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II. Wirtschaftliche Funktionen

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Die an einer ABS-Transaktion beteiligten Marktteilnehmer lassen sich im Wesentlichen drei Gruppen zuordnen, nämlich den Kreditnehmern als Nachfragern der verbrieften Kredite, den ABS-Käufern als Nachfragern der Kreditverbriefungen und den Banken und möglichen anderen Zwischenbeteiligten als Intermediären. Dabei besteht eine Vertriebskette von den ABS-Käufern als Liquiditätsgebern über die Banken an die Kreditnehmer als Liquiditätssucher.

Für Kreditnehmer als Liquiditätssucher sind Kreditverbriefungen mittels ABS von Vorteil, da sie ihren Kreditgebern eine Alternative zur Kreditvergabe gegen Sicherheitsleistung und ihnen selbst eine Alternative zur Finanzierung über die Ausgabe eigener liquider Schuldpapiere (z.B. Unternehmensanleihen) eröffnen. Aufgrund der Poolbildung und Tranchierung können auch solche Kreditnehmer Liquidität aufnehmen, die nur illiquide Sicherungsmittel zur Verfügung stellen können oder bei denen ein relativ hohes Ausfallrisiko besteht. Ein damit einhergehender Nebeneffekt von ABS-Verbriefungen ist es, dass sie liquiditätssuchende Marktteilnehmer von den Kreditvergabekonditionen der Banken im Allgemeinen und ihrer Hausbank im Speziellen unabhängiger machen. Allerdings haben die Kreditnehmer letztlich vor allem ein Interesse am Kredit, nicht aber gerade an der Refinanzierung der Kreditgeber über ABS. Ihren Interessen entspricht es somit bereits, wenn sie im Ergebnis möglichst viele bzw. große Kredite zu günstigen Konditionen erhalten.

Für Investoren als (mittelbare) Liquiditätsgeber im Verhältnis zu den Kreditnehmern sind ABS im Grundsatz ebenfalls von Vorteil. Die Poolbildung und Tranchierung ermöglicht eine optimale Abstimmung der Risiken aus den Kreditbeziehungen auf die Investorennachfrage. Daneben können ABS-Verbriefungen auch auf den Bedarf von Anlegern in bestimmten Märkten hin strukturiert werden (z.B. den EU-Markt). ABS können so dazu beitragen, zusätzliche Investorenkreise zu erschließen. Denn beispielsweise bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sind die Kosten der ausländischen Investoren zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmer höher als die Einschaltung einer vertrauenswürdigen heimischen Bank im Rahmen einer ABS-Transaktion.168 Allerdings erhöhen ABS auch die informationelle Intransparenz und erhöhen das Risiko von Fehlbewertungen, da es für Investoren beim Erwerb von ABS wesentlich schwieriger ist als z.B. beim Erwerb von Unternehmensanleihen, die zugrundeliegenden Kreditrisiken selbst zu überprüfen. Dies kann grundsätzlich dazu führen, dass Investoren ungewollt Ausfallrisiken übernehmen. Sofern sich die Investoren dieser Möglichkeit gewahr werden, hat dies zur Folge, dass die ABS aus ihrer Sicht den Vorteil eines genau definierten Risikoprofils verlieren und als Anlageprodukt unattraktiv werden.

In Bezug auf die bei der Transaktion zwischengeschalteten Banken und sonstigen Dienstleister ist mit Blick auf die Interessenlage zwischen ihren Interessen an der Durchführung der Transaktion als Kundendienstleistung und ihren davon abgesehen bestehenden Eigeninteressen zu unterscheiden.

Hinsichtlich der Durchführung der Transaktion als Dienstleistung stellen sich vergleichbare Probleme wie im sonstigen Bankgeschäft, da die an der Emission des ABS-Instruments beteiligten Banken die Funktion von Intermediären zwischen den Kreditnehmern und den Investoren einnehmen. Die ABS-Transaktion muss aus diesem Grunde so ausgestaltet sein, dass die zwischenbeteiligten Banken in hinreichendem Maße die Interessen sowohl ihrer liquiditätssuchenden als auch der liquiditätsgebenden Transaktionspartner berücksichtigen. Diese Interessen sind einander indes zum Teil entgegengesetzt. Denn die Kreditnehmer suchen Kredite zu günstigen Konditionen, und zwar auch dann, wenn ihre Sicherheiten illiquide sind oder das Ausfallrisiko hoch ist. Diesem Interesse käme prinzipiell eine laxe Kreditkontrolle ihrer kreditgebenden Banken entgegen. Dagegen haben die Investoren ein Interesse daran, die für sie mit den Kreditverbriefungen verbundenen – schuldnerspezifischen und sonstigen – Risiken genau zu kennen. Dies spricht zunächst insbesondere für ein Interesse der Investoren an einer strengen Kreditkontrolle. Allerdings ist dieses Interesse im Fall von ABS nicht überzubewerten, da diese Produkte handelbar sind und das Risiko somit im Markt weitergeleitet werden kann.169 Mit Blick auf die Möglichkeit zum Weiterverkauf dürften die Investoren zusätzlich ein Interesse daran haben, die für sie entstehenden Kosten der ABS-Transaktion niedrig zu halten. Es ist infolgedessen denkbar, dass sie letztlich eine Reduzierung der Standards für die Kreditvergabe und -kontrolle hinnehmen, um so eine Kostensenkung bei der ABS-Strukturierung zu erreichen.

Hinsichtlich der Eigeninteressen, vor allem der beteiligten Banken, schlägt zu Buche, dass ABS Banken als Kreditintermediären eine Weitergabe von Kreditausfallrisiken an die Investoren der emittierten Papiere und damit eine Reduzierung von Risiken aus ihrem Kreditvergabegeschäft ermöglichen.170 Soweit die Banken das von ihnen zu tragende Ausfallrisiko aus den zugrunde liegenden Krediten reduzieren können, vermindert der Verkauf von ABS auch die Anforderungen an das von ihnen vorzuhaltende Eigenkapital. 1 Schließlich ermöglichen ABS eine Dezentralisierung der Kreditkontrolle, da die Verantwortung für die Einschätzung der Kreditrisiken im Markt verteilt wird.

Die an ABS-Transaktionen beteiligten Banken haben aus den genannten Gründen Anreize, an liquiditätssuchende Kreditnehmer (verbriefbare) Kredite zu vergeben, und zugleich ein Interesse daran, den liquiditätsgebenden Investoren Sicherheit hinsichtlich der Risiken zu verschaffen, die mit den ABS-Produkten verbunden sind. Um die Attraktivität der ABS zu erhalten, greifen die auf Anbieterseite tätigen Banken deshalb auf verschiedene Maßnahmen zur so genannten Kreditverbesserung (credit enhancement) zurück, etwa die Übersicherung (overcollateralisation) mit den zugrunde liegenden Vermögenswerten und deren Zinszahlungen (excess spreads, oft strukturiert als Erstverlusttranche), die Einzahlung eines Absicherungsbetrags auf ein Reservekonto (spread account), die Nutzung kurzfristiger Geldmarktinstrumente mit höchster verfügbaren Bonität als Sicherheit (cash collateral) oder den Abschluss einer Kreditausfallversicherung (wrapped security insurance). Davon abgesehen gewinnt die Bewertung des ABS-Produkts durch eine Ratingagentur hohe Bedeutung, da ein solches Rating die Informationskosten der Investoren wesentlich vermindern kann.171

Besonderheiten ergeben sich bei den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen SBBS. Diese stellen nämlich kein rein privatwirtschaftliches Produkt dar. Sie ergänzen vielmehr die Refinanzierung der Euroländer über Staatsanleihen. In diesem Zusammenhang eröffnen SBBS solchen Investoren neue Anlagemöglichkeiten, die aufgrund des gegebenen Risiko-Rendite-Profils nicht in die Staatsanleihen einzelner Euro-Mitgliedstaaten investieren würden. Allerdings gestatten sie den Investoren eine Risikodiversifizierung nur im Rahmen der Vorgaben des EZB-Kapitalschlüssels, nach dem die Staatsanleihen der Euro-Mitgliedstaaten zueinander ins Verhältnis gesetzt werden.172 Vorteilhaft ist aus Investorensicht demgegenüber, dass die sonst bei ABS zu berücksichtigenden Eigeninteressen der Banken keine Rolle spielen, da bei SBBS die Euro-Mitgliedstaaten an die Stelle der Banken als Liquiditätssucher treten und es – anders als häufig sonst bei ABS – nicht um die Refinanzierung eines Basiswert-Portfolios (pools) aus von Banken vergebenen Krediten geht.

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