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D. Tranchierungsverbriefungen (Asset-Backed Securities) I. Merkmale und Arten

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Tranchierungsverbriefungen bzw. Asset-Backed Securities (ABS)148 sind eine Weiterentwicklung gegenüber herkömmlichen Fremdkapitalinstrumenten, jedenfalls aus Sicht des deutschen Rechts. Es handelt sich um Wertpapiere (securities), die ein Anrecht auf die Zahlungsflüsse aus Vermögenswerten (assets) geben, mit denen die Papiere unterlegt (backed) sind. ABS lassen sich als atypische Anleihen einordnen. Sie werden genutzt, um das Ausfallrisiko aus den unterlegten Vermögenswerten (z.B. Forderungen) in einem Pool zu bündeln und auf neu gebildete Risikotranchen zu verteilen.149 Dadurch lassen sich auch für Anleger nicht attraktive (illiquide) Kreditforderungen handelbar machen.

Im internationalen Geschäft dominieren britische und U.S.-Produkte.150 Auch bei den in Deutschland gehandelten ABS handelte es sich ursprünglich um Finanzinstrumente, die nach britischem oder U.S.-Recht strukturiert waren. Ein wesentlicher Grund hierfür waren Nachteile, die nach deutschem Recht bis 2005 für den Einsatz von Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicles – SPV) als Emittenten von ABS bestanden.151 Inzwischen haben sich nach deutschem Recht strukturierte ABS aber erfolgreich in einzelnen Marktsegmenten etabliert (z.B. sog. Kreditkarten-ABS, Auto-ABS). Davon abgesehen wird ein wirtschaftliches Potenzial für eine zukünftige Ausweitung des Geschäfts in der Verbriefung von Unternehmenskrediten in Europa gesehen. Dafür spreche, dass sich kontinentaleuropäische Unternehmen nach wie vor weitgehend über Bankkredite finanzieren. Besonders gut sind für ABS Kredite an mittelständische Unternehmen geeignet, da sich aus ihnen ein gut diversifizierter Forderungspool bilden lässt.152 Die Europäische Kommission hat des Weiteren einen Regelungsvorschlag vorgelegt, mit dem unionsrechtlich die Entwicklung eines eigenständigen Marktes für ABS mit Staatsanleihen gefördert werden soll (Sovereign Bond-Backed Securities – SBBS). Als Basiswerte sollen in diesem Fall Staatsanleihen aus der Euro-Zone im Umfang des relativen Gewichts der Euro-Mitgliedstaaten verwendet werden. Der Pool soll aus einer Senior-Tranche mit minimalem Ausfallrisiko, die 70 % des Nominalwerts der Gesamtemission umfasst, und einer nachrangigen Juniortranche (bzw. mehreren solchen Tranchen) bestehen.153

Die Emission von ABS kann unterschiedlich organisiert werden.154 Ein übliches Vorgehen ist, dass ein Portfolio (pool) von Anleihen, Forderungen oder anderen Vermögenswerten (i.d.R. festverzinslichen Wertpapieren) auf eine Zweckgesellschaft übertragen wird, das auch die Zahlungen auf die Anleihen usw. einnimmt. Die Übertragung erfolgt durch regresslosen Verkauf (true sale), d.h. ohne Möglichkeit des Rückgriffs im Falle einer Uneinbringlichkeit von Forderungen. Die Zweckgesellschaft emittiert ihrerseits Wertpapiere (Anleihen), die an Anleger (Investoren) verkauft werden.

Hinsichtlich der Zahlungsströme (cash flows) aus dem Forderungsportfolio sind zwei Unterscheidungen zu machen:

 • Erstens können die Zahlungsströme so strukturiert sein, dass die Zins- und Tilgungszahlungen über die Laufzeit der Transaktion zur Befriedigung der Verbindlichkeiten aus den emittierten Wertpapieren verwendet werden (Cashflow-Verbriefungen). Eine Alternative hierzu ist es, dass die Zahlungsströme durch die die tägliche Marktperformance des Sicherheitenpools beeinflusst werden (Marktwert-Verbriefungen). Die letztgenannte Konstruktion wird für Transaktionen verwendet, bei denen der Sicherheitenpool zumeist aus einer Mischung von Unternehmenskrediten und -anleihen besteht und mit denen in der Regel Arbitrageziele verfolgt werden. In Europa sind bisher nur Cashflow-Verbriefungen üblich.155

 • Zweitens können die eingehenden Zahlungsströme direkt und unverändert an die Investoren weitergeleitet werden, sodass die Wertpapiere proportionale Ansprüche am Pool verbriefen (pass through). Alternativ können die verbrieften Rechte nach Seniorität aufgeteilt sein (Tranchierung), sodass die Zahlungsströme in Form differenzierter Zins- und Tilgungszahlungen nach einer vereinbarten Subordinationsstruktur weitergeleitet werden (sog. Wasserfallprinzip; pay through). Das bedeutet, dass die ausgegebenen Wertpapiere in einem Rangverhältnis an den Zahlungsflüssen partizipieren, wobei zuerst die bevorrechtigten Senior-Tranchen (AAA bis A), dann die Mezzanine-(BBB bis B) und Junior-Tranchen (schlechter/ohne Rating) und zuletzt die Equity-Tranchen bedient werden.156

Die bei ABS diskutierten Risiken betreffen in der Regel tranchierte Strukturen, weshalb diese in dieser Untersuchung auch im Vordergrund stehen sollen. Die Finanzkrise hat im Übrigen nach Angaben von Marktkennern zu Veränderungen in der bevorzugten Zusammensetzung der Portfolios geführt.157 So sind komplexere Strukturierungen heutzutage seltener und die Portfolios homogener. Außerdem hat sich der Mindestanteil der vorrangig besicherten Vermögenswerte erhöht; allerdings haben sich auch die üblichen Mindestrating-Kriterien von B- auf CCC verschlechtert. Schließlich sind die Wiederanlagezeiträume für eingehende Zahlungen (cash flows) kürzer geworden.

Auf der Nachfragerseite dienen die nachrangigen Tranchen den Investoren als Risikopuffer gegenüber den von ihnen gehaltenen bevorrechtigten Tranchen, da sie anfallende Verluste zuerst auffangen, bevor es zur Haftung der bevorrechtigten Tranchen kommt. Als erster Puffer wird dabei typischerweise eine Position mit Eigenkapitalcharakter (equity tranche) oder eine Barreserve eingesetzt.158 Dabei hält der Veräußerer der in die Verbriefung eingebrachten Kredite häufig die Erstrisikoposition (first loss position).159 Dies erhöht die Sicherheit für die Investoren.

Auf der Anbieterseite ist das Verbriefungsgeschäft im Regelfall komplex strukturiert, weil mehrere Unternehmen beteiligt sind. So stellt eine Bank als Originator ein eigenes oder fremdes Forderungsportfolio als Sicherungspool zur Verfügung und bewirtschaftet das Portfolio zumeist auch als so genannter servicer während der Zeit der Übertragung auf die Zweckgesellschaft. Die Verwaltung der Zweckgesellschaft und die treuhänderische Verwahrung des Portfolios sind üblicherweise in Form von Geschäftsbesorgungsverträgen auf eine oder mehrere andere Banken ausgelagert. Die Zweckgesellschaft wird aus steuerlichen Gründen häufig an einem exotischen Marktplatz (offshore) gegründet. Weitere Banken können sich als so genannte Sponsoren engagieren, indem sie entweder Kredite einbringen oder die Transaktion über Liquiditätslinien unterstützen.160 Schließlich ist eine Ratingagentur beteiligt, welche die ausgegebenen Papiere bewertet. Die Zusammensetzung der Anbieterseite aus mehreren Marktteilnehmern führt allerdings zu einem Informationsgefälle. Hierauf ist bei der Untersuchung der aufsichtsrechtlich relevanten Gefahren zurückzukommen.

Den zuvor in einem weiteren Sinne beschriebenen ABS lassen sich im Kapitalmarktbereich mehrere Gruppen von Wertpapieren (Anleihen) zuordnen, je nach Art der unterlegten Vermögenswerte (Basiswerte). Insofern lassen sich vor allem ABS mit grundpfandrechtlicher Unterlegung (Mortgage Backed Securities – MBS), mit unterlegten Verbraucherkrediten und ähnlichen Forderungen (ABS im engeren Sinn) und mit einer Unterlegung mit Unternehmensanleihen oder -krediten (Collateralized Debt Obligations – CDO) unterscheiden.161 Bei CDO wird im Handelsgeschäft typischerweise weiter danach unterschieden, ob der Basiswert aus (besicherten) Krediten (Collateralized Loan Obligations – CLO), Anleihen (Collateralized Bond Obligations – CBO) oder hypothekarisch gesicherten Forderungen (Collateralized Mortgage Obligations – CMO) besteht. Als Basiswerte können allerdings auch andere Vermögenswerte verwendet werden, z.B. Immobilien (Commercial Real Estate CDO), Versicherungen (Collateralized Insurance Obligations – CIO) usw.

Mit Blick auf die Komplexität der relevanten Instrumente ist von Interesse, dass CDO ihrerseits zu Wiederverbriefungen eingesetzt werden können. Das bedeutet, CDO können als Basiswerte auch Tranchen anderer CDO verwenden (= CDO Squared oder CDO2). Allerdings wird die Bewertung des Risikos der Basiswerte bei CDO besonders schwierig, wenn sie die Tranchen von CDO Squared verwenden (= CDO Cubed oder CDO3) oder die Tranchen von CDO noch höherer Ordnung. In diesen Fällen ist auch die Bewertung der mit den jeweiligen Instrumenten verbundenen Risiken besonders herausfordernd. Infolge der Finanzkrise ist das Wiederverbriefungsgeschäft nach Angaben von Marktteilnehmern allerdings weitgehend zum Erliegen gekommen.162

Abgesehen von Kapitalmarktprodukten werden ABS auch auf den Geldmärkten gehandelt. In diesem Fall handelt es sich um mit Forderungen unterlegte Geldmarktpapiere in Form kurzlaufender, nicht börsennotierte Anleihen mit einer Fälligkeit von unter einem Jahr (Asset Backed Commercial Paper – ABCP)163, die über eine Zweckgesellschaft (Emissionsgesellschaft, conduit) üblicherweise im Rahmen einer Daueremission verkauft werden. Die Zweckgesellschaft kann im Interesse eines bestimmten Unternehmens aufgesetzt sein, wird zumeist aber durch Banken betreut, die über eine spezielle Kreditlinie sicherstellen, dass die Zweckgesellschaft ihren Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit nachkommen kann.

Eine Verbindung zwischen kapitalmarkt- und geldmarktgehandelten ABS kann z.B. über eine so genannte Master-Trust-Struktur erfolgen.164 Eine solche Struktur ist zweiseitig in dem Sinne, dass die Zweckgesellschaft einen Pool von am Kapitalmarkt emittierten und längerfristig laufenden ABS mit endfälliger Tilgung durch einen revolvierenden Pool von am Geldmarkt emittierten ABCP absichert.165 Zur Abdeckung von Liquiditätsspitzen können die beteiligten Banken ergänzende Kurzfristlinien zur Verfügung stellen.166 Eine solche Struktur kann genutzt werden, um mehrere Serien voneinander unabhängiger ABS innerhalb derselben Struktur zu emittieren.167 Die folgenden Ausführungen beziehen sich zur Vereinfachung jedoch vorrangig auf kapitalmarktgehandelte ABS.

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