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11. Oxana

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Barfuß schlich sie zurück in den Schlafsaal und zog die Tür hinter sich zu. Ihre Schritte auf dem ausgetretenen Linoleumboden waren fast lautlos. Bloß kein Licht anmachen. Die anderen Mädchen seufzten im Schlaf oder schnarchten leise. Niemand war aufgewacht. Gott sei Dank!

Oxana kroch wieder unter ihre Decke, zog sie sich bis über den Kopf und weinte lautlos. Es brannte so heftig und fing wieder an zu bluten. Was sollte sie nur tun? Alle anderen schliefen und waren glücklich. Bald konnten sie eine Ausbildung anfangen und die neue Sprache anwenden. Sie übten alle täglich und lachten viel. Bis vor wenigen Tagen hatte sie mitgelacht, und sie alle hatten sich die Zukunft in den tollsten Farben ausgemalt. Was sollte jetzt nur werden? Oxana fühlte, wie das Blut über die wunden Stellen lief, und stopfte sich noch mehr Papierhandtücher in den Schlüpfer. Es tat so weh! Was sollte sie nur tun? Sie zuckte zusammen, als sie sich auf die andere Seite drehte. Ein glühender Schmerz durchzuckte sie, und warmes Blut sickerte in die Papierhandtücher. Ihr Atem ging schneller, zwischen ihren Beinen pochte es. Das war jedes Mal so, wenn sie auf Toilette musste. Sie versuchte immer, so lange wie möglich auszuhalten. Pinkeln brannte wie Feuer. Dabei biss sie sich immer auf die Faust, damit sie vor Schmerzen nicht wimmerte. Fühlte es sich so an, wenn man sterben musste? Panik kroch ihr den Nacken hoch, und Tränen schossen ihr in die Augen. So konnte sie nicht mehr einschlafen. Immer, wenn sie in den vergangenen Tagen für ein paar Minuten weggedöst war, wachte sie zitternd und verschwitzt wieder auf. In den ersten Tagen war ihr Kopf auch tagsüber so heiß gewesen, dass sie ständig geschwitzt hatte. Und schwindelig war ihr auch. Das wurde langsam besser. Sie musste nicht mehr so oft ihr Hemdchen wechseln. Vielleicht wurde ja doch noch alles wieder gut. Sie klammerte sich mit aller Macht an diesen einen Gedanken, damit die Angst kleiner wurde.

Eine Hand berührte sie an der Schulter. Sie zuckte zusammen und fing an zu wimmern. Er war zurück!

„Kleines? Was ist mit dir? Weinst du?“

Oxana rollte sich zusammen und legte ihre Arme schützend um den Kopf.

„Oxana? Wach auf! Alles ist gut. Ich bin es, Helena. Du hast schlecht geträumt“, flüsterte die Stimme auf Russisch.

Helena? Vorsichtig löste sie die verkrampften Arme und blinzelte die Tränen weg. Ihre Augen waren zugeschwollen und brannten. Die Sprungfedern protestierten, als sich Helena an die Kante des Bettes setzte.

„Scht … schlaf wieder ein. Bald hast du es geschafft. Dann kommst du hier raus.“ Helena strich ihr über den Kopf. Hoffentlich war nirgendwo Blut durchgesickert. Sie durfte sicher nicht mitfahren, wenn das rauskam. Das hatte er ihr immer wieder ins Ohr gezischt, wenn er auf ihr lag. Und auch, was die Männer in der Ukraine noch alles mit ihr anstellen würden, wenn sie hierbleiben musste. Die würden sie dann nie wieder gehen lassen. Und jede Nacht würde ein anderer in ihr Bett kommen. Oxana hielt die Augen geschlossen und nickte. Sie flehte zu Gott, dass Helena wieder gehen würde. Sie war die freundlichste der Mitarbeiterinnen und besaß die sanftesten Augen, die Oxana je gesehen hatte. Aber sie durfte ihr auf keinen Fall etwas sagen, obwohl alles in ihr danach schrie. Helena strich die Decke glatt, murmelte ihr noch etwas Beruhigendes zu und schlich sich aus dem Saal. Das hereinfallende Flurlicht erlosch, als Helena die Tür behutsam hinter sich zuzog.

Weggeworfen

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