den jeweiligen Entscheidungen z.B. über die Arzneimittelsicherheit[2] oder den Leistungsumfang der Sozialsysteme im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 1 GG auch die Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen eines Gesundheitssystems zu beachten, in dem der Einzelne wiederum gemessen am Anspruch des Art. 2 Abs. 2 GG geschützt ist.[3] Dies ist kein Widerspruch in sich. Zuck[4] weist zutreffend darauf hin, dass der früher auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unkritisch verwendete unsägliche Begriff der „Volksgesundheit“ den Wertgehalt von Art. 2 Abs. 2 GG ebenso wenig widerspiegelt wie die neuere Terminologie der „Gesundheit der Bevölkerung“. Letztlich sind dies inhaltsleere Floskeln, mit denen man alles und jeden „zu erschlagen können glaubt“ angesichts ihrer gerade in Deutschland nahezu metaphysischen Verklärung.[5]

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Bezogen auf Gesundheitssysteme dürfte der Zugang über das Sozialstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 1 GG zutreffend sein. Konkret kann diese Frage dann eine Rolle spielen, wenn eine Methode oder ein Arzneimittel nicht im Leistungskatalog der GKV enthalten ist, der Betroffene aber behauptet, er benötige diese Methode oder Substanz, weil er ansonsten schwerwiegende gesundheitliche Nachteile hinzunehmen oder zu befürchten habe. Handelt es sich hingegen um eine lebensbedrohliche Erkrankung kann auch die Kostenübernahme für eine kurative Alternativtherapie erstattungsfähig sein, wenn die vorhandene Standardtherapie nur palliative Ziele verfolgt.[6] Der Ausschluss von OTC-Arzneimitteln von der Kostenerstattungspflicht in der GKV (§ 34 Abs. 1 SGB V) ist nicht verfassungswidrig.[7] In gleicher Weise wurde die Ablehnung einer begehrten Leistung im Rahmen der Behandlung von Hypoglykämiewahrnehmungsstörungen bei Diabetes mellitus Typ I, die vom G-BA abgelehnt worden war, nicht als Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG und auch nicht als Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip eingestuft, da es sich nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handele.[8] Das BSG hat die Altersgrenzen im Rahmen reproduktionsmedizinischer Maßnahmen sowie ihre Beschränkung auf Ehepaare in der GKV unter eingehender Begründung mit dem Kindeswohl begründet und deshalb die Pflicht zur Kostenübernahme für heterologe In-vitro-Fertilisationen abgelehnt.[9] Das BVerfG hat die gesetzgeberische Entscheidung in § 27a SGB V, Kosten im Rahmen der künstlichen Befruchtung nur bei Eheleuten und dort auch nur im homologen System zu übernehmen, gebilligt, dies aber im Wesentlichen mit der Abwägungsprärogative des Gesetzgebers begründet; ein generelles Unwerturteil heterologer Verfahren lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen.[10] Interessant ist allerdings der Hinweis des BVerfG, die Ungleichbehandlung zwischen verheirateten und nicht verheirateten Paaren sei im Ergebnis nur deshalb kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil es sich bei der Kinderwunschbehandlung durch künstliche Befruchtung nicht um Krankenbehandlung im eigentlichen Sinne, wie z.B. chirurgische Eingriffe handle (sic!), sondern vom Gesetzgeber nur den Regelungen für Krankenbehandlung unterworfen wurde.[11] Auch der BGH hat nur die homologe extra-korporale Befruchtung innerhalb der Ehe als medizinisch notwendige Heilbehandlung qualifiziert und die Einstandspflicht der Krankenkasse für zunächst drei Versuche bejaht.[12] Grundsätzlich darf der Ausschluss eines Patienten von „zuteilungs- bzw. verteilungspflichtigen“ Leistungen wie z.B. in der Transplantationsmedizin aber nicht willkürlich sein, so angenommen für die Nichtaufnahme eines Patienten auf die Warteliste wegen mangelnder Deutschkenntnisse.[13]

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Regelmäßig gibt es immer wieder Diskussionen um den Sinn und die Rechtmäßigkeit einer Impfpflicht. Durch das Präventionsgesetz[14] wurde 2015 das Infektionsschutzgesetz (IfSG) geändert. Eltern müssen seitdem bei der Kita-Anmeldung nachweisen, dass eine ärztliche Beratung über einen ausreichenden Impfschutz vorliegt. Wenn der Nachweis nicht erbracht wird, benachrichtigt die Kita-Leitung das Gesundheitsamt. Das wiederum nimmt Kontakt mit den Eltern auf und mahnt sie, diese Beratung in Anspruch zu nehmen. Das BMG wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG kann insoweit eingeschränkt werden.[15] Solange das BMG von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen zum Erlass dieser Rechtsverordnung ermächtigt. Wird festgestellt, dass eine Person in einer Gemeinschaftseinrichtung erkrankt ist, dessen verdächtig oder ansteckungsverdächtig ist, kann die zuständige Behörde Personen, die weder einen Impfschutz, der den Empfehlungen der STIKO entspricht, noch eine Immunität gegen Masern durch ärztliche Bescheinigung nachweisen können, Tätigkeiten untersagen, bei denen Kontakte zu den dort Betreuten bestehen sowie Betreuten Betretungs-, Benutzungs- und Teilnahmeverbote erteilen, bis eine Weiterverbreitung der Krankheit in der Gemeinschaftseinrichtung nicht mehr zu befürchten ist (§ 28 Abs. 2 IfSG). Auch Nichtstörer können zu diesen Maßnahmen herangezogen werden. Ziel ist es, die Infektionskette zu unterbrechen. Maßnahmen nach § 28 IfSG werden auf Vorschlag des Gesundheitsamts von der zuständigen Behörde angeordnet. Bei Gefahr im Verzug kann das Gesundheitsamt auch selbst handeln. Widerspruch und Klage haben keine aufschiebende Wirkung.[16] §§ 33–35 IfSG beinhalten besondere Vorschriften für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen, wie Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen, Kinderhorten oder sonstigen Ausbildungsorten tätig sind. Diese besonderen Vorschriften richten sich auch an die Besucher/Nutzer dieser Einrichtungen. So können etwa auch Schulbesuchsverbote ausgesprochen werden.[17]

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Anfang 2019 stieß der SPD Gesundheitsexperte Karl Lauterbach die Diskussion um eine Impfpflicht zum Schutz vor Masern angesichts des weltweiten Anstiegs der gemeldeten Erkrankungen erneut an. Gesundheitsminister Jens Spahn nahm die Initiative auf. Derzeit liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz) vor. Darin wird u.a. für bestimmte Personenkreise, z.B. Kindergartenkinder und Schüler, eine Impfpflicht zum Schutz vor Masern eingeführt (dazu unten Rn. 15). Das Meinungsbild hierzu ist sehr unterschiedlich.[18] In der früheren DDR gab es eine entsprechende Impfpflicht. Dies schlägt sich auch in Umfragen nieder. Die ostdeutsche Bevölkerung steht der (Wieder-)Einführung einer Impfpflicht wesentlich offener gegenüber als der Rest der Bevölkerung in der Bundesrepublik. Aber auch in der „alten“ Bundesrepublik gab es bis weit in die siebziger Jahre hinein – von vielen vergessen – eine Impfpflicht gegen Pocken, die im Übrigen vom Bundesverwaltungsgericht als mit dem GG vereinbar eingestuft wurde.[19] Sie wurde formell erst 1982 aufgehoben[20], nachdem die WHO Pocken weltweit als ausgerottet deklariert hat. Andere Länder in Europa wie etwa Tschechien oder Italien haben eine entsprechende Impfpflicht zum Schutz vor Masern, aber deshalb keineswegs eine bessere Durchimpfungsrate als Deutschland. Während die organisierte Ärzteschaft einer Impfpflicht wohl eher positiv gegenübersteht, sehen es einige Gesundheitspolitiker eher zurückhaltend, so etwa die bayrische Gesundheitsministerin Melanie HummelÜberzeugung ist besser als Zwang“. Ähnlich zurückhaltend äußert sich der Deutsche Ethikrat in seiner Stellungnahme vom 27.6.2019.

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Das Grundgesetz können Impfgegner wohl nicht für ihre Position in Anspruch nehmen. Das gilt sowohl für Art. 2 Abs. 2, Art. 4 und Art. 6 Abs. 2 GG. Hinsichtlich Art. 2 Abs. 2 GG ist zunächst der Parlamentsvorbehalt gewahrt. Der Schutz der Bevölkerung vor aggressiv ansteckenden und gefährlichen Infektionskrankheiten, der nur mit einer Steigerung der Impfquote zur Herbeiführung der sog. „Herdenimmunität“ erfolgreich gewährleistet werden kann, hat auch verfassungsrechtlich einen hohen Stellenwert.[21] Die Impfung ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Das Risikopotential der Masern-Impfung ist nachweislich verschwindend gering.[22] Das Grundrecht auf elterliche Sorge schützt nicht nur die Entscheidungshoheit der Personensorgeberechtigten, i.d.R. der Eltern, sondern verpflichtet sie auch, gesundheitliche Gefahren von ihren Schutzbefohlenen abzuwenden.[23] Vor dem Hintergrund des unbestreitbaren individuellen Nutzens der Impfung für den Impfling, gerade im Kleinkindalter, lässt die Verweigerung von Eltern, ihren Kindern diesen Schutz zuzubilligen und sich dabei auch noch auf Art. 6 Abs. 2 GG zu berufen, als rechtsmissbräuchlich einordnen.[24] Art. 4 GG wäre durch die Einführung einer Impfpflicht ebenfalls nicht verletzt. Dieses Grundrecht steht zwar nicht unter einem Gesetzesvorbehalt, ist jedoch keineswegs schrankenlos. So kann sich wohl niemand auf Art. 4 GG berufen, wenn seine Handlungen offensichtlich dem deutschen ordre publique widersprechen wie etwa das Schächten von Tieren oder die Diskriminierung von Frauen oder die Vielweiberei[25]. Dies gilt im Hinblick auf die Impfdiskussion erst recht, wenn sie insoweit mit längst widerlegten Argumenten, Verschwörungstheorien und Leugnung epidemiologischer Erkenntnisse geführt wird.

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Grundrechtsrelevante Fragen tauchen auch im Rahmen der Kostenerstattungspflicht für Arzneimittel außerhalb ihrer Zulassung auf. Mit Urteil vom 19.3.2002 hatte das BSG[26] entschieden, dass im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nur dann Kosten für Arzneimittel getragen werden können, wenn sie im Rahmen der Indikationen, für die die Zulassung erteilt worden ist, verabreicht werden. Das BSG hält einen zulassungsüberschreitenden Einsatz von Fertigarzneimitteln nur dann für gerechtfertigt, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ gegeben sind:

Das Fertigarzneimittel soll zur Behandlung einer schwerwiegenden Krankheit eingesetzt werden. Dabei versteht das BSG unter einer schwerwiegenden Krankheit solche Krankheiten, die entweder lebensbedrohlich sind oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen.
Es darf keine vertretbare andere Behandlungsalternative verfügbar sein.
In einschlägigen Fachkreisen muss ein Konsens über den voraussichtlichen Nutzen des zulassungsüberschreitenden Einsatzes des Arzneimittels bestehen.

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Trotz der scheinbaren Klarheit dieser drei Voraussetzungen hat die Entscheidung des BSG zahlreiche Folgefragen aufgeworfen (z.B. bei Tumorbehandlung von Kindern), die in der Praxis immer noch einer befriedigenden Lösung harren.[27] Eine gewisse Öffnung folgt aus einer Entscheidung des BSG.[28] Danach kann eine Kostentragungspflicht im Rahmen der GKV angenommen werden, wenn das Arzneimittel im Ausland zugelassen ist und für einen seltenen Einzelfall, also nicht für eine abstrakte Indikationsgruppe, über die erlaubte Apothekeneinfuhr (§ 73 Abs. 3 AMG a.F.) importiert wird.

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Infolge der Entscheidung des BSG hatte das BMG (damals noch BMGS) eine Expertengruppe „Off-Label-Use“ eingerichtet. Die Expertengruppe soll Feststellungen darüber treffen, ob die – nicht in einem Zulassungsverfahren getestete – Anwendung eines Arzneimittels „medizinisch sinnvoll“ erscheint. Dadurch sollen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gefördert werden. Der Gesetzgeber hat diese Überlegungen aufgegriffen und in dem seit dem 1.1.2004 geltenden neuen § 35c Abs. 1 SGB V umgesetzt. Danach beruft das Bundesministerium für Gesundheit Expertengruppen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, die Bewertungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereiche, für die sie nach dem Arzneimittelgesetz nicht zugelassen sind, abgeben sollen. Diese Bewertungen sollen dann dem gemeinsamen Bundesausschuss als Empfehlung zur Beschlussfassung gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V zugeleitet werden. Eine entsprechende Bewertung soll im Übrigen nur mit Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmens erstellt werden. Diese Einschränkung erfolgte offensichtlich im Hinblick auf die Befugnis des Herstellers, das Ausmaß der Verkehrsfähigkeit des von ihm zu verantwortenden Produkts zu bestimmen. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass der Gesetzgeber eine derartige Zustimmung bzw. Billigung der Ausweitung der Verkehrsfähigkeit offenbar auch als Haftungsvoraussetzung im Rahmen der Gefährdungshaftung nach § 84 AMG betrachtet. Der § 25 Abs. 7a AMG, eingeführt durch das 12. Änderungsgesetz, sieht mittlerweile vor, dass die beim BfArM gebildete Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen kann, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können (§ 25 Abs. 7a S. 7 AMG).

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Nach einer Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005[29], durch die eine die Leistungspflicht der GKV für eine nicht anerkannte Arzneimitteltherapie ablehnende Entscheidung des BSG aufgehoben wurde, bekam die Diskussion neuen Auftrieb. Danach sind innerhalb der GKV auch Kosten für nicht anerkannte Methoden oder Off-Label-Anwendungen zu erstatten, wenn

eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorliegt,
bzgl. dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht,
bzgl. der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine „auf Indizien gestützte“, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

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Die grundsätzliche Bindung an den Leistungskatalog der GKV und die Kompetenz des G-BA zur Konkretisierung und Prüfung neuer Behandlungsmethoden hat das BVerfG nicht angetastet[30]. Dementsprechend hat das BSG in aktuellen Entscheidungen[31] seine Rechtsprechung unter Beachtung der vom BVerfG aufgestellten Grundsätze fortentwickelt, ohne dass jedoch damit die Off-Label-Problematik deutlich „liberalisiert“ worden wäre. Praktische Hilfe bietet eine Anlage VI zu den Arzneimittel-Richtlinien zu anerkannten Off-Label-Use Indikationen solcher Arzneimittel (Teil A), nachdem der Aufnahme ein positives Votum der Expertengruppe und eine Anerkennung dieses Off-Label-Use durch den pharmazeutischen Unternehmer als bestimmungsgemäßen Gebrauch vorausgegangen ist. Die abschließende Beschlussfassung hierfür erfolgt durch den G-BA. Den durch die Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätzen entspricht im Wesentlichen der durch das GKV-VStG neu eingefügte § 2 Abs. 1a SGB V. Mit zwei Beschlüssen hat das BVerfG seinen „Nikolaus-Beschluss“ konkretisiert.[32] Danach gilt diese Ausnahmeregelung nur bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen, nicht aber bei wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankungen.

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Konsequenzen für die Praxis: Die Anwendung von Fertigarzneimitteln außerhalb der bestehenden Zulassung ist im Rahmen der gesetzlichen Krankenkassen nur verordnungsfähig, wenn die vom BSG gegebenen Voraussetzungen erfüllt sind. Verordnungen zulasten der GKV, die nicht unter diese Voraussetzungen fallen, können zu einem Regress der KV gegenüber dem verordnenden Arzt führen. Dabei haben die KV wegen der erschöpfenden Vorgaben des BSG keinen Ermessensspielraum. Die Expertengruppen beim BMG haben bisher nur für ganz wenige Arzneimittel Stellungnahmen für die Anwendung außerhalb ihrer zugelassenen Indikation oder Indikationsgebiete abgegeben. Wenn für ein Arzneimittel eine derartige Stellungnahme fehlt, besteht keine Gefährdungshaftung des Herstellers nach § 84 AMG. Für den Arzt besteht aber Deckungsschutz im Rahmen seiner Berufshaftpflicht, wenn für die Anwendung eines Arzneimittels die Voraussetzungen gegeben sind, die das BSG gezogen hat. Es besteht auch Deckungsschutz, wenn ein Präparat nach gesicherter wissenschaftlicher Kenntnis im Rahmen einer nicht zugelassenen Indikation sinnvoll eingesetzt werden kann (siehe hierzu auch die Ausführungen im 15. Kap.). Für den allgemeinen Therapiebereich wird vorgeschlagen,[33] sich an der Verfahrensordnung des G-BA (dort § 18 Abs. 2, 3 und § 20) und den dort angeführten Prüfmaßstäben zu orientieren.[34]

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