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5. Kapitel Infektionsschutzrecht › V. Bekämpfung übertragbarer Krankheiten

V. Bekämpfung übertragbarer Krankheiten

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Die §§ 16 ff. IfSG sind seuchenpolitische Sondervorschriften der sog. Eingriffsverwaltung zur Gefahrenabwehr. Die zuständige Behörde wird nach Landesrecht bestimmt. Sie hat ein (weites) Entschließungs- und Auswahlermessen. Der Handlungsrahmen ist in § 16 IfSG umschrieben. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) kann eingeschränkt werden (§ 16 Abs. 4 IfSG), Widerspruch und Klage gegen Maßnahmen gemäß § 16 Abs. 1–3 IfSG haben keine aufschiebende Wirkung (§ 16 Abs. 8 IfSG). Bei Gefahr im Verzug kann das Gesundheitsamt anstelle der zuständigen Behörde handeln. § 25 IfSG enthält eine spezielle Ermittlungskompetenz für Gesundheitsämter, die Personen vorladen und auch zwangstesten können. Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG und der Unverletzlichkeit der Wohnung gem. Art. 13 Abs. 1 GG werden insoweit eingeschränkt. § 28 IfSG ermöglicht ein Versammlungs- und Betretungsverbot[1] sowie die Schließung bestimmter Einrichtungen. Milde Maßnahmen wie etwa die Maskenpflicht im öffentlichen Raum werden ganz überwiegend für zulässig erachtet.[2] Umstritten sind Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen („Social-Distancing“)[3] sowie die Schließung oder Beschränkung von Gewerbebetrieben und Dienstleistungsunternehmen.[4] § 30 IfSG ist die Ermächtigungsnorm für die Anordnung von Quarantäne, die auch zwangsweise angeordnet und vollstreckt werden kann.[5] Je einschneidender die Maßnahme ist, desto höher sind die Anforderungen der Verwaltungsgerichte an die Begründungspflicht sowohl des Verordnungsgebers wie auch der anordnenden Behörde unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit.[6] Bei der Quarantäne oder Absonderung handelt es sich schließlich um eine freiheitsbeschränkende Maßnahme, insbesondere auch bei der häuslichen Quarantäne.[7] Umstritten ist, ob die Zwangsmaßnahmen u.a. in § 30 IfSG verfassungsmäßig sind, weil z.B. das Zitiergebot gem. Art. 19 Abs. 1 GG lediglich in § 30 Abs. 1 S. 2 IfSG nicht jedoch in § 30 Abs. 1 S. 1 IfSG erfüllt wird.[8] Dass der Richtervorbehalt gem. Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG für die zwangsweise Durchsetzung lediglich in § 30 Abs. 2 IfSG, nicht jedoch in § 30 Abs. 1 IfSG und/oder § 28 IfSG genannt wird, wird ebenfalls kritisch gesehen.[9] Auf der anderen Seite ist Art. 104 Abs. 2 GG unmittelbar geltendes Recht, so dass der Verweis in § 30 Abs. 2 IfSG auf § 415 Abs. 1 FamFG ausreichen könnte.[10] Soweit ersichtlich gingen die bisherigen Eilentscheidungen der Verwaltungsgerichte davon aus, dass es zur zwangsweisen Durchsetzung zwar eines richterlichen Beschlusses des örtlich zuständigen Amtsgerichts bedarf, die Norm als solche jedoch gültig ist. § 31 IfSG ermöglicht die Anordnung eines beruflichen Tätigkeitsverbots. § 34 i.V.m. § 33 IfSG enthält besondere Tätigkeitsverbote für Beschäftigte in Gemeinschaftseinrichtungen wie z.B. Kindertagesstätten, Schulen oder auch Heimen und Ferienlager.

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