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III. Risikoverkettung

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Eine Risikoverkettung (auch: transitives Risiko) kann sich daraus ergeben, dass im Falle einer Transaktion zwischen zwei Transaktionspartnern hieran unbeteiligte Marktteilnehmer mit einem der Transaktionspartner in einem eigenständigen Transaktionsverhältnis stehen.74

Risikoketten sind grundsätzlich in allen Transaktionen möglich, in denen die Abwicklung auf einen verpflichtenden Vertrag folgt. Dies ist deshalb der Fall, weil die Risiken, denen ein Marktteilnehmer auf den Finanzmärkten insgesamt ausgesetzt ist, nicht nur von seinen eigenen Entscheidungen, sondern unter anderem auch von dem Verhalten seiner Transaktionspartner in anderen Vertragsbeziehungen abhängen. Risikoketten werden aber besonders dann relevant, wenn mehrere Marktteilnehmer mit einem Finanzintermediär in Geschäftsverbindung stehen, der eine eine vermittelnde Stellung zwischen ihnen einnimmt.

Zu einer Risikoverkettung kann es insbesondere dann kommen, wenn ein Finanzintermediär hebelfinanzierte Geschäfte bzw. – verkürzt – Hebelgeschäfte durchführt. Als Hebelfinanzierung bzw. Hebelung (leverage) wird die Möglichkeit bezeichnet, Gewinne zu erzielen, ohne dafür in einem nach der vertraglichen Risikoverteilung und der Marktsituation zu erwartenden Umfang entweder eigenes Kapital einzusetzen (= Nutzung von Fremdkapital) oder überhaupt Kapital einzusetzen (= Nutzung eines Derivats).75 Ein einfaches Beispiel verdeutlicht, inwiefern Hebelfinanzierung zu einer Risikoverkettung führt: Wenn A dem B und B dem C einen Kredit gibt, so verändert sich durch die Vergabe des Kredits von B an C das Risiko im Verhältnis zwischen B und A.76 Die Hebelung findet in diesem Beispiel im Verhältnis von B zu A statt. Die Risikokette besteht grundsätzlich nur während der Laufzeit des Hebelgeschäfts. Wenn also C dem B den Kredit zurückzahlt, endet grundsätzlich die Risikoverkettung mit Auswirkungen im Verhältnis zwischen A und B. Insbesondere bei Geschäften, die sich nicht in reinen Geldtransfers erschöpfen, kann dies allerdings anders sein. Denn wo die Hauptleistungspflichten vollständig erfüllt sind (z.B. Lieferung eines Finanzinstruments), kann noch eine Risikokette in Bezug auf Nebenleistungspflichten bestehen bleiben (z.B. in Bezug auf Gewährleistungsansprüche).

Eine Risikoverkettung über einen Finanzintermediär kann davon abgesehen auch zwischen den Kapitalgebern erfolgen („sternförmig“). So wird im obigen Beispiel die Fähigkeit von B, Kredite zu vergeben, durch den Abzug der Gelder durch A gemindert. Die verminderte Kreditvergabe beeinträchtigt die Fähigkeit von B, anderen Kapitalgebern als A Zinsen zu zahlen oder ihnen gegenüber die Rückzahlung ihres Kapitals zu gewährleisten. Es kommt somit zu einer Rückkopplung des Verhaltens der Einleger über die Bank (feedback loop).77 Risikoketten dürften insbesondere in krisenhaften Marktsituationen Bedeutung gewinnen. Die Entstehung von Risikoketten ist für einen Kapitalgeber von vornherein schwer vorherzusehen. Zugleich ist sie einer vertraglichen Regelung nicht ohne Weiteres zugänglich, z.B. weil es vorab in vielen Fällen nicht abzusehen ist, ob es in verketteten Transaktionsverhältnissen einer Partei zu Leistungsstörungen kommen wird, gegen die er sich schützen sollte. Unter normalen Umständen sollten die Risiken, denen er ausgesetzt ist, sich mit der Zeit vermindern, wenn auch in Dauerschuldverhältnissen (z.B. in Kreditbeziehungen) über einen längeren Zeitraum als in Austauschverhältnissen (z.B. bei Warenkäufen). In Krisensituationen ist hingegen denkbar, dass bestehende Risikoketten zu unvorhergesehenen Verlusten aus noch nicht vollständig abgewickelten Transaktionen entlang der jeweiligen Transaktionskette führen können. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn die Marktsituation – wie regelmäßig bei Krisen – unübersichtlich ist, sodass es aus Sicht des Kapitalgebers ungewiss ist, ob ihn etwaige Risiken treffen und welche Risiken das sind.

Die Regulierung innovativer Finanzinstrumente

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