Читать книгу Weggeworfen - Tina Voß - Страница 9
Dienstag, 9. April 1. Liv
ОглавлениеLiv rannte. Ihre Lungen brannten bei jedem Atemzug. Sie wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß aus den Augen. Achtung! Beinahe hätte sie die Bank übersehen. Sie stieß sich ab, erwischte mit einem Fuß die Rückenlehne und sprang mit rudernden Armen auf die andere Seite. Als sie in einer tiefen Hocke landete, wurde die Luft aus ihren Lungen gepresst. Keuchend sprintete sie weiter. Sie warf einen Blick über die Schulter und sah, dass der Dobermann mit großen, kraftvollen Sprüngen aufholte. Die Zunge des Hundes flatterte wie eine Fahne seitlich aus dem Maul. Nur noch Sekunden, dann würde er sie eingeholt haben.
Ohne das Tempo zu verlangsamen, segelte das Tier mit einem einzigen Sprung über die Bank. Jetzt rannten sie auf einer Höhe. Bellend und hechelnd schnitt ihr der schwarz glänzende Hund den Weg ab und sprang mit wilden Bocksprüngen um sie herum.
Liv lächelte und verfiel in einen langsameren Trab.
„Frieda, fein gemacht!“, rief sie der Hündin zu, die ihr Tempo ebenfalls drosselte, mit gleichmäßigen Bewegungen bei Fuß lief und sie mit der Schnauze auffordernd anstupste. Liv griff in die Tasche ihrer Laufjacke, nahm ein Leckerli heraus und hielt es Frieda hin. Mit samtweicher Schnauze angelte die Hündin danach.
„So, meine Schöne. Das war es für heute.“
Als hätte auch ihr Telefon auf dieses Zeichen gewartet, brummte es in der Jacke.
„Mika“, keuchte Liv in den Hörer und stoppte.
„Liv, wann kommst du rein?“ Die Stimme ihres Praktikanten André klang unsicher. „Da ist was in deinem Posteingang, das du schnell sehen solltest. Kommt von einem Edgar aus Hannover.“
Edgar? Liv schluckte. Dieser Name stieß in ihrem Kopf eine Tür auf, die sie nie mehr öffnen wollte.
„Was will er?“
„Tja … Ich weiß nicht. Schau mal lieber selber.“
„Okay. Ich beeile mich. Bis gleich.“ Liv legte auf.
Was konnten das für Nachrichten aus Hannover sein? War Edgar in Schwierigkeiten? Und falls ja, was ginge es sie an? Seit damals war sie nur wenige Male in Hannover gewesen. Es war ihre Heimat, aber seit zwei Jahren schauderte sie beim Gedanken an die Stadt. Tante Ruthi hatte früher immer gesagt, dass man sich seinen bösen Geistern stellen müsse. Nur dann würden sie schrumpfen und beherrschbar bleiben. War jetzt schon der Zeitpunkt gekommen, um diesen Rat umzusetzen?
Frieda saß wie eine Sphinx eine Armeslänge von Liv entfernt im feuchten Gras und musterte sie interessiert. Es war neblig, und um diese Zeit lag der Park beinahe verlassen da. Nur einsame Jogger spulten bei diesem Wetter auf den knirschenden Kieswegen missmutig ihr Programm ab. Wie Gefangene beim Hofgang. Sie schüttelte das Bild ab und rannte unvermittelt los. Frieda sprang alarmiert auf und setzte ihr nach. Schnell merkte die Hündin, dass es nur ein Spiel war und lief immer kreuz und quer bockend vor Liv her und versuchte, deren Schnürbänder zu schnappen.
Liv bog in ihre Straße ein, sprang die Treppenstufen zur Haustür des alten Jugendstilhauses hoch und öffnete die Haustür.
Als sie gemeinsam, den Fahrstuhl ignorierend, die Treppen zum Penthouse hochjagten, gewann Frieda das Rennen mit einem Stockwerk Vorsprung. Liv öffnete die Sicherheitsschlösser an der Tür und gab den Alarmcode ein. Sie zog sich die durchgeschwitzten Sachen aus und kickte die Laufschuhe unter die Garderobe.
Mit zittrigen Fingern drehte Liv die Dusche auf die heißeste Stufe und stellte sich unter den Strahl. Ihre Gedanken ließen sich nicht mehr einfangen und tasteten sich näher an die verbotene Tür in ihrem Kopf.
Noch während sie sich abtrocknete, schaltete Liv die Espressomaschine ein und schäumte Milch auf. Das gemütliche Frühstück mit Zeitung und Cappuccino fiel heute aus. Ihre Nerven flatterten. Sie wollte wissen, was Edgar geschrieben hatte.
Frieda schlabberte das Wasser aus ihrem Napf, wobei wie meist ein See drum herum zurückblieb.
Liv hockte sich mit ihrer Tasse neben Frieda und kraulte ihr die weichen Ohren. Nur noch einen Moment so tun, als wäre das ein ganz normaler Morgen, bevor sie in die Redaktion ging. Nur noch einen kleinen Moment.
Liv fuhr den Rechner hoch, schickte Frieda auf ihre Decke und holte sich am glänzenden Hightech-Automaten in der Kaffeeküche einen Cappuccino. Mit Mike, ihrem langjährigen Chefredakteur, der sie nach den damaligen Vorfällen in Hannover sofort zu sich nach Frankfurt geholt hatte, verband sie eine ausgeprägte Koffein-Leidenschaft. Heute war sie froh, dass sie seinem Ruf gefolgt war. Für ein Wochenmagazin zu arbeiten, das sich mit großen Reportagen aus Wirtschaft und Politik beschäftigt, zog sie mittlerweile der Hektik einer Tageszeitung vor. Themen zu suchen, Zeit für Recherche zu haben, Firmen auch mal langfristig zu begleiten und darüber fundiert zu berichten, war ihre Berufung. Mike hatte an sie geglaubt und aus einem zitternden Angstbündel wieder eine neugierige Journalistin gemacht.
Das Magazin hatte in der Vergangenheit einige Korruptionsskandale aufgedeckt. Mike und sein Team hatten dank der Geduld und des Vermögens seitens des Verlegers fundierter recherchieren und Preise für ihre Reportagen einheimsen können. In den letzten Monaten war ihnen kein großer Wurf mehr gelungen. Dem Verleger ging zwar nicht das Geld, aber langsam die Geduld aus.
Liv füllte noch den Wassernapf und schob ihn beim Hinsetzen ein Stück unter den Schreibtisch, wo Frieda in einer Traumphase im Schlaf aufjaulte und mit den Pfoten zuckte. Lächelnd beobachtete Liv die hektischen Augenbewegungen. Was sie wohl gerade jagte?
Am Cappuccino nippend, fand Liv keine weiteren Ablenkungen mehr. Sie würde sich dieser E-Mail in ihrem Postfach stellen müssen. Er hatte sie an die allgemeine Redaktionsadresse und an ihren privaten Account geschickt.
Betreff: Neues aus Hannover
„Hallo,
erinnern Sie sich noch an unsere Deals vor zwei Jahren? Ich habe eine neue Story für Sie. Aber die gibt’s nicht umsonst. Sehen Sie sich das Foto an! Das ist nur einer der Kerle. Ein paar von den anderen werden Sie kennen. 20.000 Euro in bar, und Sie bekommen mehr Bilder. Rufen Sie mich an.“
Die kurze Nachricht enthielt keine Unterschrift, nur eine Mobilnummer und einen jpg-Anhang. Nun wich das Unbehagen Livs professioneller Neugier. Sie klickte auf den Anhang und schaute zu, wie das Bild sich langsam von oben nach unten aufbaute. Es zeigte ein teigiges Männergesicht, auf dem der Schweiß glänzte, umrundet von blonden, dünnen Haaren, die die Kopfhaut durchschimmern ließen. Die Augen waren mit einer Ledermaske verdeckt, das Gesicht nur halb der Kamera zugewandt. Doch das war es nicht, was Liv die Kehle zuschnürte. Langsam beugte sie sich nach vorne, ihre Hände umklammerten die Tischkante. Unter dem Kerl lag bäuchlings … ein Mädchen.
Liv zuckte zurück. Ekel stieg ihr bitter die Kehle hoch. Es konnte kaum älter als fünfzehn sein. Über sein verweintes Gesicht liefen dicke Mascara-Spuren. Waren da nicht sogar Abdrücke von Zähnen auf der weißen Haut zu erkennen? Livs Augen rasten hektisch über den Bildschirm. Reiß dich zusammen!, ermahnte sie sich. Du bist Journalistin. Ein Profi! Liv schloss die Augen, atmete tief ein und sammelte sich. Dann sah sie noch einmal genauer hin. Die Kamera fing den Schrei und die Qualen des Mädchens ein. Ihre blonden Haare waren zu einem eigentümlichen Zopf rund um den Kopf gelegt. Wo hatte sie so was schon mal gesehen? Bei einer Politikerin! Wie hieß die noch gleich?
Die Szene schien in einem Hotelzimmer aufgenommen zu sein. Das Fenster war nicht verdunkelt, dahinter schimmerte Wasser. War das ein Fluss? Oder ein See? Ihr Blick wanderte zurück in den Raum. Das schwarze Metallbett schätzte Liv auf zwei Meter Breite. Im Hintergrund erkannte sie noch zwei schwarze Türen und gut versteckte Einbauschränke. Auf einem kleinen Tisch standen Kristallflaschen in unterschiedlichem Design, die mit verschiedenen Flüssigkeiten von bernsteinfarben bis durchsichtig gefüllt waren.
Alle Hotelarchitekten der Welt schienen die gleiche Schule besucht zu haben. Nur der Preis der Kunstdrucke und der Einrichtung unterschied die jeweiligen Sterne-Klassifizierungen. Liv schätzte, dass dieses Zimmer eindeutig im oberen Preissegment lag. Der Raum hatte wenig mit einem Stundenhotel oder einer Kiez-Absteige zu tun, und das Mädchen sah nicht aus wie eine Prostituierte, eher wie ein Vergewaltigungsopfer. Liv zwang ihren Blick wieder zu der Szene auf dem Bett. Der Kerl schien das Mädchen so brutal zu vergewaltigen, dass er es verletzte. Deutlich waren Blutspritzer auf dem Bett zu erkennen. Livs Herzschlag beschleunigte sich, und sie fühlte, wie sich ein Zittern aus ihrem Inneren auf die Hände übertrug. Mühsam löste sie die Hände von der Schreibtischkante und fuhr sich durch die Haare. Längst vergessene Bilder und Gefühle kratzten am Rand ihres Bewusstseins. Sie fühlte wieder die Scham, die sie empfunden hatte, als sie sie in die Ecke des Zimmers drängten, ihr ein Bein stellten, sodass sie mit dem Kopf hart auf das durchgetretene graue Linoleum schlug. Sie fasste sich unbewusst an die verblasste Narbe direkt unter dem Kinn. Genug! Hastig drückte sie die Kurzwahltaste des Telefons und wartete, dass Mike ranging.
„Komm schon. Nimm ab. Nimm ab, Herrgott!“, flüsterte Liv in den Hörer.
Frieda witterte die Stimmungsänderung und kroch halb unter dem Schreibtisch hervor. Bereit, Liv gegen alle Gefahren zu verteidigen.
„Ich höre.“
„Mike, kommst du mal rüber? Ich hab hier was.“ Liv riss sich zusammen und hoffte, dass das Zittern in ihrer Stimme nicht durch den Hörer transportiert wurde.
„Sicher?“
„Mehr als das.“
Mike beugte sich hinter Liv über den Schreibtisch und studierte mit unbeweglicher Miene das Bild am Rechner. Er schüttelte den Kopf. „Ich hasse diesen Mist! Wer ist der Typ? Kennt man den?“
„Mir kommt er bekannt vor.“
„Wie viel will dein Informant für weitere Bilder?“
„Zwanzig.“ Livs Stimme war belegt.
„Und wenn das hier ein Fake ist?“
Sie zuckte mit den Schultern. Mike rieb sich über die grauen Bartstoppeln, die ihn täglich ab mittags so aussehen ließen, als hätte er sich morgens nicht rasiert. Er zog sich den Besucherstuhl heran und musterte Livs angespanntes Gesicht.
„Ist alles okay mit dir?“
Liv räusperte sich. „Natürlich. Ich sehe nur nicht jeden Tag, wie junge Frauen vergewaltigt werden.“ Sie schauderte, als sie das Bild erneut betrachtete.
„Ich schon, oder wie?“ Mike klang entrüstet.
Frieda verließ endgültig ihren Platz unter dem Schreibtisch und heftete ihren Blick auf Mike.
„Frieda, sitz!“
„Warum hast du dir statt des Hundes eigentlich keinen Revolver gekauft? Den musst du nicht füttern und zum Kacken rausbringen?“
„Wer sagt, dass ich keinen habe?“ Liv lächelte.
Mike hob die Augenbrauen. Ein Schnipsen, gefolgt von einem ausgestreckten Zeigefinger, und Frieda kroch wieder auf ihre Decke. Die Hündin legte sich allerdings so hin, dass sie alles im Blick behielt. Ihre Augen leuchteten im Dämmerlicht unter dem Schreibtisch wie bei einem Wolf, der sich im Unterholz auf einen Angriff vorbereitete.
„Ich habe nichts gegen deinen Leibwächter, ich habe nur etwas dagegen, wie sie mich ansieht, wenn sie dich beschützt.“ Er blickte auf Liv und fragte sie ruhig: „Liv, wer hat dieses Bild gemacht? Und warum? Woher hat es der Typ, der es verkaufen will? Diese Fragen sollten wir klären, bevor du irgendetwas unternimmst. Es könnten genauso gut Fälschungen sein.“
„Gefälscht? Das glaubst du doch selber nicht. Wie soll man eine solche Qual nachstellen?“ Liv riss die Augen auf und zeigte ohne hinzusehen auf das Bild. Ihr Finger zitterte. Verärgert, dass die Szene sie so mitnahm, legte sie ihre Arme auf die Beine und ballte die Fäuste.
„Falls sie echt sind, begibst du dich in Gefahr. Hast du das mal bedacht?“
„Ich? Wohl kaum. Das Mädchen auf dem Bild ist ein Teenager. Ich falle nicht in die Zielgruppe dieser perversen alten Säcke.“
„Das meine ich nicht, und das weißt du ganz genau!“
„Wir könnten einen Knüller aber ganz gut gebrauchen …“ Liv ließ das Ende des Satzes offen.
Mike stöhnte. „Vor allem brauche ich lebendige Redakteure! Das Ding hier bereitet mir Unbehagen. Lass die Finger davon.“
„Unbehagen? Na, immerhin.“ Liv schnaubte.
„Herrgott, Liv. Wir wissen nichts über die Hintergründe, und ich soll dich da hinschicken wie zu einer Bilanzpressekonferenz?“
„Die Einladung zu einer Bilanz-PK haben alle Redaktionen. Dieses hier habe nur ich. Damit könnten wir eine echte Enthüllung liefern. Mike, denk doch mal nach. Auflagenzahl, sinkende Abos, der Verleger sitzt dir im Nacken. Lass mich das machen.“
Mike fuhr sich wieder mit der Hand über das Kinn. Gleich hab ich ihn, dachte Liv und suchte fieberhaft nach dem letzten Killer-Argument.
Sie holte tief Luft. „Wie alt ist Sarah jetzt? Was würdest du tun, wenn das auf dem Bild deine Tochter wäre?“
„Vorsichtig … ganz dünnes Eis, Liv.“ Mikes Stimme wurde sehr leise.
Liv fühlte, dass sie den Bogen gleich überspannt hatte, aber trotzdem konnte sie jetzt nicht zurückrudern. „Dieses Mädchen hier hatte auch Träume und Wünsche, die ihr irgendein perverses Schwein rausgevögelt hat.“ Sie wusste, dass sie das Bild nicht mehr loslassen würde. Wenn sie der Sache nicht nachging, würde sie sich dafür hassen. „Ich nehme Frieda mit. Das sollte Schutz genug sein.“
Mike schüttelte resigniert den Kopf.
Liv wusste, dass ihm ihre Sicherheit wichtig war. Er war immer ihr Mentor gewesen. Nur ihm hatte sie zumindest Teile ihrer Vergangenheit anvertraut. Er war derjenige, der sich vor sie gestellt hatte, als es keiner mehr tat, und sie zu sich geholt hatte, als es in Hannover zu gefährlich wurde. Mike hatte gewusst, dass sie nicht ohne ihre Arbeit sein konnte, und ihr durch sein Jobangebot die Chance gegeben, sich emotional zu stabilisieren. Da sie durch den Tod ihrer Tante und die damit verbundene überraschende Erbschaft den Verdienst längst nicht mehr nötig hatte, ließ er sie als freie Mitarbeiterin an der langen Leine laufen.
„Ich find’s nach wie vor nicht gut. Aber okay, geh der Sache nach. Ich lasse dir das Geld auszahlen. Mach nichts, was ich nicht auch tun würde, und pass bloß auf dich auf. Ich will dich jeden Tag morgens und abends am Telefon hören. Verstanden?“
Liv schluckte, dann nickte sie. Mike ahnte vermutlich, dass sie entschlossen genug war, um auch ihr privates Geld für diese Bilder einzusetzen.
Mike hob die Hand, um ihr aufmunternd auf die Schulter zu klopfen, aber Frieda beobachtete ihn dabei so aufmerksam, dass er den Arm wieder sinken ließ.
„Sorg dafür, dass ich das hier nicht bereue!“ Er schob den Stuhl mit Schwung nach hinten und stand auf.
Liv drehte sich zum Rechner. Im Kopf fertigte sie bereits eine To-do-Liste an und zwang ihre aufgeregten Gedankensprünge damit in sinnvolle Bahnen. Sie war gerade dabei, die E-Mail und das Foto auszudrucken, als Mike sich hinter ihr räusperte.
„Liv?“
Sie zuckte zusammen. Sie hatte gedacht, er wäre längst gegangen. „Äh ... ja?“
„Woher hat der Typ deine private Mailadresse? Kennst du ihn so gut?“
Er ließ wie üblich die letzte Columbo-Frage im Raum stehen, drehte sich um und ging, während Liv ihm nachdenklich hinterherschaute.
Liv wählte die angegebene Mobilnummer und ließ es dreimal klingeln. Dann schaltete sich die Mailbox ein, und eine Computerstimme wiederholte monoton die einzelnen Ziffern und bat den Anrufer um eine Nachricht.
„Guten Tag, Edgar. Sie hatten mir eine E-Mail geschickt. Ich würde mich gerne mit Ihnen treffen und reden. Ich melde mich wieder.“ Liv legte auf. Was könnte sie jetzt am besten tun? Eigentlich war sie mitten in der Vorbereitung zu zwei großartigen Unternehmer-Storys. Ein Typ, der mit einem Reiseportal im Internet die Konkurrenz das Fürchten lehrte, und eine junge Frau, die an der Börse alle männlichen Kollegen an die Wand spielte. Gestern hatte sie sich noch auf die Interviews gefreut. Aber nun war ihr Jagdinstinkt unwiderruflich geweckt. Sie drückte auf Wahlwiederholung und lauschte auf das Freizeichen.
„Ja?“
Livs Herz machte einen Sprung. Wer sagt’s denn!
„Hallo, Edgar? Sind Sie das? Sie haben mir eine E-Mail geschickt.“
Schweigen und atmen. Also weiter.
„Können wir uns treffen?“ Sie legte all ihre professionelle Freundlichkeit in ihre Stimme, die sie in sich finden konnte.
„Ja.“
Gott sei Dank. Er sprach mit ihr. Die erste Hürde war genommen.
„Wo soll ich hinkommen? Wann haben Sie Zeit?“
„Hier in Hannover. Smartcity-Hotel am Thielenplatz. Ist direkt am Bahnhof. Heute noch.“
Hannover? Sie hatte es geahnt. Verdammter Mist. Edgar wusste sicher nicht, dass sie diesen Ort mied wie ein Hornissennest. Liv schluckte schwer. Sie schaute auf die Uhr an ihrem Bildschirm und rechnete. „Ich schaffe 15 Uhr. Bin noch nicht in der Stadt.“
„Nehmen Sie sich dort ein Zimmer und rufen Sie mich dann an.“ Er legte auf.