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Gott und die moderne Sinnlosigkeit

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Aber wer ist „wir“? Und tun „wir“ das wirklich?

In der zweiten Staffel der TV-Serie Fargo hieß eine Folge „The Myth of Sisyphos“ („der Sisyphos-Mythos“) und thematisierte Camus’ modernen Pessimismus bezüglich der Sinnhaftigkeit des Lebens. In einer vorigen Folge sagte Noreen, eine Teenagerin: „Camus sagt, zu wissen, dass wir alle sterben werden, macht das Leben zu einem Witz.“21 Die Geschichte scheint seiner absurden Philosophie zu folgen, denn jeder versucht, das Richtige zu tun, und wird doch nur bedroht oder frustriert. Aber Peggy gerät unter den Einfluss eines Mannes, der postmoderner denkt als der düstere Franzose: John Hanley Sr., der Gründer der Firma Lifespring, die sich zum Ziel gesetzt hat zu helfen, dass jeder das Beste in sich entdeckt. Hanley sagt: „Wer einen Sinn sucht, wird nur Widersprüche und Unsinn finden. Denk nicht darüber nach, wie du sein möchtest, sondern sei es einfach.“22 Such keinen Sinn im Leben – schaff dir einfach einen!

Doch Peggys Streben nach Selbstverwirklichung führt in die Katastrophe und ihr Mann Ed stirbt an dem Versuch, seine Frau und seinen Traum von einer Familie zu retten. Lou Solverson, ein Polizist, erklärt Peggy die Tragödie mit einer Anspielung an Camus: „Dein Mann sagte, er würde seine Familie beschützen, egal was es koste … Ich verstehe ihn. Es ist der Felsen, den wir alle schieben. Wir nennen ihn unser Päckchen, das wir zu tragen haben, aber eigentlich ist es unser Privileg.“ Für Solverson ist es nicht absurd, seine Familie zu lieben, auch auf Kosten des eigenen Lebens. Das ist es, was dem Leben Sinn gibt.

Solverson hat die Fähigkeit, das Leben zwar garstig, brutal und kurz zu finden, aber nicht sinnlos. Um das zu verstehen, hilft uns ein Satz von seiner Frau Betsy, einer jungen Mutter, die an Krebs stirbt. Die düstere Noreen sieht sie und sagt: „Camus sagt, zu wissen, dass wir sterben, macht das Leben absurd.“ Betsy antwortet: „Niemand mit ein bisschen Verstand würde so etwas Dummes sagen. Wir sind auf dieser Welt, um eine Aufgabe zu erfüllen, und jeder bekommt seine Zeit, um das zu tun.“ Dann schaut sie zu ihrer kleinen Tochter Molly und sagt: „Und wenn dieses Leben vorbei ist und du vor dem Herrn stehst, na, dann versuchst du ihm zu erklären, dass es alles der Witz eines Franzosen war.“23

Die Brille der Solversons ist kein bisschen rosarot. Sie sehen die Dunkelheit der Welt. Doch sie sind weder moderne Menschen, die mit dem Sinnverlust ringen, noch postmoderne, die sich die Freiheit nehmen, sich ihren eigenen Sinn zu schmieden. Was den Unterschied macht, ist ihr Glaube, dass ihnen die Aufgaben des Lebens „vom Herrn“ gegeben wurden und es eine endgültige Anerkennung für diejenigen geben wird, die nicht ihren eigenen Weg gesucht haben, sondern ihrer Berufung treu geblieben sind.

Die Werke moderner Autoren wie Tschechow, Kafka, Sartre und Camus (oder auch Joseph Conrad, Virginia Woolf, E. M. Forster und Samuel Beckett) offenbaren „das bleibende Bedürfnis nach Sinn und das nagende Gefühl, ihn nicht zu fassen zu kriegen“24. Alle sagen auf die eine oder andere Weise, dass wir heute nicht mehr auf Gott und die Religion schauen können, um unserem Leben Sinn zu verleihen. Doch wer ist dieses „Wir“ in solchen Aussagen? Wir, die meisten Menschen? Wir haben in Kapitel 1 gesehen, dass das nicht stimmt und kaum jemals zutreffen wird. Die Solversons sind das Beispiel einer Familie, die ohne Sentimentalität oder Naivität in den Abgrund des Bösen und des Leids in diesem Leben sieht und Tragisches erlebt – und dennoch ein sinnerfülltes Leben lebt, weil sie an göttliche Berufung und ein höheres Ziel in ihrem Leben glaubt.

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