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2.1.2 Die Sehbahnen und das Corpus geniculatum laterale

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Den Übergang zwischen der Retina im Auge und der weiterführenden Verarbeitung zu den Sehnerven bilden Axone der insgesamt etwa 1 Million Ganglienzellen. Der Vergleich der großen Anzahl der fünf bis sieben Millionen Zapfen und 120 Millionen Stäbchen mit der relativ geringeren Anzahl der Ganglienzellen macht deutlich, dass nicht jeder Photorezeptor exklusiv auf eine Ganglienzelle verschaltet wird. Es kommt oft zur Verschaltung einer großen Menge von Rezeptorzellen auf eine Ganglienzelle. Das Verhältnis der verschalteten Menge von Photorezeptoren auf Ganglienzellen wird als Konvergenz bezeichnet. So kennzeichnet sich niedrige Konvergenz durch die Verschaltung einer geringen Anzahl von Photorezeptoren auf eine Ganglienzelle. Diese niedrige Konvergenz ist typisch für die Verschaltung mit Zapfen, sie ermöglicht durch ihr erhöhtes Vorkommen in der Fovea eine hohe räumliche Auflösung und ein scharfes Sehen an diesem Ort der Retina. Hohe Konvergenz hingegen kennzeichnet eine Verschaltung einer großen Menge von Photorezeptoren (z. T. einige Hundert Rezeptoren) auf eine Ganglienzelle und ist besonders bei Stäbchen zu finden. Diese Art der Konvergenz ist verantwortlich dafür, dass das Stäbchensehen und damit das Sehen in der Peripherie der Retina weniger hochauflösend ist.

Neben den unterschiedlichen Konvergenzen ist die Forschung daran interessiert, die rezeptiven Felder der Ganglienzellen zu identifizieren. Rezeptive Felder einer Zelle beschreiben den Bereich der Retina, dessen Stimulation zu einer Veränderung der Entladungsfrequenz der Zelle führt (Biederman, 1987; Wendt, 2014). Typischerweise haben rezeptive Felder der Ganglienzellen ein kreisförmiges Zentrum mit einer ebenfalls kreisförmigen Peripherie. Zentrum und Peripherie wirken dabei antagonistisch: Ganglienzellen reagieren in gegensätzlicher Weise auf Lichtstimulation des Zentrums und der Peripherie. Diese Antagonismen zeigen sich auf zwei unterschiedliche Arten: Wie in Abbildung 2.2 dargestellt, erhöhen On-Zentrum-Zellen ihre Entladungsfrequenz, wenn das Zentrum des rezeptiven Felds stimuliert wird; eine Stimulation der Peripherie führt dagegen zu einer Reduktion der Entladungsfrequenz. Im Gegensatz zu den On-Zentrum-Zellen reduzieren Off-Zentrum-Zellen die Entladungsfrequenz, wenn ihr Zentrum stimuliert wird, und sie erhöhen diese Frequenz, wenn die Peripherie stimuliert wird ( Abb. 2.2). Die Entladungsfrequenz einer Ganglienzelle gibt vornehmlich darüber Aufschluss, ob ein Hell-Dunkel-Kontrast zwischen Zentrum und Peripherie besteht. Die Aktivität gegenüber dem Ruhezustand ändert sich dann am deutlichsten, wenn rezeptive Felder auf Grenzbereiche zwischen Flächen (z. B. zwischen Figuren) fallen, da hier eine ungleichmäßige Stimulation von Zentrum und Peripherie vorhanden ist. Im Gegensatz dazu sind Ganglienzellen, die einheitliche Flächen (z. B. einen Hintergrund) repräsentieren, nur wenig aktiv, da ihr gesamtes rezeptives Feld gleichmäßig stark (oder schwach) stimuliert wird.

Nach dem Austritt der Ganglienzellen über die Sehbahnen aus dem Auge gibt es eine Aufteilung dieser Zellen in zwei Richtungen. In Abbildung 2.3 ist zu erkennen, dass Reize in demselben Gesichtsfeld auf unterschiedliche Bereiche im linken und rechten Auge projizieren ( Abb. 2.3). Reize im linken Gesichtsfeld (d. h. links von einem Fixationspunkt) projizieren im linken Auge auf die nasenwärts (nasal) gelegenen Retinabereiche, im rechten Auge auf die äußeren (temporalen) Retinabereiche. Im Gegensatz dazu projizieren Reize im rechten Gesichtsfeld im linken Auge auf die temporalen und im rechten Auge auf die nasalen Retinabereiche. Anteile der Sehnerven der temporalen Retinabereiche verbleiben bei der Weiterverarbeitung in derselben Gehirnhälfte und Anteile der Sehnerven der nasalen Retinabereiche kreuzen auf Höhe der Sehnervkreuzung (Chiasma opticum) in die gegenüberliegende Hirnhälfte. Der Verlauf der Sehbahnen bewirkt vor allem die Weiterleitung der Reizinformationen aus dem rechten Gesichtsfeld in die linke Gehirnhälfte und aus dem linken Gesichtsfeld in die rechte Gehirnhälfte.


Abb. 2.2: (A) On-Zentrum-Zellen und (B) Off-Zentrum-Zellen und ihre Entladungsfrequenzen bei (1) zentraler Stimulation bzw. (2) peripherer Stimulation


Abb. 2.3: Verlauf der Sehbahnen und Projektionen visueller Reize in gegenüberliegende Hirnhälften und in Hirnhälften, die auf derselben Seite wie das aufnehmende Auge liegen (in Anlehnung an Maffei & Fiorentini, 1997, S. 21).

Im weiteren Verlauf enden die Sehnerven im Corpus geniculatum laterale (CGL), einem Teil des Thalamus. Das CGL ist in sechs Schichten mit Verbindungen zu beiden Augen gegliedert, wobei jede einzelne Schicht nur Informationen aus einem Auge erhält. Innerhalb der Schichten gibt es eine retinotope Anordnung: Zellen, die auf Reizung benachbarter Retinabereiche reagieren, liegen auch im CGL nah beieinander und geben so die räumlichen Verhältnisse auf der Retina wider. Außerdem gibt es bei der Repräsentation der Retinabereiche im CGL einen Größenfaktor: Besonders sensitive Bereiche werden in ausgedehnteren Arealen im CGL repräsentiert als Bereiche mit geringerer Sensitivität. So führen foveale Reize zu ausgedehnteren Aktivierungen als Reize, die in der Peripherie der Retina aufgenommen werden. Die besondere Funktion des CGL scheint die Filterung und Selektion eingehender Informationen zu sein. Für diese Annahme spricht, dass die Intensität der Nervenimpulse auf ihrem Weg vom Auge zum visuellen Kortex auf Höhe des CGL deutlich reduziert wird. Außerdem gibt es zahlreiche rückwärtsgerichtete Verbindungen von visuellen Kortexregionen zum CGL, die die Aktivität des CGL stark beeinflussen und potentiell irrelevante Informationen und deren Aktivierungen durch Selektion vor der Weiterverarbeitung filtern.

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