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2.3.2 Biedermans Recognition-by-components-Theorie

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Die Merkmalsanalyse und auch die zuvor ausgeführte Objekterkennung bei Marr unterspezifiziert allerdings, wie Merkmale und Teilkomponenten beschaffen sind und welche Menge und Identität diese Elemente haben. Eine Weiterentwicklung besonders in der Erkennung komplexer dreidimensionaler Objekte findet man in der Recognition-by-components- Theorie von Biederman (Biederman, 1987). Dieser Ansatz geht von einer begrenzten Menge elementarer geometrischer Komponenten (sogenannte Geons) aus. Durch diese Geons lassen sich zumindest grobe Formen bekannter Objekte zusammensetzen. In Abbildung 2.8 ist eine Auswahl von Geons und Beispiele ihrer offensichtlichen Kombinationen in erkennbaren Objekten illustriert ( Abb. 2.8). Im Kontext der Recognition-by-components-Theorie wird angenommen, dass sowohl die Repräsentation eines aktuell wahrgenommenen Objekts als auch die dazugehörige Gedächtnisrepräsentation aus strukturellen Beschreibungen der jeweiligen räumlichen Anordnungen der relevanten Geons bestehen. Es ist von essentieller Bedeutung, dass Geons sogenannte »nicht zufällige« Merkmale aufweisen, durch die sie ansichtsunabhängig erkennbar sind. Abgesehen von ganz extremen Ansichten weisen zweidimensionale Projektionen von Geons immer charakteristische Merkmale auf.


Abb. 2.8: Geons und ihre Kombinationen zu bekannten Objekten

Eine zentrale Vorhersage von Biedermans Theorie (Biederman, 1987) ist, dass die Objekterkennung maßgeblich davon abhängt, ob Geons, aus denen Objekte bestehen, erkennbar sind. Diese Erkennbarkeit hängt wiederum von der Verfügbarkeit der nicht zufälligen Merkmale der Geons ab. Biederman untersuchte diese Vorhersage anhand von Objekten, wie sie in Abbildung 2.9 illustriert sind ( Abb. 2.9). Die entscheidenden Versuchsbedingungen bestanden darin, dass einerseits Strichzeichnungen so gestalten wurden, dass eine Rekonstruktion von Geons weiterhin möglich ist (recoverable; mittlere Spalte (b) in Abbildung 2.9), andererseits Strichzeichnungen so gestaltet wurden, dass eine Rekonstruktion von Geons erschwert möglich ist (non-recoverable; rechte Spalte (c) in Abbildung 2.9). Die letztgenannten Strichzeichnungen wurden in einer Art erstellt, dass Merkmale von Geons gelöscht wurden, die die kritischen, nicht zufälligen Merkmale dieser Geons darstellen. Die Ergebnisse zeigen: Besonders bei längeren Intervallen konnten Versuchspersonen die Objekte mit recoverable Geons nahezu perfekt erkennen, dagegen war die Erkennung deutlich beeinträchtigt, wenn Geons non-recoverable waren. Der Autor schlussfolgerte daraus, dass Versuchspersonen nicht in der Lage sind, Geons zu erkennen, wenn kritische Teile dieser Komponenten fehlen, und dass durch das erschwerte Erkennen der Geons auch die Erkennung von ganzen, zusammengesetzten Objekten erschwert ist.


Abb. 2.9: Schematische Darstellung von Reizmaterial, wie es für Experimente zur Erkennung unvollständiger Objekte benutzt wurde (mittlere (b) und rechte (c) Spalte). Die linke Spalte (a) zeigt die vollständigen Strichzeichnungen (aus Biederman, 1987, S. 135, Abb. 16).

Obwohl die Recognition-by-components-Theorie sehr gut belegbare Aussagen zur Bedeutsamkeit von Geons in der Erkennung von komplexen Objekten trifft, liefert die Literatur zumindest Einschränkungen hinsichtlich der Ansichtsunabhängigkeit der Erkennung von Objekten. Im Kontext von Biedermans Theorie wird angenommen, dass Objekte nur unterschiedlich schwer zu erkennen sind, wenn die verwendete Ansicht mit einer schlechteren Erkennbarkeit der Geons einhergeht. Allerdings gibt es Befunde, die zeigen, dass bekannte Objekte schwieriger zu erkennen sind, wenn sie in einer ungewöhnlichen Perspektive dargestellt sind, ohne dass die Geon-Erkennung erschwert ist. Empirische Evidenz für diese Annahme geben Studien, in denen Versuchspersonen systematisch nur bestimmte Ansichten eines Objekts als typische (sogenannte kanonische) Ansichten wählen (Palmer, Rosch & Chase, 1981). Außerdem sind Reaktionszeiten in Benennungsaufgaben niedriger, je ähnlicher die dargebotene Ansicht eines Objekts der kanonischen Ansicht ist (Palmer et al., 1981). Solche Befunde können durch Theorien erklärt werden, nach denen die Objekterkennung nicht nur ansichtsunabhängig erfolgt, sondern teilweise auf ansichtsabhängigen Repräsentationen beruht oder die Objekterkennung einen Vergleich zwischen Objektansicht und Objektrepräsentation verwendet, der bei stärkerer Abweichung zwischen Ansicht und Repräsentation zeitaufwändiger und fehlerbehafteter ist (Tarr & Bülthoff, 1998).

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