Читать книгу Vestalia - Tina Bajza - Страница 17

15 Der Geschäftstermin

Оглавление

Vestalia stand vor dem Juweliergeschäft und sah sich den Schmuck in der Auslage an. Die winzigen, kaum wahrnehmbaren Lämpchen beleuchteten die Ausstellungsstücke, um sie noch strahlender und begehrenswerter erscheinen zu lassen. Sie sah über die vordergründige Blendung hinweg und betrachtete das Design und die Verarbeitung, zumindest soweit es mit bloßem Auge und das dicke Panzerglas hindurch möglich war. Sie konnte eine gewisse Bewunderung nicht leugnen. Nach längerer Betrachtung jedoch, fingen die Stücke an, sie zu langweilen. Nichts, was sie nicht bereits in anderen Kollektionen gesehen hatte. Enttäuscht wandte sie sich ab. Im Inneren der Verkaufsräume befand sich eine Mitarbeiterin im Kundengespräch und eine andere musterte sie bereits erwartungsvoll vom anderen Ende der Theke. Vestalia ging hinein.

„Buongiorno!“

„Buongiorno Signora! Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“

Das eben noch zurückhaltende Lächeln der Verkäuferin mutierte zu einem breiten Grinsen und entblößte eine Reihe stark gebleichter Zähne, die beinahe schon bedrohlich wirkten.

„Ich bin Vestalia Di Salvo. Ich habe einen Termin mit Signora Luci.“

„Oh, selbstverständlich!“ Das breite Grinsen verwandelte sich in eine Grimasse der Verlegenheit.

„Ich bitte um Entschuldigung, Signora Di Salvo! Ich bin untröstlich. Signora Luci erwartet Sie bereits. Wenn Sie mir folgen möchten?“

Die Mitarbeiterin führte sie an glänzenden Glasvitrinen und glitzernden Ausstellungstresen vorbei. Unzählige Edelsteine zwinkerten ihr verführerisch zu und flüsterten ihr unwiderstehliche Versprechungen ins Ohr. Im hinteren Teil des Geschäftes führte eine Treppe zu den Büroräumen in der oberen Etage. Die Mitarbeiterin bat sie, im Vorzimmer einen Moment Platz zu nehmen und verschwand nach einem kurzen Klopfen in Signora Lucis Büro. Es vergingen keine zwei Minuten, als beide Damen wieder herauskamen. Signora Luci war adrett und höchst geschmackvoll gekleidet. Elegant umschmeichelte das dunkle Kostüm mit dem Stehkragen und den kleinen Puffärmeln ihre wohlgeformten Rundungen - Armani, nahm Vestalia an. Die blonden Haare hochgesteckt, enthüllte Signora Luci ihren schwanenhaften Hals, um den sich ein verspieltes Collier schmiegte.

„Buongiorno Signora Di Salvo! Wie schön, dass Sie es so kurzfristig einrichten konnten.“

„Buongiorno Signora Luci!“

„Grazie Anna!“, entließ Signora Luci die Angestellte.

„Signora Di Salvo, bitte treten Sie ein!“

„Grazie!“

Das Büro war leicht durchflutet von der morgendlichen Sonne. Dezent aber sehr geschmackvoll eingerichtet mit dunklem Mobiliar als Kontrast zu dem ansonsten hellen Raum. Sie nahmen auf der Sitzgruppe in der Ecke Platz und Signora Luci reichte ihr einen Espresso.

„Wie geht es Signora Favelli? Sie ist wohlauf, hoffe ich.“, erkundigte sie sich.

„Sie lässt Ihnen schöne Grüße ausrichten, und bedankt sich wärmstens für Ihre Vermittlung.“ Vestalia versuchte den Small-Talk, soweit es ging, zu umgehen. Sie wollte schnellstens den Termin hinter sich bringen.

„Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr ich mich darüber freue, dass Sie und Signora Favelli den Zuschlag bekommen haben. Es sind wirklich außergewöhnlich schöne Steine. Und wenn ich sie schon hergeben muss, dann jemandem, der sie zu würdigen weiß. Nicht, dass unsere verehrten Signori das nicht täten, verstehen Sie mich nicht falsch!“

Signora Luci legte theatralisch die Hand auf ihre Brust.

„Aber es ist für sie so selbstverständlich geworden. Ich finde, dass zur Abwechslung die jungen Innovativen die Gelegenheit bekommen sollten, aus solch unvergleichlichen Steinen etwas Unvergessliches zu zaubern. Und Sie haben wirklich sehr talentierte Künstler. Ich selbst habe das ein oder andere Stück für mich ergattern können.“, flüsterte Signora Luci verschwörerisch und tippte auf ihr Collier. Kleine Gefälligkeiten unter Geschäftsleuten waren sehr hilfreich, um an gute Steine zu kommen.

„Eine sehr schönes Stück, in der Tat.“, schmunzelte Vestalia.

„Grazie!“, entgegnete Signora Luci entzückt.

„Also, ich habe hier ein paar ganz exquisite Diamanten für Sie. Es war gar nicht so leicht an sie heranzukommen. Es gab nämlich unzählige Herrschaften, die ihre Seele für sie hergegeben hätten, müssen Sie wissen.“

Signora Luci führte Vestalia in den gesicherten Raum, der an ihr Büro anschloss. Kameras waren in allen vier Ecken sichtbar an der Decke angebracht, um Diebstahlversuche von vornherein zu unterbinden. Die Beleuchtung war optimal eingestellt und mit zusätzlichen Tischlampen ergänzt.

„Prego!“, bot ihr Signora Luci den Stuhl in der Mitte des Raumes an.

Die Diamanten lagen bereits ausgebreitet auf dem Tisch und warteten geduldig in einer mit Samt ausgelegten Holzschatulle darauf, von ihr begutachtet zu werden.

„Brauchen Sie noch etwas, Signora Di Salvo?“

Vestalia legte ihre Handtasche ab.

„No, grazie! Ich habe alles.“

„Dann lasse ich Sie jetzt alleine. Falls Sie etwas benötigen, zögern Sie bitte nicht, es mich wissen zu lassen.“ Damit verließ Signora Luci sie.

Vestalia machte sich an die Arbeit. Es mussten an die zweihundert Diamanten vor ihr liegen. Erwartungsvoll funkelten sie sie an, jeder einzelne heischte um ihre Gunst. Vestalia lächelte.

„Ich bin ja da, meine Lieben!“

Sanft streichelte sie mit der flachen Hand über die Steine, bevor sie sie der Reihe nach genauestens in Augenschein nahm. Eins nach dem anderen wanderten sie vom linken Kasten in den rechten. Der dritte blieb, der für die ausgemusterten vorgesehen war, bis auf weiteres leer.

Vestalia konnte die Qualität der Steine kaum fassen. Es konnte nicht sein, dass Celia zu solchen Steinen kam! Dieser Grad der Reinheit, den man beinahe als makellos bezeichnen konnte, war den Goldschmieden des Vatikans vorbehalten. Es war ein ungeschriebenes Gesetz. Jetzt verstand sie Celias Aufregung und Signora Lucis Aussage über die zahlreiche Konkurrenz. Was für eine abenteuerliche Reise hatten die kleinen Kostbarkeiten wohl hinter sich? Und wie hatte Celia den Zuschlag bekommen? Wie auch immer sie es geschafft hatte, Vestalia konnte eine gewisse Schadenfreude nicht leugnen. Sie stellte sich das Gesicht ihres Vaters vor: hochrot und vor Zorn verzerrt. Wie hatte Lombardo wohl auf diese Niederlage reagiert? Sie hätte es nur zu gerne gesehen. Wenn er wüsste, dass sie die Steinchen jetzt in den Händen hielt! Er würde nicht nur die Wände hochgehen, er würde sie einreißen!

Schließlich legte sie auch den letzten Diamanten aus ihrer Hand. Der dritte Kasten war leer geblieben. Begeistert über die exzellente Ausbeute, lehnte sie sich zurück und nahm einen Schluck aus der Wasserflasche, während sie ein letztes Mal ihren Blick über die Steine schweifen ließ.

„Wunderschön“

Als Vestalia wieder zurück in Signora Lucis Büro kam, strahlte diese über das ganze Gesicht. Ohne Zweifel hatte Signora Luci von Zeit zu Zeit über die Sicherheitskameras nach ihr gesehen.

„Und, was habe ich Ihnen gesagt!“, brüstete sie sich.

„Ausnahmslos hochwertige Steine. Signora Favelli wird äußerst zufrieden sein.“

„Das denke ich auch. Wir Damen haben es den Herrschaften diesmal ordentlich gezeigt! Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr mich das befriedigt.“

„Das werden sicherlich umwerfende Stücke werden“

„Ich bin schon sehr neugierig“

Signora Luci ließ ihren Kurier kommen, der die Diamanten in ihrer Gegenwart vorsichtig in einem stählernen Koffer verstaute. Vestalia ließ sich wieder auf die Couch nieder und nippte an dem frisch aufgebrühten Cappuccino, während der Kurier die Anweisungen von Signora Luci für den Transport entgegennahm. Danach folgte noch ein kurzer Plausch über Vestalias Pläne für die nächsten Tage.

Als Vestalia wieder in ihrem Wagen saß, rief sie sofort Celia an und informierte sie über das Treffen.

„Ausgezeichnet! So, und jetzt gehe und amüsiere dich, als wäre es das Ende der Welt. Lege dir einen heißblütigen Liebhaber zu und tobe dich richtig aus.“

„Was?“

„Ich sagte, lege dir…“

„Ich habe dich verstanden“, unterbrach Vestalia sie schnell.

Celias Lachen war so laut, dass Vestalia den Hörer vom Ohr weghalten musste. Sie konnte förmlich fühlen, wie sie errötete.

„Ich dachte, ich sollte mich ausruhen, und mich nicht noch mehr verausgaben.“

„Da merkt man, dass du keine Ahnung hast. Ernsthaft, was auch immer dich glücklich macht, ich bin damit einverstanden.“

„Ich danke dir! Das ist wirklich sehr freundlich.“

„So bin ich eben. Ciao, meine Liebe!“

„Ciao!“ Vestalia schüttelte den Kopf, Celia war sonst nicht so direkt.

Wie auch immer, sie hatte ganz andere Sorgen. Und dennoch fragte sie sich, ob und wann sie ihm wieder begegnen würde? Ungewollt schossen ihr unzählige Phantasien durch den Kopf. Celia hatte ganze Arbeit geleistet. Vestalia musste über sich selbst lachen.

Vestalia

Подняться наверх