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14 Sperati und Marsella
ОглавлениеAls Sperati am Montagmorgen aufs Revier kam, wartete Primo Dirigente Marsella in seinem Büro auf ihn. Sperati schloss die Tür hinter sich und blieb vor seinem eigenen Schreibtisch stehen wie irgend so ein Grünschnabel. Er sah auf sein Namensschild und verglich es mit dem Gesicht vom Primo Dirigente, der es sich dahinter in seinem Stuhl gemütlich gemacht hatte. In diesem Moment begriff er, wie schnell sich die Umstände für ihn ändern konnten. Dass es keine größere Schwierigkeit darstellen würde, seinen Namen auf dem Namensschild gegen einen anderen auszutauschen.
„Ispettore Sperati, es freut mich, dass Sie einen Moment erübrigen konnten. Bitte, setzen Sie sich! Ich bin sehr neugierig, war Ihre jüngsten Untersuchungen ergeben haben.“
Sperati teilte Marsellas Freude nicht. Er wollte sich den Leichnam noch einmal ansehen. Vielleicht half ihm der Tote weiter, nachdem ihm die Lebenden nur die Luft zum Atmen nahmen. Hoffentlich würde Marsella die Ermittlungen nicht behindern, oder in bestimmte Bahnen lenken, nur um den Fall zum Abschluss zu bringen, ungeachtet der Wahrheit. Oder stand die Wahrheit womöglich schon fest? Sparati war mitten in einem Spiel, dessen festgelegten Ausgang er als einziger nicht kannte, so schien es ihm.
„Primo Dirigente, Sie beehren uns mit Ihrem Besuch! Wir sind Ihnen für Ihre Unterstützung in dieser Angelegenheit sehr dankbar.“
Marsella machte keine Anstalten aufzustehen, stattdessen legte er die Füße auf den Tisch.
„So, sind Sie das?“ Marsella zeigte seinen Unglauben über die Schmeichelei ganz offen. „Und Signore Rubinieri, war er Ihnen eine Hilfe?“
„Hilfe“ hieß das also. Das Ruder aus der Hand reißen, war wohl zutreffender. Sperati kam sich vor, wie ein Botenjunge: „Laufe vom Papa zum Onkel und richte ihm Folgendes aus.“ Nicht einmal an seinen eigenen Schreibtisch konnte er. Er musste dringend die Zügel wieder in die Hand nehmen! Auch wenn er ein Mann von eher bescheidener Natur war, so gefiel es ihm gar nicht, wie eine Spielfigur hin- und hergeschoben zu werden.
„Si, Signore Primo Dirigente! Leider haben die Untersuchungen nicht das ergeben, was Signore Rubinieri und ich uns erhofft hatten.“
„Dann finden Sie es! Es ist von höchster Wichtigkeit, dass die Angelegenheit sauber und schnell geregelt wird. Sobald Sie etwas in Erfahrung bringen, lassen Sie es mich wissen, und nur mich! War das deutlich? Ich wünsche einen regelmäßigen Bericht. Und ich wünsche baldige Resultate!“
„Selbstverständlich, Signore Primo Dirigente!“
„Nun, dann kann ich ja beruhigt gehen. Auf mich warten eine Menge erhitzter Gemüter, die es zu beschwichtigen gilt. Diese verdammte Hitze macht alle verrückt.“
Marsella schwang seine Füße vom Schreibtisch. Er verabschiedete sich von Sperati, indem er ihm auf die Schulter klopfte, und stolzierte zur Tür hinaus.
Sperati wartete, bis Marsellas Schritte verklungen waren. Dann schlug er mit einem lauten Knall die Tür zu und wischte mit seinem Ärmel die Schuhabdrücke vom Schreibtisch. Der aufdringliche Geruch von Marsellas Aftershave hielt sich noch eine Weile in der Luft, obwohl das Fenster weit offen stand.