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12. Liv

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Liv lauschte auf das Klingeln am anderen Ende. Sie wählte die Nummer bereits zum zweiten Mal, landete aber jedes Mal auf der Mailbox. War das noch der Anschluss von Beatrice Hemme? Bögershausen hatte nur wenige Einträge in den Kontakten seines iPhones gehabt, und dass davon welche veraltet waren, konnte sich Liv nicht vorstellen. Leider war keine persönliche Ansage hinterlegt worden. Nur eine Computerstimme las monoton die einzelnen Ziffern vor und bat um eine Nachricht. Sie trennte die Verbindung und drückte die Wahlwiederholung.

„Hallo?“

Oh! Es ging jemand ran.

„Guten Tag. Spreche ich mit Frau Dr. Hemme?“ Liv räusperte sich.

„Wer spricht denn da, bitte?“ Die Stimme klang kultiviert, aber reserviert.

„Entschuldigung. Mein Name ist Liv Mika, und ich bin auf der Suche nach Frau Dr. Hemme. Ist das nicht ihr Anschluss?“

„Woher haben Sie diese Nummer?“

„Das würde ich Ihnen gerne alles persönlich erzählen, wenn Sie Frau Hemme sind. Können wir uns treffen? Es ist wirklich wichtig.“

„Was sagten Sie doch gleich, wer Sie sind?“

„Liv Mika ist mein Name.“

„Und was genau sind Sie?“

„Ich bin Journalistin und recherchiere …“ Aufgelegt. Liv hielt mitten im Satz inne und schaute verblüfft auf ihr Telefon. Verbindung unterbrochen, las sie auf dem Display. Was sollte das denn? Sie drückte auf Wahlwiederholung und wartete auf das Freizeichen.

„Hören Sie, warum auch immer der Becker Sie nun geschickt hat, ich habe dazu nichts mehr zu sagen.“

„Becker? Welcher Becker?“ Liv war ratlos. Wen meinte sie? Wo hatte sie den Namen erst kürzlich gesehen?

„Ich bitte Sie. Lassen Sie es gut sein.“

„Halt! Stopp! Nicht auflegen. Sie meinen Hinnerk Becker? Den Politik-Redakteur aus Hannover? Mit dem Herrn habe ich nichts zu tun. Ich habe den Artikel, der Sie sicher verärgert hat, erst kürzlich im Netz gelesen und war über die Ausrichtung auch sehr erstaunt.“ Livs Herz klopfte. Wie gut, dass sie den Bericht über die von Herrn Becker als fragwürdig eingestuften HIV-Hilfsausgaben an die Ukraine gefunden hatte! Er prangerte die Verschwendung von Geldern an, da die Ukraine das Problem der hohen Neuinfektionen leugnete und die Medikamente im Schrank ihrem Ablaufdatum entgegendämmerten, weil sie mangels Patienten nicht an Bedürftige verteilt werden konnten. Für eine HIV-Behandlung verlangte das Gesetz, dass man drogenfrei blieb, aber die Sucht trieb die Frauen in die Prostitution, die, wie auch der Drogenkonsum, unter Strafe stand. Aus Angst vor Verhaftung suchte daher kaum jemand die auf HIV-Therapie spezialisierten Kliniken auf, und das Virus breitete sich schneller als irgendwo sonst in Europa aus.

„Ich finde, dass der Bericht einseitig recherchiert ist und die echten Probleme nicht mal gestreift hat, wie etwa Aufklärung.“ Langsam, Liv. Sie merkte, dass sie immer hastiger sprach.

Die Frau am anderen Ende seufzte. „Was wollen Sie, wenn Sie damit nichts zu tun haben?“

„Sagt Ihnen der Name Günther Bögershausen etwas?“

„Natürlich. Wir arbeiten mit seinem Ministerium zusammen.“

„Ich habe Sie gemeinsam auf einem Bild in der Ukraine gesehen.“

„Und? Ist das ein Problem?“

„Ich bin nicht sicher, und genau darüber würde ich gerne mit Ihnen sprechen.“

„Was meinen Sie damit?“

Liv wand sich. „Bitte. Das ist eine längere Geschichte, und die ist nichts fürs Telefon.“

Beatrice Hemme zögerte. Liv spürte, dass ihre Entscheidung gleich fallen würde.

„Er hat mir Ihre Nummer gegeben und mir gesagt, dass ich mich auf ihn berufen kann.“ Okay, das stimmte nicht ganz. Aber das konnte sie ihr immer noch erklären.

„Günther?“

„Ja. Wo können wir uns treffen?“

Beatrice’ Praxis lag in der Nähe des Hotels. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag in der dazugehörigen Bar. Liv atmete auf und setzte sich wieder an ihren Rechner, um den Termin vorzubereiten.

Hans Albers besang unvermittelt wieder die Reeperbahn. Liv schaute auf Bögershausens Smartphone. Beatrice H. rief an.

Weggeworfen

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