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12. Maria, nachts

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Endlich kamen die Tränen. Maria weinte um sich, um ihre Mutter und um all das Leid, von dem sie nichts geahnt hatte. Jetzt ergab nach so langer Zeit alles ein stimmiges Bild. Ihre Mutter war zu keiner Zeit vom Teufel besessen gewesen. Sie hatte diese Krankheit, und sie hatte sie ihrer Tochter vererbt. Niemand hatte etwas falsch gemacht. Es war ein genetischer Zufall. Das Schicksal war ein mieser Verräter. Endlich konnte sie fühlen, was dieser Satz bedeutete.

Der Arzt wollte in den nächsten Tagen noch weitere Tests machen, um ganz sicher zu sein. Da Maria nicht zweifelsfrei sagen konnte, woran ihre Mutter gelitten hatte, gab es noch einen Funken Hoffnung. Aber eigentlich war das auch egal, denn es gab keine Therapie. Er konnte ihr ein paar Vitamine und Nahrungsergänzungsmittelchen verschreiben, damit ihre Zellen vor Stress geschützt waren, aber aufhalten würde das die Krankheit auf keinen Fall. Bei ihrer Mutter schien es einen ungewöhnlich schnellen Verlauf zu geben, der konnte erblich sein. Die Krankheit war ein Arschloch. Unberechenbar und grausam.

Sie wollte ihre nächsten Schritte sorgfältig planen, denn die Zeit könnte knapp werden. Am liebsten hätte sie sich aus der Welt und der Ungewissheit herausgestohlen, aber einmal musste sie in diesem Leben stark sein. Wäre sie es damals schon gewesen, wäre anderen Frauen viel Leid erspart geblieben. Sie wischte die Tränen weg und ohrfeigte sich dabei beinahe. Ihr Arm war zwar den ganzen Abend unruhig gewesen, hatte aber nicht gezuckt. Jetzt ging es los. Wie unter einem Stromstoß schoss der Unterarm nach vorne. Unmittelbar danach war es wieder vorbei.

Maria löschte das Licht im Bad und legte sich auf das fremde Bett. Im Schlaf verschwanden alle Symptome. Das war normal, sagte der Arzt. Wäre es nicht schön, immerfort zu schlafen? Sie seufzte und schloss die Augen. Morgen gab es viel zu tun. Morgen würde sie anfangen, alles wieder in Ordnung zu bringen.

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