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5. Maria, nachmittags

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Der Arzt hängte ihren Kopf in die Leuchtkästen. Bild an Bild konnte Maria ihr Innerstes sehen. Sie umklammerte ihr linkes Handgelenk. Seit der Arzt nach der Beschreibung ihrer Symptome die Computertomografie angeordnet hatte, zuckten Arm und Hand in ihrem abgehackten, vom Restkörper entkoppelten Tanz.

Der weiße Kittel blendete Maria beinahe. Wie bekam man die so unglaublich sauber? Während der Arzt auf die Bilder schaute und sich dann zu ihr umdrehte, reflektierte sein kahler Kopf die Neonröhren. Wie ein in Licht getauchter Heiliger.

»Seit wann haben Sie die Symptome?«

»Seit einigen Wochen, vielleicht auch schon ein paar Monate.«

»Ist es nur die Hand?«

»Manchmal zucken auch die Unterschenkel nach vorne. Als würde jemand mit einem Gummihammer meine Reflexe prüfen, nur halt ohne Hammer.«

»Gab es diese Symptome auch in ihrer Familie, speziell bei einem ihrer Elternteile? Oder psychische Auffälligkeiten? Beispielsweise ein plötzlich auftretendes impulsives Verhalten? Oder eine Depression mit suizidalen Tendenzen?«

Eigentlich hielt sie sich kategorisch jedweden Rückblick auf ihre Familie und die Vergangenheit vom Leib. In ihrem Kopf stemmte sie sich mit aller Kraft gegen die Tür, die immer wieder unter der Last der Erinnerungen nachzugeben drohte. Und jetzt saß dieser Arzt da und zwang sie, die Klinke runterzudrücken. Einfach so.

Vielleicht sah man ihre Dämonen auf den Bildern in den leuchtenden Kästen? Ein paar von den schlimmsten hatten möglicherweise ihr Gehirn verlassen und folterten seitdem ihre Gliedmaßen? Wenn sie jetzt mit dem Arzt darüber sprach, war das der Exorzismus, den sie brauchte, um endlich loslassen zu können? Waren nicht heute Morgen auf dem Friedhof und beim Anwalt ihre Arme und Beine ruhig und entspannt gewesen?

Ein Gefühl der Dankbarkeit durchströmte sie. Wenn sie jetzt alles bei dem Neurologen abladen könnte, wäre sie geheilt. Ihre widerborstigen Gliedmaßen zuckten, weil sie mit dem Gewicht der Vergangenheit nicht fertig wurden. Das musste es sein. Ihn hatte sie heute Morgen zu Grabe getragen, und sie hatte sich zusammenreißen müssen, um nicht vor Freude zu tanzen. Jetzt musste sie nur noch ihre Erinnerungen ziehen lassen.

Der Arzt sagte kein Wort und musterte sie. Maria blickte ihm direkt in die Augen und versuchte zu ergründen, was er dachte. Sie fixierte sein Gesicht. Merkwürdig. Es sah aus, als hätte jemand Teile wegradiert. Alles war noch da, aber nicht mehr scharf gestellt. Als würde irgendwer hinter einer milchigen Scheibe stehen, und sie sollte raten, was für eine Grimasse derjenige schnitt. Maria blinzelte einige Male und sah erneut hin. Alles war wie vorher, sie konnte das Bild nicht scharf stellen.

»Frau Froböse, haben Sie mich verstanden? Gab es bereits ähnliche Fälle in Ihrer Familie?«

Maria lächelte. Es war egal, was der Arzt dachte. Hauptsache, er hörte zu und nahm ihr die Last von den Schultern und aus allen anderen Gelenken. Danach würde es ihr besser gehen, und sie würde beruhigt zurückfliegen können. Sie begann zu erzählen.

Vergangen

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