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2. Marktübergreifende Risiken

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Darüber hinaus ist denkbar, dass Fehlbewertungen bei ABS abhängig von deren Refinanzierung dazu führen bzw. beitragen können, dass Risiken von einem Markt in andere Märkte übergreifen. Insbesondere ist denkbar, dass Risiken von den Kapitalmärkten in die Geldmärkte (und umgekehrt) übergreifen können. Sofern ABCP im Rahmen einer Master-Trust-Struktur zur Refinanzierung eingesetzt werden, besteht das Risiko, dass der ABCP-Markt austrocknet, wenn eine ABCP in größerem Umfang emittierende Zweckgesellschaft als Gegenpartei als ausfallgefährdet erscheint, weil ihr Eigenkapital oder die refinanzierten langfristigen Papiere (z.B. CDO) nicht mehr sicher erscheinen. Daneben können Verluste aus dem ABCP-Geschäft auch in die Kreditmärkte übergreifen.

Diese Erwägungen sind vor dem Hintergrund der letzten Finanzkrise erneut nicht nur theoretischer Natur: Es zeigte sich in der Krise vielmehr, dass Investoren mit U.S.-Subprimepapieren eine Klasse von ABS-Produkten kauften, die ein weitaus höheres Risiko aufwies als gemeinhin angenommen wurde.178 Die eingesetzten Zweckgesellschaften waren erheblich unterfinanziert. Der amerikanische Hypothekenfinanzierer Freddie Mac hat im Gegenzug die abgefragte Kreditinformationen auf solche Informationen reduziert, die für den gesamten Darlehenspool relevant waren. Außerdem stellte es sich bei Wiederverbriefungen als schwerwiegender Fehler heraus, dass unterstellt worden war, dass alle Ausfallrisiken unabhängig voneinander seien und sich somit bei Ausbruch der Krise nicht parallel entwickeln würden.179

Besonders schwer abzuschätzen ist zuletzt die Risikostruktur eines Marktes, auf dem neben rein privatwirtschaftlich generierten ABS auch die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen SBBS gehandelt werden. Hier könnte es zunächst zu einer Verminderung von makroökonomisch relevanten Risiken kommen. Denn Banken könnten sich als wichtige Investoren durch Anlagen in SBBS aus ihrer Abhängigkeit von einzelnen Euro-Mitgliedstaaten lösen. Eine solche Abhängigkeit besteht bislang, weil Banken bisher bevorzugt Staatsanleihen des eigenen Landes erwerben.180 Allerdings wird der als Junior-Tranche vorgesehene Risikopuffer als möglicherweise zu gering zum Schutz der Inhaber der Senior-Tranche angesehen. Zu bedenken sei, dass Krisen in einzelnen Euro-Mitgliedstaaten sich im Falle volkswirtschaftlicher Risikokorrelationen wechselseitig verstärken können. Dies könne die gesamte Euro-Zone in Mitleidenschaft ziehen.181 Auf der anderen Seite dürfte es nur begrenzt Möglichkeiten geben, um über die Ausgestaltung der SBBS auszuschließen, dass die Inhaber der Senior-Tranche im Falle einer systemischen Krise in Mitleidenschaft gezogen werden.

148 Im Deutschen spricht man auch schlicht von „Verbriefungen“, abgeleitet von „securitization“, der englischen Bezeichnung für die Strukturierung von Finanzprodukten. Der Begriff „Verbriefung“ ist im Kontext dieser Arbeit jedoch missverständlich, da er sich auch auf die Ausstellung eines Wertpapiers beziehen kann. Der Begriff „Verbriefung“ wird hier deshalb nicht zur Bezeichnung von ABS verwendet. 149 IWF, Global Financial Stability Report: Containing Systemic Risks and Restoring Financial Soundness, April 2008, S. 56. 150 Krieger (Thomson Reuters), Debt Capital Markets Review, Managing Underwriters, Full year 2018, abrufbar: http://dmi.thomsonreuters.com/Content/Files/4Q2018_Debt_Capital_Markets_Review.pdf. 151 Dazu Bechtold/Glüder, ZfgK 2006, 37 (38f.); Bosak/Weller, ZfgK 2006, 1026ff.; Schiessl, ZfgK 2006, 1065 (1066f.); siehe auch Asmussen, ZfgK 2006, 1016 (1917f.); Weimar, ZfgK 2006, 1022 (1023f.). 152 Hermann in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 88. 153 EU-Kommission, Vorschlag für eine Verordnung über staatsanleihebesicherte Wertpapiere, 24. Mai 2018, COM(2018) 339 final; dazu Schackmann-Fallis/Andrae, ZfgK 2018, 880. 154 Dazu Sethe in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Band II, 5. Aufl., München 2017, § 114a, Rz. 9ff.; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (Fn. 12), S. 207ff.; Rudolph/Scholz, Pooling und Tranching im Rahmen von ABS-Transaktionen, Diskussionspapier 2007-04; abrufbar: https://www.econstor.eu/bitstream/10419/104478/1/lmu-dpba_2007-04.pdf. Hintergrund soll das Trust-Konzept sein. Das mag zutreffen, ist aber nicht naheliegend. 155 Zu dieser Unterscheidung Hermann in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 89. 156 Zu dieser Unterscheidung Rudolph/Scholz, Pooling und Tranching im Rahmen von ABS-Transaktionen, Diskussionspapier 2007-04, S. 3f., 9ff. 157 Hermann in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 93f. (zu CLO). 158 Hermann in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 90. 159 Hermann in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 91. 160 Dazu BayernLB, ABS Handbuch: Einführung in Asset-Backed Securities, 1. Aufl. 2006, S. 26; abrufbar: http://www.true-sale-international.de/fileadmin/tsi_downloads/ABS_Research/Informationsmaterial_und_Literatur/Einfuehrende_Handbuecher_und_Leitfaeden/ABS_Handbuch_baylb_GERMAN.pdf. 161 Rudolph/Scholz, Pooling und Tranching im Rahmen von ABS-Transaktionen, Diskussionspapier 2007-04, S. 3ff. 162 Steinkamp in: Everling/Leker/Bielmeier, Credit Analyst, 3. Aufl. 2015, S. 349 (356f.); Rützel, ZfgK 2016, 865; siehe auch Herrmann bzw. Dülfer in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 81 (95) bzw. 147 (158ff.) (dort jeweils zu synthetischen Arbitrage-CDO). Siehe auch unten Kap. 5.B.VI.2.a)bb)aaa) (S. 462) zu den heutzutage in der EU geltenden regulatorischen Beschränkungen. 163 D.h. mit Vermögenswerten unterlegte („besicherte“) Geldmarktpapiere. 164 Dazu siehe z.B. Münkel (UniCredit), Asset-Backed Securities: Leicht gemacht! Ein praktischer Leitfaden, HVB, Corporates & Markets – Global Markets Research, Februar 2006, S. 77ff.; abrufbar: http://www.true-sale-international.de/fileadmin/tsi_downloads/ABS_Research/Informationsmaterial_und_Literatur/Einfuehrende_Handbuecher_und_Leitfaeden/ABS_Factbook_GERMAN.pdf. Näher zu den in der Finanzkrise vorherrschenden Formen von CDO-Emissionen, bei denen ebenfalls kapitalmarkt- und geldmarktgehandelte Emissionen verknüpft wurden, siehe unten Kap. 4.G.I (S. 228). 165 Hermann in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 93. 166 Vgl. Gramlich u.a., Gabler Bank-Lexikon (Fn. 7), Eintrag: Asset Backed Securities (ABS). 167 BayernLB (Fn. 160), S. 11. 168 Dazu vgl. Bechtold/Glüder, ZfgK 2006, 37; BayernLB, ABS Handbuch: Einführung in Asset-Backed Securities, 1. Aufl. 2006, S. 42; abrufbar: http://www.true-sale-international.de/fileadmin/tsi_downloads/ABS_Research/Informationsmaterial_und_Literatur/Einfuehrende_Handbuecher_und_Leitfaeden/ABS_Handbuch_baylb_GERMAN.pdf. 169 Hierin liegt ein Unterschied zwischen ABS-Transaktionen und der Intermediationsleistung von Banken zwischen Kreditnehmern einerseits und den Sparern als Liquiditätsgebern andererseits. 170 Die Nutzung einer Derivatsstruktur ist eine Alternative, wenn keine Refinanzierung der Aktiva notwendig ist und führt dann zu sog. synthetischer Verbriefung; dazu Hermann in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 85f., 95 und unten Abschn. F.V (S. 101). 171 Dazu vgl. Sethe in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Fn. 154), § 114a, Rz. 12, 16. 172 Schackmann-Fallis/Andrae, ZfgK 2018, 880 (881f.). 173 Franke in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 220. Die dort angesprochene Möglichkeit der Risikostreuung (S. 221) dürfte nur aus Sicht der Bank und nicht der Investoren bestehen. 174 Zu den regulatorischen Vorgaben siehe im Einzelnen Kap. 5.B.VI.2.a)bb), b)dd)aaa)(ii)(2) und ff)aaa) (S. 461, 495 und 387). 175 Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (Fn. 12), S. 209; dazu auch FSB, Vulnerabilities associated with leveraged loans and collateralised loan obligations, 19. Dezember 2019, S. 13ff. 176 Siehe dazu auch noch Kap. 4.G.I (S. 228). 177 Vgl. Franke in: Burghof u.a. (Fn. 22), S. 209 (221), wonach Investoren allerdings auch insofern eine Misstrauensprämie hinsichtlich des von ihnen angenommenen Risikos einrechnen werden. 178 Brown/McGourty/Schuermann (Fn. 38), S. 339 (345); Duffie, Innovations in Credit Risk Transfer: Implications for Financial Stability, BIS Working Paper Nr. 255, Juli 2008, S. 18f.; abrufbar. https://www.bis.org/publ/work255.pdf; Engelmann, Collateralized Debt Obligation and its impact to the financial crisis, vorläufige Fassung vom 15. Oktober 2010; abrufbar: https://www.boeckler.de/pdf/v_2010_10_29_engelmann.pdf; Hellwig (Fn. 92), S. E 37f., E 45f. 179 Acharya/Schnabl, Do Global Banks Spread Global Imbalances? The Case of Asset-Backed Commercial Paper During the Financial Crisis of 2007–09, Paper presented at the 10th Jacques Polak Annual Research Conference, Fassung vom 15. Oktober 2009; abrufbar: http://www.imf.org/external/np/res/seminars/2009/arc/pdf/acharya.pdf. 180 Schackmann-Fallis/Andrae, ZfGK 2018, 880 (882). Die Autoren weisen in diesem Kontext allerdings darauf hin, dass die gegenseitige Abhängigkeit von Staaten und Banken auch schon dadurch vermindert werden könnte, dass die Banken die von ihnen erworbenen Staatsanleihen mit mehr Eigenkapital unterlegen. 181 Schackmann-Fallis/Andrae, ZfGK 2018, 880 (882).

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